Gute Regeln für die Wirtschaft auf europäischer Ebene
Gute Regeln für die Wirtschaft auf europäischer Ebene
RahmenNach dem zweiten Weltkrieg mit vielen Millionen Toten haben sich einige europäische Länder überlegt, wie der nächste Krieg vermieden werden könnte. Eine Lösung war, bei Handel und Wirtschaft, aber auch in der Politik besser zusammenzuarbeiten. Wenn Getreide, Stahl, Kleider, Autos frei gehandelt würden, dann hätten die Unternehmen kein Interesse, dass ihre Absatzmärkte durch Krieg zerstört werden. Und tatsächlich gab es zwischen den mittlerweile 28 Mitgliedsländern der Europäischen Union (EU) seit über 70 Jahren keinen Krieg mehr. Das gab es nicht oft in der Geschichte Europas.
Im Laufe der Zeit verursachte mehr Produktion und Handel auch mehr Müll. Luft und Wasser wurden schmutziger. Daher legte die EU für alle Mitgliedstaaten gemeinsame Ziele für den Umweltschutz fest. Das sollte verhindern, dass in den Ländern besonders viel produziert wird, wo es besonders billig und dreckig ist. 1991 wurden z. B. Grenzen dafür gesetzt, wie viel Nitrat im Wasser enthalten sein darf. Wenn mehr Nitrat ins Wasser gelangt, können Menschen, die davon trinken, krank werden. Deshalb hat die EU Höchstgrenzen für Nitrat im Wasser festgelegt.
In Deutschland funktionieren die EU-Umweltregeln unterschiedlich gut. Viele große Fabriken haben seither Filter und Kläranlagen eingebaut, so dass weniger schädliche Stoffe ins Wasser gelangen. Die Flüsse stinken meist nicht mehr und Fischbestände haben sich teilweise etwas erholt. Dagegen ist die Belastung mit Nitrat in vielen Regionen nicht gesunken. Nitrat entsteht, wenn mehr Stickstoff in die Böden kommt als die Pflanzen für ihr Wachstum brauchen. Das passiert vor allem, wenn zu viel Gülle aus der Massentierhaltung in der Umgebung ausgebracht wird. Deshalb messen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Gegenden, in denen viele Tiere gehalten werden, seit dreißig Jahren zu hohe Nitratwerte im Grundwasser. Und darum ist es notwendig, für Menschen in Gebieten mit starker Nitratbelastung sauberes Trinkwasser durch lange Leitungen heranzuschaffen. Länder, die es nicht schaffen, die EU-Regeln einzuhalten, müssen irgendwann eine Strafe bezahlen.
Die Bundesregierung sollte diesen Fehler nicht bei einem anderen Thema wiederholen. 2018 hat die EU eine neue Regel beschlossen, damit weniger Antibiotika in der Tierhaltung eingesetzt werden. Antibiotika sind Medikamente, die gegen Krankheiten helfen, die von Bakterien verursacht wurden. Allerdings passen die Bakterien sich mit der Zeit an Antibiotika an, wenn sie immer wieder mit ihnen in Kontakt kommen. Sie werden resistent. Dann können Antibiotika Kranke nicht mehr gesundmachen, weil sie den resistenten Erregern nichts anhaben können. Schon heute sterben deshalb jedes Jahr einige Tausend Menschen in Deutschland. Um das zu vermeiden, sollen Antibiotika nur im Notfall eingesetzt werden. Tierärzte und Tierärztinnen in Deutschland setzen aber viele Antibiotika ein. In den großen, engen Ställen erkranken die Tiere offensichtlich besonders oft. Germanwatch hat herausgefunden, dass der größte Teil des Hähnchenfleischs aus Massentierhaltung mit antibiotikaresistenten Bakterien belastet ist (siehe Artikel "Hähnchenfleisch: Gefahr für die Gesundheit"). Jede dritte Hähnchenfleischprobe ist sogar gegen die besonders wertvollen Notfall-Antibiotika resistent, die als letzte Waffe gegen resistente Erreger eingesetzt werden. Diese Bakterien können sich auch auf Menschen übertragen.
Deutschland sollte die neue EU-Regel schnell befolgen, in der Fleisch- und Milcherzeugung weniger und für die Menschen nicht so wichtige Antibiotika einzusetzen. Dazu muss sie Reserveantibiotika in der Tierhaltung verbieten und den Antibiotikaeinsatz insgesamt reduzieren. Und die Regierung soll den Tierschutz verbessern, dann bleiben die Tiere gesünder und brauchen nicht mehr so oft Medizin.
Reinhild Benning