Ergebnis von Doha: Klimaboot legt ohne Mast und Segel ab
Bonn, 9.12.2012: Beim Klimagipfel in Doha wurde nach Einschätzung von Germanwatch deutlich, dass der politische Wille, angemessen auf die Dringlichkeit des Klimawandels zu reagieren, derzeit bei den wichtigsten Akteuren China, USA und EU noch nicht sichtbar ist. Nach zweiwöchigen Verhandlungen haben die Regierungen der Welt am Samstagabend zwar ein Paket von Abschlussdokumenten, das "Doha Climate Gateway", verabschiedet. Damit ist der Start der zweiten Phase des Kyoto-Protokolls gelungen und ein Fahrplan der Verhandlungen für das neue Abkommen auf den Weg gebracht. Dieses soll 2015 abgeschlossen und ab 2020 für alle Staaten - auch für die USA und China - gelten. Auch wurde nun die Unterstützung für die Staaten und Menschen, die mit nicht mehr abwendbaren Schäden und Verlusten zu rechnen haben, beschlossen. Aber wenn nicht mit viel mehr Ernsthaftigkeit reagiert wird, ist das Scheitern des Abkommens 2015 vorprogrammiert. Der EU, die zwei der drei Klimagipfel auf dem Weg nach 2015 ausrichtet, kommt in dieser kritischen Phase die zentrale Führungsrolle zu. Dieser wurde sie in Doha nicht gerecht.
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer bei Germanwatch, erklärt dazu: "Mit der Einigung von Doha wurden drei hölzerne Kähne für den Weg zu einem Abkommen auf den Weg gebracht. Aber weder die Masten sind gebaut noch die Segel gesetzt. Und vor allem fehlt bei den Schlüsselakteuren der politische Wind, um das Boot ins Ziel zu treiben. Die EU konnte in Doha nicht mehr eine Führungsrolle übernehmen. Zwar hatte sie in Bezug auf das Kyoto-Protokoll sowie Finanzankündigungen und Unterstützung angesichts der absehbaren Schäden immer noch mehr zu bieten als fast alle anderen Industrieländer. Aber auch das nun im Kyoto-Protokoll verankerte 20-Prozent-Klimaziel der EU für 2020 ist nicht geeignet, den globalen Temperaturanstieg auf weniger als 2 Grad zu begrenzen. So gelingt es nicht, immer heftigere Klima- und Ernährungskrisen zu verhindern. Die EU enttäuschte somit ihre Bündnispartner aus den kleinen Inselstaaten und anderen verletzlichen Staaten. Denn sie legte weder angemessene Klimaziele noch einen Plan vor, um ihre Finanzzusagen von Kopenhagen einzuhalten.
Ohne eine starke Führungsrolle der EU, die den Klimagipfel 2013 in Warschau und den für das neue Abkommen entscheidenden Gipfel 2015 in Paris ausrichten wird, kann sich das nicht ändern. Alle Augen richten sich jetzt auf die deutsche Bundeskanzlerin und ihre Regierung, ob sie eine solche Strategie aktiv voranbringt. Ein erster wichtiger Schritt ist es, noch in der ersten Jahreshälfte 2013 das EU-Klimaziel auf 30 Prozent Treibhausgas-Verringerung bis 2020 zu erhöhen und den Emissionshandel zu reparieren. Wirtschaftsminister Rösler blockiert beides in Deutschland . Darüber hinaus geht es in Deutschland und der EU um eine aktive Klimaaußenpolitik, um die notwendigen Allianzen zu schmieden und auch Vorreiterprozesse außerhalb des UN-Prozesses voranzubringen."
Sven Harmeling, Teamleiter Internationale Klimapolitik bei Germanwatch: "Folgende Hauptelemente wurden im Doha Gateway verabschiedet: Die zweite Verpflichtungsperiode unter dem Kyoto-Protokoll, die von 2013 bis 2020 dauern wird, tritt im Januar in Kraft. Damit wurde sichergestellt, dass dieses internationale regelbasierte System weiterexistiert. Allerdings mit viel zu schwachen Klimaschutzzielen. Diese sollen spätestens 2014 nachgebessert werden. Der deutsche Bundestag muss die Einigung zum Kyoto-Protokoll nun möglichst schnell ratifizieren.
Für den Verhandlungsprozess zu einem neuen Klimaabkommen mit allen Staaten gibt es jetzt einen klareren Fahrplan bis 2015. Konkrete Fortschritte beim Klimaschutz wurden allerdings verschoben. Und insbesondere auch auf Einfluss der USA und Brasiliens wurden die Regeln zur Transparenz des Klimaschutzes in Industrie- und Entwicklungsländern verwässert.
Drittens gibt es einen vagen Fahrplan für Verhandlungen über den massiven Zuwachs der internationalen Klimafinanzierung. Aber es blieb sehr unklar, ob die Industrieländer ihr 2009 gegebenes Versprechen einhalten wollen, für die Klimafinanzierung bis 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar zusätzlich zu mobilisieren. Mit diesem Vertrauensbruch ist auch ernsthaft in Gefahr, dass die Entwicklungsländer ihren Beitrag an Klimaschutz leisten, um einen in großem Maßstab gefährlichen Klimawandel noch abzuwenden. Ein Durchbruch war das Arbeitsprogramm, das eine Institution für die Menschen und Staaten aufbauen soll, die immer massiver mit Klimaschäden zu kämpfen haben."
Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:
- Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer: 0174-3275669, bals@germanwatch.org
- Sven Harmeling, Teamleiter Internationale Klimapolitik: 0177-6136431, harmeling@germanwatch.org