Blogpost | 02.11.2023

Warum der Erfolg der COP28 am Fonds für Schäden und Verluste hängt

UN Headquarters Geneva

Die Klimakrise spitzt sich weltweit zu: 2023 gab es reihenweise Temperaturrekorde in der Atmosphäre und den Ozeanen sowie extremen Eisschwund in der Antarktis. Die Reihe von ungewöhnlichen Extremwetterereignissen erreichte in Libyen einen traurigen Höhepunkt – durch die Folgen von Starkregen verloren 11.000 Menschen ihr Leben, 43.000 ihr Zuhause. Besonders existenziell trifft es die Ärmsten und Verwundbarsten in Entwicklungsländern – also diejenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben.

Loss and Damage Fund essenziell für Erfolg der COP28

Jedoch mangelt es bisher an finanzieller Unterstützung im Umgang mit Schäden und Verlusten (Loss and Damage Fund) durch die Hauptverursacher der Klimakrise. Die Entscheidung zur Etablierung eines Fonds für Schäden und Verluste auf der COP27 war daher nach der langjährigen Blockade vieler Industrieländer ein historischer Meilenstein. Auf der COP28 in Dubai muss der Fonds jetzt handlungsfähig gemacht und angemessen befüllt werden. Wer mit den verletzlichen Staaten gemeinsam konstruktive Ergebnisse für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und das Herunterfahren von Kohle, Öl und Gas durchsetzen will, der muss hier liefern. Das nicht eingehaltene Versprechen der Industrieländer, ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar für Klimafinanzierung zu mobilisieren, hat das Vertrauen der Entwicklungsländer beschädigt. Fortschritte beim Fonds sind der nötige Kitt, um dieses Vertrauen wiederherzustellen. Scheitern die Verhandlungen um den Fonds, droht die COP28 auch bei anderen zentralen Themen zu scheitern.

Diese Woche (3. und 4. November) trifft sich das Übergangskomitee, das die Details der Ausgestaltung des Fonds verhandelt und in dem auch Deutschland einen Sitz hat. Es ist ein zusätzliches fünftes Treffen, nachdem während des letzten Treffens im Oktober keine Einigung zu zentralen Fragen gefunden werden konnte. Jetzt müssen noch vor der COP28 die Antworten auf hochpolitische Fragen gefunden werden.

Verursacher sollen zahlen: Industrie- und reiche Schwellenländer

Die wichtigsten Fragen sind: Wer zahlt in den Fonds ein? Hier müssen die Industrieländer vorangehen. Durch ihre Emissionen tragen sie die zentrale historische Verantwortung für die Klimakrise. Der Fonds wurde von den Parteien der Klimarahmenkonvention und des Pariser Klimaabkommens beschlossen. Es gelten die Grundsätze der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung und das Verursacherprinzip.

Allerdings sollten aufgrund dieser Prinzipien jetzt auch reiche Schwellenländer – insbesondere die Öl- und Gasländer – zur Klimafinanzierung beitragen. Das Gastgeberland des COP28, die Vereinigten Arabischen Emirate, könnte hier das Eis brechen und eine Vorreiterrolle spielen.

Finanzielle Beiträge zur Bewältigung von Schäden und Verlusten müssen in Form von Zuschüssen verlässlich und zusätzlich zu den bestehenden Mitteln für Entwicklungszusammenarbeit und Klimafinanzierung bereitgestellt werden.

Um den extrem hohen Finanzbedarf von Entwicklungsländern im Umgang mit Schäden und Verlusten zu decken – Schätzungen gehen von bis zu 580 Milliarden US-Dollar ab 2030 aus – müssen auch weitere Mittel mobilisiert werden. Dazu gehören innovative Finanzinstrumente wie eine Steuer auf den internationalen Schiffsverkehr sowie Zahlungen der Carbon Majors – der 100 größten Öl-, Gas- und Kohlekonzerne, die zusammen für 70 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind.

Welche Länder sind berechtigt, Geld aus dem Fonds zu beziehen? Nach dem Vorschlag der Industrieländer sollen nur am wenigsten entwickelte Länder sowie kleine Inselstaaten Zugang zum Fonds erhalten. Es wäre jedoch inakzeptabel, wenn etwa Länder wie Libyen und Pakistan, die enorme Schäden und Verluste erlitten haben, damit die Förderkriterien des Fonds nicht erfüllen würden. Die verwundbarsten Menschen und Gemeinschaften müssen im Mittelpunkt des Fonds stehen, das Geld muss bei ihnen ankommen.

Fonds muss eigenständig von der Weltbank sein

Wo soll der Fonds aufgesetzt werden? Während Entwicklungsländer den Fonds unter dem Dach der Klimarahmenkonvention aufsetzen wollen, plädieren Industrieländer für eine Lösung durch die Weltbank, also außerhalb der Konvention. Wichtig ist, dass sich der Fonds – als Herzstück der Finanzarchitektur zu Schäden und Verlusten – an den Bedürfnissen der Verwundbarsten orientiert und ihnen direkten Zugang ermöglicht. Der Fonds sollte nach den Prinzipien der Klimarahmenkonvention und des Pariser Klimaabkommens arbeiten, das heißt beispielsweise: Industrie- und Entwicklungsländer müssen gleichberechtigt Entscheidungen treffen. Diese Kriterien erfüllt die Weltbank nicht. Deshalb kann die Weltbank zwar als Treuhänderin fungieren, der Fonds muss jedoch eigenständig und unabhängig aufgesetzt werden.

Was soll der Fonds abdecken? Die Finanzlücken im Umgang mit Schäden und Verlusten sind riesig, auch wenn zusätzlich ein zum Teil schon existierendes Mosaik an Unterstützungsmechanismen wie der Global Shield auf den Weg gebracht wurde. Der neue Fonds muss daher umfassende, von den von Verlusten und Schäden betroffenen Ländern selbst gesteuerte und priorisierte Lösungen unterstützen, sowohl für ökonomische als auch für nicht ökonomische Schäden und Verluste. Die Klärung dieser Fragen ist essenziell, um den Fonds handlungsfähig zu machen – doch ein leerer Fonds nützt niemandem. Zentral ist daher außerdem, dass der Fonds sehr zeitnah angemessen gefüllt wird – möglichst schon auf der COP28. Deutschland und andere Industrieländer müssen ihre Einzahlungen jetzt vorbereiten.

Dieser Blogpost erschien als Standpunkt im Climate.Table #74 am 19. October 2023 und wurde im für das fünfte Treffen des Transitional Committee aktualisiert. Die Redaktion übernahm das Team von Climate.Table.

Autor:innen

Laura Schäfer, Vera Künzel

Ansprechpersonen

Echter Name

Referentin für Klima-Risikomanagement;
Koordinatorin für Klimaaußenpolitik und G7

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Referentin für Anpassung an den Klimawandel und Menschenrechte