Germanwatch legt Beschwerde gegen Volkswagen ein.
Bonn, 7. Mai 2007: Die umwelt- und entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation Germanwatch reichte heute eine Beschwerde gegen die Volkswagen AG wegen Verletzung der OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen ein. Die Leitsätze sollen Unternehmensverantwortung - unter anderem im Bereich Umweltschutz - durchsetzen und enthalten detaillierte Handlungsanweisungen für multinational tätige Unternehmen. "Volkswagen hat sich selbst zu den OECD-Leitsätzen bekannt und müsste seine Unternehmensstrategie am Ziel der Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels ausrichten", unterstrich Cornelia Heydenreich, Referentin für Unternehmensverantwortung und Expertin für die OECD-Leitsätze bei Germanwatch. Angesichts des Klimawandels steht der ressourcenintensive Verkehrssektor mit seiner extrem hohen Wachstumsdynamik besonders in der Pflicht, Strategien zur Erreichung der Klimaschutzziele zu entwickeln und umzusetzen. " VW verstößt aber vielfach gegen die Leitsätze und selbst eingegangene Verpflichtungen", so Cornelia Heydenreich.
Germanwatch wirft VW, u.a. aufgrund der klimaschädlichen Produktpalette und Konzernstrategie, die Verletzung der Leitsätze in 15 konkret benannten Fällen vor. So hat der Konzern in den letzten Jahren die besonders klimaschädlichen Modelle im Luxussegment und in der oberen Mittelklasse massiv ausgebaut und seine Marketingstrategie überwiegend auf diese Modelle konzentriert. Zudem hat VW aggressive Lobbyarbeit gegen Rahmensetzungen für Klimaschutz-Regelungen betrieben und dabei teilweise Fehlinformationen verbreitet. Auch ist der Konzern - laut einer Studie von Transport and Environment – von den großen deutschen Automobilkonzernen am weitesten davon entfernt, die 1998 mit der EU-Kommission vereinbarte Selbstverpflichtung (ACEA Agreement) einzuhalten. Insbesondere die Marken VW und Audi machen wenig Fortschritte bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes pro gefahrenem Kilometer.
Volkswagen ist nicht der einzige Automobilkonzern, der in der Verantwortung steht. Unter anderem aus den oben genannten Gründen wurde der Konzern jedoch von Germanwatch exemplarisch ausgewählt; weitere OECD-Beschwerden gegen Daimler-Chrysler und BMW werden derzeit geprüft. Die Beschwerde, bei der Germanwatch durch Dr. Roda Verheyen von der Rechtsanwaltskanzlei Günther, Heidel, Wollenteit und Hack in Hamburg juristisch beraten wurde [1], liegt nun der Nationalen OECD-Kontaktstelle im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vor. Heydenreich kommentierte: "Wir erwarten von der Nationalen Kontaktstelle, dass sie ein transparentes und faires Verfahren einleitet. VW muss die Karten auf den Tisch legen und versuchen, die Geschäftspraktiken in Einklang mit den Leitsätzen zu bringen. Wenn der Konzern das nicht will oder kann, muss das Wirtschaftsministerium eine entsprechende öffentliche Erklärung abgeben."
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, fügte hinzu: "Wir haben VW seit vielen Jahren gedrängt, ein Ein-Liter-Auto zu entwickeln. Auf tragikomische Weise hat der Konzern dies umgesetzt. Der Bugatti Veyron verbraucht tatsächlich einen Liter bei voller Fahrt, aber nicht pro hundert Kilometer, sondern pro Kilometer." Bals machte deutlich: "Bei den heute beginnenden UN-Klimaverhandlungen ringen die Regierungen um ein Konzept zur Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels. Es ist nicht akzeptabel, dass Unternehmen dieses erklärte Ziel der Weltgemeinschaft durch ihre Unternehmensstrategie und Produktpalette unterlaufen."
Fußnoten:
[1] Wir danken zudem mehreren Mitgliedern des Climate Justice Networks (CJN) für die juristische Beratung
Für Rückfragen und Interviewwünsche:
- Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer, 0174-3275669, bals@germanwatch.org
- Cornelia Heydenreich, Referentin für Unternehmensverantwortung, 0179-7835551, heydenreich@germanwatch.org