G7 steht vor wichtigen Weichenstellungen – Bundeshaushalt muss nachgebessert werden
Berlin (10. Mai 2022). Mit den am Donnerstag beginnenden Minister:innentreffen geht die deutsche G7-Präsidentschaft in ihre entscheidende Phase. Sie muss dabei wichtige Weichen für eine Serie ineinandergreifender Krisen stellen, sei es im Energie-, Nahrungs-, Finanz- oder Klimabereich. „In dieser Phase sich zuspitzender Krisen fällt der G7 eine enorme Verantwortung zu“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Für die Bundesregierung als aktueller Präsidentschaft wird es darauf ankommen, bei den G7-Ministertreffen wegweisende Beschlüsse zu erreichen, um insbesondere die Folgen des russischen Kriegs in der Ukraine zumindest einzudämmen.“
Beispiel Energie und Klimaschäden: Die massiv gestiegenen Gaspreise machen neue Investitionen in Kohle in vielen Teilen der Welt wieder attraktiv. Bals betont: „Die G7 muss ein eindeutiges Signal an die Welt senden, dass massive Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare Energien die einzig sinnvolle Antwort auf aktuelle Krisen sind. Wenn die wegen der explodierenden Gaspreise wieder hervorgeholten Pläne für Kohleinvestitionen in Schwellenländern umgesetzt würden, wäre das Limit von maximal 1,5 Grad Erderhitzung endgültig nicht mehr zu schaffen.“ Die aktuelle Hitzewelle in Indien unterstreicht die Dringlichkeit und zeigt, wie gravierend die Folgen der Klimakrise schon jetzt, bei global 1,1 Grad Erhitzung, sind. „Die G7 muss einen Befreiungsschlag für die seit Jahren in den internationalen Klimaverhandlungen blockierte Debatte über die Unterstützung von Ländern des globalen Südens bei Schäden und Verlusten schaffen. Ein finanziell ausreichend ausgestatteter globaler Schutzschirm wäre eine Grundlage für erfolgversprechende Verhandlungen bei der Weltklimakonferenz im November“, so Bals weiter.
Beispiel Ernährung: Durch den Angriff auf die Ukraine sind auch die Preise für wichtige Grundnahrungsmittel wie Weizen drastisch gestiegen. Daher werden sie für die Katastrophenhilfe des Welternährungsprogramms und viele importabhängige Entwicklungsländer zu teuer und können nicht in ausreichender Menge beschafft werden. „Die G7 muss auf die drohende Hungerkatastrophe kurzfristig reagieren, indem sie zum einen die Zahlungen an das Welternährungsprogramm erhöht und Getreide frei gibt, das bislang für Sprit oder Fleischproduktion eingesetzt wird. Zum anderen sollte sie den importierenden Entwicklungsländern zum Beispiel durch einen Schuldenerlass mehr Mittel für den Kauf von Getreide und ländliche Entwicklung zur Verfügung stellen“, so Konstantinos Tsilimekis, Leiter des Teams Welternährung, Landnutzung und Handel bei Germanwatch. „Mittel- und langfristig muss sie die derzeit importabhängigen Entwicklungsländer darin unterstützen, die eigene Produktion und Produktivität mit nachhaltigen, an den Klimawandel angepassten Methoden zu erhöhen. Die G7-Länder dürfen diese Initiativen nicht im Alleingang vorantreiben, sondern sollten zudem schnellstmöglich eine Dringlichkeitssitzung des UN-Komitees für Welternährungssicherheit initiieren.“
Haushaltsplanung droht Ankündigungen zu leeren Versprechen zu machen
Beispiel Finanzen in der Klimapolitik: Eine massive Beschleunigung der Energiewende in Schwellenländern ist unverzichtbar zum Einhalten des 1,5-Grad-Limits. Dies erfordert attraktive Partnerschaftsangebote der G7. Allerdings sind im aktuellen Haushaltsentwurf der Bundesregierung und der mittelfristigen Finanzplanung noch nicht mal die Gelder für das Versprechen der alten Bundesregierung hinterlegt, bis 2025 die Mittel für internationale Klimafinanzierung auf 6 Milliarden Euro pro Jahr aufzustocken. „Die Bundesregierung muss sich klarmachen, was es bedeutet, wenn im globalen Süden der Eindruck entsteht, man könne sich auf Zusagen großer Industrienationen nicht verlassen. Die Folgen für die künftig notwendige Kooperation zur Eindämmung der Klimakrise können verheerend sein. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier müssen in den letzten Haushaltsverhandlungen die Kuh vom Eis holen und ausreichend Mittel für die internationale Klimafinanzierung einstellen“, fordert David Ryfisch, Leiter des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch.
Auch die tatsächlichen Bedarfe des Globalen Südens für Energiewende, Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels und Umgang mit Schäden und Verlusten erfordern eine weitere Steigerung über die bislang versprochenen 6 Milliarden Euro jährlich hinaus. „Die Haushaltsanpassungen können nur der erste Schritt sein. Beim Petersberger Dialog im Juli sollte Kanzler Scholz ankündigen, dass Deutschland die internationale Klimafinanzierung auf 8 Milliarden Euro in 2025 aufstockt“, so Ryfisch weiter. „Die Bundesregierung sollte im Kreis der G7 massiv dafür werben, dass andere Staaten ihre Versprechen ebenso mit Geldern hinterlegen.“