Pressemitteilung | 15.06.2023

Deutsche Klimapolitik: Das Segelboot der Ampel hat abgelegt, aber die Regierung nimmt Wind aus den Segeln

Massive Abschwächung bei Novellierung des Klimaschutzgesetzes muss verhindert werden / Projektionsdaten 2023: Wirtschaftsministerium stellt Zielverfehlung zum 2030-Ziel selbst fest/ Klimaschutzprogramm 2023 ist vor allem im Verkehrs- aber auch Gebäudebereich unzureichend und sollte vom Expertenrat geprüft werden
Pressemitteilung

Berlin (15. Juni 2023). Zur gestrigen Vorstellung der Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG), des Klimaschutzprogramms (KSP) und der vorläufigen Projektionsdaten durch Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch: „Nach Jahren des Stillstandes hat die Ampelregierung mit ihrem Segelboot Richtung Klimaschutz abgelegt. Auch, dass die Regierung die von den Vorgängerregierungen überlassene erwartbare Emissionslücke bis 2030 um 70 Prozent reduzieren konnte, ist als Leistung anzuerkennen. Allerdings werden die Klimaziele im Verkehrssektor absehbar massiv verfehlt und auch der Gebäudesektor ist nicht auf Kurs. Klimaschutzgesetz und Klimaprogramme sollen eigentlich sicherstellen, dass die gesetzlichen Emissionsreduktionsziele auf jeden Fall zu erreichen sind. Das Klimaschutzprogramm wird aber auch nach Ankündigung der Bundesregierung diesem Maßstab nicht gerecht – anders als vom Bundesverfassungsgericht eingefordert. Zudem soll das Klimaschutzgesetz so abgeschwächt werden, dass die regelmäßige Zielverfehlung erst verzögert zum Handeln führt. Die Ampelregierung bräuchte jetzt ein Team, das mitzieht und um die besten Lösungen zur Zielerreichung ringt, aber nicht Mitglieder, die sobald die Fahrt Tempo aufnimmt, den Wind aus den Segeln nehmen.“



Zum Klimaschutzprogramm 2023 sagt Bals weiter: „Es kommt spät und ist inhaltlich noch nicht einmal auf Zielerreichung ausgerichtet. Wir sehen die gemachten Fortschritte beim beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren, die vor allem zur Verringerung der Emissionslücke beitragen. Aber in den Problemsektoren, die in den vergangenen Jahren immer wieder ihre Zielvorgaben gerissen haben, sind die Maßnahmen unzureichend oder fehlen gänzlich, wie im Verkehrssektor. Auch im Gebäudesektor ist nach dem abgeschwächten Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz unwahrscheinlich, dass die Emissionen schnell und stark genug reduziert werden, um im bis 2030 verbleibenden Budget zu bleiben. Dies umso mehr, als die Bundesregierung ihre Position zur konsequenten Umsetzung von Mindesteffizienzstandards für Gebäude noch nicht geklärt hat. Die Projektionsdaten sind eindeutig: Mit diesem Programm werden die Klimaziele so nicht erreicht. Deshalb muss schnell nachgebessert werden. Die Bundesregierung selbst hatte für das Klimaschutzprogramm, was eigentlich 2022 hätte kommen sollen, die sichere Zielerreichung als Messlatte angekündigt. Dementsprechend ist der Prüfmaßstab des Expertenrates, der richtigerweise die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zugrunde legt, sicherzustellen, dass das Klimabudget nicht überschritten wird, um die Freiheitsrechte der jüngeren Generation durch Vertrödeln der notwendigen Maßnahmen nicht zu verletzen.“



„Dem Klimaschutzgesetz droht bei der Novellierung eine massive Schwächung des Nachsteuerungsmechanismus. Wie der Expertenrat selbst festgestellt hat, ist es – auch juristisch – nicht nachvollziehbar, dass erst bei einer zweimaligen Feststellung des Nichterreichens des Zwischenziels für 2030, die Bundesregierung zur Vorlage weiterer Maßnahmen verpflichtet werden soll. Das ist genau der Schlendrian zu Lasten der jungen Generation, dem das Bundesverfassungsgericht einen Riegel vorschieben wollte. Hier muss die Bundesregierung bis zum Kabinettsbeschluss nachbessern und den einjährigen Mechanismus beibehalten. Außerdem braucht es jetzt erstmal ein auf Zielerreichung und nicht Zielverfehlung ausgelegtes Klimaschutzprogramm“, so Bals.