Feuerprobe für die Bundesregierung: Kanzler Scholz muss nun bei Klimapolitik Führungsstärke zeigen
Berlin (13. Juli 2022). Nach der Absage der für heute geplanten Vorlage eines umfassenden Klimaschutzsofortprogramms wirft die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch der Bundesregierung drohenden Wortbruch vor. Eine bremsende FDP verhindere offenbar ein gemeinsames Vorgehen der Bundesregierung, um Deutschland endlich auf einen Pfad für das Erreichen der Klimaziele 2030 zu bringen. Aus diesem Grund konnten Wohnungs-, Klima- und Verkehrsministerium heute keine geeinten Sofortprogramme vorlegen. „Das steht im krassen Widerspruch zu den gemachten Zusagen im Koalitionsvertrag, sich am 1,5-Grad-Limit zu orientieren und den Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr zu respektieren“, kommentiert Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.
„Haupttreiber des drohenden Wortbruchs sind offenbar FDP-Chef Lindner und Verkehrsminister Wissing. Das, was bisher aus dem Verkehrsministerium bekannt ist, scheint der Versuch zu sein, genau das zu tun, was das Verfassungsgericht untersagt hat: die Klimaschutzpflichten trotz immer größerer Dringlichkeit in die Zukunft zu verschieben“, so Bals. „Das Klimaschutzgesetz verlangt, dass ein die Klimaziele verfehlender Sektor umgehend auf Zielkurs gebracht werden muss.“ Für den Gebäudesektor liege jetzt ein von der FDP auch noch blockiertes Sofortmaßnahmenprogramm vor, das dieser Vorgabe in etwa entsprechen könnte.
Öffentlichkeit sollte sehen können, wer echten Klimaschutz will und wer bremst
Germanwatch fordert Kanzler Scholz auf, nun zu handeln. Bals: „Dies ist eine Klima-Feuerprobe für die Bundesregierung. Olaf Scholz, der als Klimakanzler kandidierte, muss jetzt Führung zeigen und seine Richtlinienkompetenz einsetzen. Sonst untergräbt die Ampelregierung sehenden Auges die Umsetzung des Verfassungsgerichtsbeschlusses.“ Scholz sollte das Klimakabinett der Fachministerien unter Vorsitz des Klimaministeriums einberufen und dort eine schnelle Entscheidung herbeiführen. „Die Lösung dieses Konflikts darf nicht im Hinterzimmer gesucht werden. Wir fordern ein transparentes Verfahren im Klimakabinett, damit die Bevölkerung und insbesondere die junge Generation sehen kann, wer ambitionierten Klimaschutz will und wer bremst und blockiert“, so Bals.
Die Bundesregierung hatte ursprünglich ein großes Sommerpaket und ein umfassendes Klimaschutzsofortprogramm versprochen, um Deutschland endlich fit für das Erreichen der selbst gesetzten Klimaziele zu machen und zudem die durch den Krieg in der Ukraine verschärfte Energiekrise zu bekämpfen. Christoph Bals: „Bei den Erneuerbaren Energien ist die Regierung bisher auf einem guten Weg. Ob die notwendige Beschleunigung erreicht wird, hängt aber am noch offenen Punkt der Ausweisung von Vorranggebieten. Im Gebäudebereich ist im Herbst insbesondere ein massiver Schub für Wärmepumpen und -dämmung im Gebäudebestand nötig. Aber für den Verkehrssektor sehen wir bisher kein schlüssiges Konzept, um einen glaubwürdigen Pfad Richtung Klimazielerreichung einzuschlagen. An die Instrumente, die strukturell etwas bringen würden – wie die Umgestaltung des Dienstwagenprivilegs und eine Bonus-Malus-Regelung beim Neukauf von Autos - wagt sich der Verkehrsminister nicht heran.“