Londoner Schuldenabkommen: großzügige Entschuldung Deutschlands vor 60 Jahren
Berlin, 25.2.2013. Der 27. Februar ist ein historischer Tag für die Bundesrepublik Deutschland. An diesem Mittwoch jährt sich das für die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik so entscheidende Londoner Schuldenabkommen zum 60. Mal. Die West-Alliierten und weitere Gläubigerstaaten - darunter Griechenland - erließen damals der jungen Bundesrepublik gut 50 Prozent der deutschen Schulden, insgesamt 15 Milliarden DM. Die insgesamt 21 Länder wollten aus Versailles lernen und den Schuldendienst an die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Landes anpassen. Neben einem fünfjährigen Zahlungsmoratorium beschlossen die Gläubiger eine Nachhaltigkeitsklausel: Deutschland musste nur ein Zwanzigstel seiner Exporteinnahmen für den Schuldendienst aufwenden. Zusammen mit dem Marshallplan lieferte das Schuldenabkommen eine entscheidende Voraussetzung für die Bundesrepublik, um aus einer Abwärts- in eine Aufwärtsspirale zu gelangen. Die sollte aus Sicht von Germanwatch Orientierung für die heutige Diskussion um die Entschuldung von Staaten sein.
"Das Londoner Schuldenabkommen von 1953 war von Weitsicht und Intelligenz statt von Arroganz und Besserwisserei gegenüber dem Schuldnerstaat Bundesrepublik geprägt. Davon können wir heute lernen", sagt Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender von Germanwatch. "Die außergewöhnlich günstigen Konditionen für das hoch verschuldete Nachkriegsdeutschland haben damals ganz wesentlich zum deutschen Wirtschaftswunder und zum schnellen Wiederaufbau des zerstörten Landes beigetragen. Deutschland und die EU sollten ähnliches Augenmaß angesichts der heutigen Staatsschuldenkrise innerhalb der EU, aber auch der Länder des Südens zeigen. Dort geht es darum, die Abwärtsspirale zu stoppen und einen Rahmen für Investitionen zu ermöglichen, der Arbeitsplätze schafft und zugleich die Energiewende sowie den Umbau zur Kreislaufwirtschaft voran bringt."
Noch wichtiger als der sehr großzügige Schuldenschnitt waren 1953 die qualitativen Elemente. Klaus Milke: "Heute sollte man den Blick vor allem auf Stil und inhaltliche Eckpunkte der Londoner Regelung richten. Verhandlungen auf Augenhöhe, Schuldendienst, der nur aus laufenden Einnahmen geleistet wird. Aussetzung der Rückzahlungen, wenn der Wert der Einfuhren den der Ausfuhren übersteigt. Alles mit dem Ziel, eine Win-Win-Situation zu erreichen."
Germanwatch ist Mitbegründer und Mitglied bei "erlassjahr.de", einem Bündnis, das in diesen Tagen ebenfalls auf das Londoner Schuldenabkommen hinweist. Zu "erlassjahr.de - Entwicklung braucht Entschuldung" gehören derzeit mit Landeskirchen, Diözesen, entwicklungspolitischen Organisationen, Eine-Welt-Gruppen, Vereinen, Kirchengemeinden und Weltläden etwa 700 Mitträgerorganisationen. erlassjahr.de ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk von über 50 ähnlichen Kampagnen und Bündnissen (siehe www.erlassjahr.de).
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