Deutsch-französischer Motor für eine effiziente europäische Energiewende
Derzeit wird auf europäischer Ebene über das „Fit for 55“-Paket verhandelt. Das Ziel: Bis 2030 sollen in der EU mindestens 55% Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 eingespart werden.
In einem offenen Brief fordert Germanwatch gemeinsam mit Partnerorganisationen aus Deutschland und Frankreich eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen Paris und Berlin bei den laufenden Trilogverhandlungen, u. a. zur Energieeffizienzrichtlinie und zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie.
Mehr Energieeinsparungen, effiziente Energienutzung und ein beschleunigter und ehrgeiziger Ausbau Erneuerbarer Energien, einschließlich erneuerbaren Wasserstoffs, sind sowohl für eine erschwingliche, unabhängige und sichere Energieversorgung als auch für die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C entscheidend.
Wir fordern die Regierungen beider Länder daher auf, gemeinsam als deutsch-französisches Duo ein EU-Ziel für Erneuerbare Energien von mindestens 45% im EU-Energiemix bis 2030 zu unterstützen und sich dafür einzusetzen, die Energieeffizienz bis zum Ende der Dekade um 14,5% verglichen mit 2020 zu erhöhen.
Unsere Botschaft: Der deutsch-französische Motor war und ist von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung und Stärkung der Europäischen Union, einschließlich ihrer Klimapolitik. Die deutsch-französische Partnerschaft muss weiterhin ein Vorbild für einen ehrgeizigen und solidarischen Ansatz zur Bewältigung der Klima- und Energiekrise sein.
14. Dezember 2022
Offener Brief
Deutsch-französischer Antrieb für eine belastbare und effiziente europäische Energiewende
Sehr geehrte Frau Ministerin,
sehr geehrter Herr Bundesminister,
als Zivilgesellschaft aus Frankreich und Deutschland sind wir zutiefst besorgt über den fehlenden gemeinsamen Einsatz unserer beiden Länder bei den laufenden Verhandlungen zu den EU-Energiezielen für 2030. Die deutsch-französische Zusammenarbeit war und ist für die Entwicklung und Stärkung der Europäischen Union, einschließlich ihrer Klimapolitik, von entscheidender Bedeutung. Die deutsch-französische Achse muss weiterhin ein Vorbild für einen ehrgeizigen und solidarischen Ansatz zur Bewältigung der Klima- und Energiekrise sein.
Daher fordern wir Sie als Verantwortliche auf, sich auf strukturelle Lösungen zu konzentrieren, um die Abhängigkeit von fossilem Öl, Gas und Kohle aus Russland und grundsätzlich zu verringern. Nur so lässt sich eine nachhaltige Energieversorgung in den kommenden Wintern sicherstellen. Mehr Energieeinsparungen, effiziente Energienutzung und ein beschleunigter und ehrgeiziger Ausbau erneuerbarer Energien, einschließlich erneuerbaren Wasserstoffs, sind für beides entscheidend: für eine erschwingliche, unabhängige und sichere Energieversorgung einerseits und für die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C andererseits.
Daher fordern wir – die unterzeichnenden elf Organisationen der deutschen und französischen Zivilgesellschaft – Sie auf, Ihre Position in den laufenden Trilogen, insbesondere zur Energieeffizienzrichtlinie und zur Erneuerbare-Energien-Richtlinie, aufeinander abzustimmen: Unterstützen Sie gemeinsam als deutsch-französisches Duo ein EU-Ziel von mindestens 45 Prozent für erneuerbare Energien im EU-Energiemix bis 2030 sowie das Ziel, die Energieeffizienz in dieser Zeit um 14,5 Prozent verglichen zu 2020 zu erhöhen. Dies entspricht der Position des Europäischen Parlaments.
Die derzeitige Position des EU-Rates trägt nicht ausreichend zur Sicherheit der europäischen Energieversorgung und zu den Klimaverpflichtungen im Rahmen des Pariser Abkommens bei. Im Vertrag von Aachen aus dem Jahr 2019 haben Deutschland und Frankreich ihre Entschlossenheit bekräftigt, sich gemeinsam für eine starke, souveräne, nachhaltige und widerstandsfähige Europäische Union einzusetzen. Daher sollte das deutsch-französische Duo intensiv Hand in Hand die Umstrukturierung des europäischen Energiesystems antreiben, indem erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Suffizienz stärker gefördert werden.
Höhere Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind nicht nur ein wirtschaftliches und klimapolitisches Gebot, sondern werden auch von der Bevölkerung deutlich unterstützt. Die überwältigende Mehrheit der europäischen Bürger*innen unterstützt massive Investitionen in erneuerbare Energien. 87 Prozent der Europäer sind der Meinung, dass "die EU massiv in erneuerbare Energien wie Solar- und Windenergie investieren sollte" (Eurobarometer 97). Anstatt zur Tagesordnung überzugehen und noch mehr öffentliche Gelder in fossile Brennstoffe zu stecken, sollten wir auf die Bürger*innen in der EU hören und uns auf erneuerbare Energien als Weg aus der Energiekrise konzentrieren.
Höhere Energieziele der EU werden sich auch auf andere Sektoren positiv auswirken:
- Laut der Studie "2030 EU energy efficiency target: The multiple benefits of higher ambition" von Cambridge Econometrics würde ein Energieeffizienzziel von 14,5 Prozent für 2030 zu einer Senkung der Ausgaben der Haushalte für Energie um durchschnittlich 10,3 Prozent und für Verkehr um 8,5 Prozent im Jahr 2030 führen. Dies entspräche einer Einsparung von 120 Milliarden Euro an Energie- und Verkehrsausgaben für die gesamte EU, der Schaffung von 752 000 Arbeitsplätzen im Jahr 2030 und einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts der EU um 0,6 Prozent im Jahr 2030, was der Schaffung von 94 Milliarden Euro an finanziellem Mehrwert entspricht.
- Das Briefing "More Renewables, less Inflation" von E3G und Ember erläutert, dass der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien zu erheblichen Kosteneinsparungen führen wird. Betrachtet man nur den Zeitraum zwischen März und Oktober 2022, so hat der Rekordanstieg der Wind- und Solarstromerzeugung im Vergleich zum Vorjahr dazu geführt, dass der Einsatz von acht Milliarden Kubikmetern fossilem Gas im Wert von 11 Milliarden Euro vermieden wurde.
Untätigkeit beim Klimaschutz hat sich als kostspielig erwiesen und wird es auch in Zukunft sein. Die rasche Verbesserung der Energieeinsparungen und die Beschleunigung des Ausbaus nachhaltiger erneuerbarer Energien werden nicht nur dazu beitragen, die Menschen vor noch höheren Energiepreissteigerungen im kommenden Jahrzehnt zu schützen. Damit wird auch der drohende Klimanotstand angegangen, von dem heutige und künftige Generationen zunehmend betroffen sein werden.
Jetzt ist es an der Zeit, dass Sie als politische Verantwortliche mit gutem Beispiel vorangehen und uns zu einem energiesicheren, unabhängigen, bezahlbaren und klimaneutralen Europa leiten.
Mit freundlichen Grüßen,
im Namen von
Deutscher Naturschutzring e.V.
Réseau Action Climat France
Bundesverband Erneuerbare Energien e.V.
Le CLER - Réseau pour la transition énergétique
Deutsche Umwelthilfe e.V.
E3G
France Nature Environnement
Greenpeace France
Germanwatch
WWF Deutschland
WWF France