WTO-Rahmenabkommen völlig unfair
Berlin, 1.8.2004. Nach tagelangen Verhandlungen, die wiederholt verlängert worden waren, wurde in der vergangenen Nacht in Genf ein WTO-Rahmenabkommen verabschiedet. Germanwatch und zahlreiche andere Nichtregierungsorganisationen weltweit beurteilen den Text als völlig unfair und unausgewogen. "Er sichert den Industrieländern eine Sonder- und Vorzugsbehandlung, die eigentlich den Entwicklungsländern zukommen sollte, die Entwicklungsländer dagegen mussten weitgehende Zugeständnisse machen," kommentiert Dr. Brigitta Herrmann, Welthandelsexpertin bei Germanwatch.
"Die Industrieländer haben sich in diesem Rahmenabkommen ihre 'Rechte' auf unfaire Subventionierung der Landwirtschaft noch ausweiten lassen. Noch nicht einmal für die aggressive Zerstörung der Märkte der Entwicklungsländer durch Exportsubventionen war die EU bereit, ein Enddatum festzulegen, obwohl die Ankündigungen der EU im Vorfeld der Verhandlungen dieses nahegelegt hätten." so Herrmann.
Das intransparente und unfaire Verfahren der Verhandlungen in Genf wurde international vehement kritisiert. Viele Delegationen der Entwicklungsländer waren bis kurz vor Schluss von den Verhandlungen ausgeschlossen. Durch die spezielle Auswahl von bestimmten Delegierten und den Ausschluss anderer, durch gezielten Druck auf einzelne Delegationen sowie zermürbende Nachtsitzungen und den enormen Zeitdruck gegen Ende der Verhandlungen war es den Delegierten aus den ärmeren Entwicklungsländern nicht möglich, den Text mit ihren Heimatländern abzustimmen und das volle Ausmaß der Bestimmungen des Rahmenabkommens abzusehen. Zudem wollte keiner die "Schuld" für ein erneutes Scheitern der Verhandlungen tragen.
Spätestens seit der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation im September 2003 in Cancún ist allen Verhandlern bei der WTO bekannt, dass 10 Millionen Menschen in Westafrika vom Baumwollanbau abhängig sind und wegen der enormen Subventionen insbesondere in den USA vom Verlust ihrer Existenzgrundlage bedroht sind. Noch nicht einmal in diesem extrem wichtigen Bereich für die ärmsten Entwicklungsländer war man zu einer gesonderten Regelung bereit. Im Gegenteil, Baumwolle soll innerhalb der normalen Agrarverhandlungen behandelt werden und dort haben sich die USA noch zusätzliche Möglichkeiten zur Subventionierung ihrer Landwirtschaft festschreiben lassen. "Dies ist ein schändlicher Verstoß gegen den Sinn der sogenannten "Entwicklungsrunde" der WTO und gegen die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte, die dadurch in einigen der ärmsten Entwicklungsländer bedroht sind", fasst Herrmann dieses Ergebnis zusammen.
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- Dr. Brigitta Herrmann, herrmann@germanwatch.org