Blogpost | 22.05.2020

Akute Green Washing Gefahr durch Bundesregierung: derzeitige Ausgestaltung der Konjunkturhilfen würde den Europäischen Green Deal torpedieren

Bundesregierung will Vergabe von Konjunkturhilfen nur mit weichen Kriterien verbinden
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In der gesellschaftlichen Debatte lassen sich die Diskussion über die anstehenden Konjunkturhilfen nicht mehr von Umwelt- und Klimaschutzzielen trennen. Das Bundesfinanzministerium (BMF), Bundesumweltministerium (BMU) und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) zeigen sich oberflächlich bereit, Nachhaltigkeitsaspekte in ihren Überlegungen zur Ausgestaltung von mittel- und langfristigen konjunkturellen Maßnahmen zur Bewältigung der Folgen der Coronakrise einzubeziehen.

Während dies bei richtiger Ausgestaltung und Umsetzung ein sinnvoller Schritt in Richtung des langfristig benötigten Rahmens für eine soziale und ökologische Zukunftsfähigkeit sein kann, droht im Moment, dass BMF, BMU und BMWi eine Strategie des Green Washing statt der konsequenten Orientierung am Europäischen Green Deal vorlegt. Die bereits sehr konkreten Überlegungen gehen in Richtung eines Mapping von UN-Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals (SDG)) für die Vergabe von Konjunkturhilfen. Diese Methode wird bereits von einigen Banken und Organisationen genutzt, bei denen bspw. die Projektfinanzierung den verschiedenen UN-Nachhaltigkeitszielen zugeordnet werden. Es gibt jedoch kein standardisiertes Verfahren, wie solch eine Zuordnung erfolgt. Nun soll die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) verwendete Methode zum SDG-Mapping für die Vergabe von Konjunkturhilfen genutzt werden. Es soll zeigen, dass Konjunkturhilfen und Steuergelder auch Nachhaltigkeitsziele unterstützen. Hört sich gut an, oder?

Was aber steckt bislang dahinter?

Das SDG-Mapping konzentriert sich auf die positiven Effekte für einzelne SDGs von wirtschaftlichen Aktivitäten, ohne dabei die problematischen Effekte auf andere SDGs einzubeziehen. Konkret heißt das: Um an öffentliches Geld zu kommen, reicht es aus, wenn das Unternehmen nachweist, dass eins der 17 SDGs unterstützt wird – im Zweifelsfall lediglich die wirtschaftliche Entwicklung. Und der Nachweis, dass die anderen Nachhaltigkeitsziele nicht geschädigt werden („no harm“), kann – nach der von der KfW entwickelten Methodik – einfach erbracht werden, indem die Umwelt- und Sozialgesetze und -regeln umgesetzt werden.[1]  So wird keine Transformation in Richtung Treibhausgasneutralität, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft gesteuert. 

Es droht eine Strategie des Green Washing

Das wäre fatal: In der Praxis könnte quasi jede Investition öffentliche Gelder erhalten, auch wenn sie etwa die Klimaziele des European Green Deal behindert. Deutschland würde als wichtigste Wirtschaftsnation in der EU den Ton setzen für eine hoch problematische Recovery-Strategie der EU.  Und die KfW hätte ihren Ruf als Transformationsbank verspielt.

Wenig Zeit, um nachzubessern

Doch noch ist das so nicht beschlossen. Und hoffentlich gibt es in den Ministerien genug Akteure, die solch ein peinliches Recovery-Paket auch nicht wollen. An Sie richten wir unsere Fragen:

  • Wie wollen Sie bei diesem Ansatz sicherstellen, dass die Milliarden an öffentlichen Geldern für die Bekämpfung der heutigen Krise tatsächlich die Ziele des Europäischen Green Deals zu Treibhausgasneutralität, Kreislaufwirtschaft und Biodiversität beschleunigen und nicht torpedieren?
     
  • Warum nutzen Sie als Vorreiter_in nicht das in der EU – methodisch und vom Zielhorizont – viel geeignetere Instrument der Taxonomie mit klaren Meilensteinen für alle Unternehmen und ihre Strategie hin zu Treibhausgasneutralität? Damit kann Deutschland der anstehenden Umsetzung der Rechtsgrundlage in einen delegierten Rechtsakt in der EU den Weg bahnen.
     
  • Haben Sie ansonsten zumindest Zähne, die Sie dem SDG-Mapping implementieren wollen, damit durch Ausschluss und Anreize sichergestellt wird, dass die Gelder den Weg in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit zementieren?

[1] https://www.kfw.de/nachhaltigkeit/Dokumente/Sonstiges/SDG-Methodenpapier-DE-EN.pdf

Autor:innen

Christoph Bals, David Ryfisch und Milena Ostrower

Ansprechpersonen

Echter Name

Politischer Geschäftsführer
(bis 15.6.24 in Politischer Fokus-Zeit)

Echter Name

Bereichsleiter Internationale Klimapolitik