Boom bei Kohlestrom gefährdet Energiewende
Bonn/Berlin. (7. Jan. 2014) Als dramatischen Weckruf für die Große Koalition bezeichnet Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, den Rekordwert beim Braunkohlestrom seit 1990 in Deutschland. "Die Bundesregierung muss sich auf EU-Ebene für ambitionierte Klimaziele und eine zügige Reform des CO2-Handels einsetzen", fordert Bals. "Bleiben die Verschmutzungserlaubnisse so billig, fährt der Klimaschutz in der EU vor die Wand. Die Kohleverstromung stieg seit 2010 um 23 Terawattstunden (TWh) auf den höchsten Stand seit mehr als 20 Jahren. Genau im gleichen Maß, auch um 23 TWh, wurde parallel die Verstromung von Gas zurückgefahren."
Diese Entwicklung gefährdet nach Ansicht der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch die gesamte Konstruktion der Energiewende. Neue hocheffiziente und klimaschonendere Gaskraftwerke produzieren bundesweit immer weniger Strom oder werden sogar komplett stillgelegt. "In vielen Fällen wurden die Gaskraftwerke erst in den letzten Jahren gebaut und liegen nun als Investitionsruinen brach", sagt Bals. "Viele Stadtwerke, aber auch große Energieversorger wie E.ON oder RWE leiden darunter. Flexible Gaskraftwerke würden zur Energiewende passen, da sie die Schwankungen bei der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien am besten ausgleichen können. Der Kohlestrom wird hingegen in Zeiten mit viel erneuerbarem Strom meist exportiert."
Germanwatch fordert Bundeswirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) auf, sich in der EU für eine umfassende Reform des Emissionszertifikate-Handels und in Deutschland für ein entsprechendes Marktdesign stark zu machen. "Verschmutzungsrechte müssen deutlich teurer werden, damit die Kohleverstromung zurückgeht und sich der Einsatz der neuen Gaskraftwerke endlich lohnt", fordert Bals. Um den Einsatz klimaschonenderer Kraftwerke dauerhaft rentabel zu machen, müsste ein Emissionspreis von mindestens 25 Euro pro Tonne CO2 erreicht werden. Derzeit pendelt er zwischen 4,50 und 5 Euro.