Verbände warnen vor Demontage der europäischen Klimapolitik
Berlin/Bonn (20. Jan. 2014). Die europäische Klimapolitik droht nach Ansicht von Umwelt- und Entwicklungsverbänden bis zur Bedeutungslosigkeit abgeschwächt zu werden. Die neuen Energie- und Klimaziele für 2030, die die EU-Kommission dem Vernehmen nach am Mittwoch vorschlagen will, kämen einer Selbstdemontage der europäischen Klimapolitik gleich, warnen das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Germanwatch, Greenpeace, das katholische Hilfswerk Misereor und der World Wide Fund For Nature (WWF).
Die Ziele würden bedeuten, dass klimaschädliche Kohle als Energieträger billig einsetzbar bleibt, was in Deutschland bereits zu einem Anstieg der CO2-Emissionen trotz Energiewende führt. Das schwache und zudem freiwillige Ausbauziel für die erneuerbaren Energien würde Kohle- und Atomstrom in Europa zusätzlich stützen. Die Verbände unterstreichen, dass die EU-Kommission damit auch hunderttausende neue Arbeitsplätze im Bereich erneuerbare Energien und Klimaschutz aufs Spiel setzt.
Darüber hinaus würde die fatale Botschaft an die stockenden internationalen Klimaverhandlungen gegeben, dass Europa seine Anstrengungen beim Klimaschutz einfriere. 2015 soll in Paris der erste globale Klimavertrag abgeschlossen werden, der auch Klimaziele für Schwellen- und Entwicklungsländer definiert. Wenn die EU sich für Stillstand beim Klimaschutz entscheide, könne sie von Ländern wie China und Indien kaum mehr Anstrengungen einfordern. Leidtragende dieser Entwicklung seien die ärmsten Menschen in den Entwicklungsländern, die heute bereits die Folgen des Klimawandels zu spüren bekommen. Wirklich ehrgeizige EU-Ziele für 2030 seien deshalb auch ein Gebot von Verantwortung und Gerechtigkeit.
Das geplante Reduktionsziel für Treibhausgasemissionen von maximal 40 Prozent, der Verzicht auf ein bindendes Ausbauziel für erneuerbare Energien und der offenbar komplette Wegfall eines Ziels zur Energieeinsparung bedeuten nach Ansicht der Verbände Stillstand beim Klimaschutz für die kommende Dekade. Sollte sich die EU den bisherigen Überschuss an CO2-Zertifikaten aus dem Emissionshandel anrechnen lassen, würde dieses Ziel ohne zusätzliche Anstrengungen erreicht werden. Deshalb sei ein 40-Prozent-Ziel das falsche Signal an die europäische Wirtschaft, welche Anreize und stabile Rahmendaten brauche, um in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren.
Jetzt müsse der ehemalige Vorreiter Deutschland eine deutlich höhere Reduktion der Treibhausgasemissionen einfordern. Der Bundesregierung müsse klar sein, dass die Orientierung am Ziel, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen, mit den aktuellen Plänen faktisch aufgegeben würde.
Die Umwelt- und Entwicklungsverbände fordern die Bundesregierung auf, sich für drei ambitionierte und verbindliche 2030-Ziele einzusetzen: eine Minderung der Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent, ein Ausbauziel von 45 Prozent für erneuerbare Energien und eine Senkung des Endenergieverbrauchs um 40 Prozent.