Expertenbündnis ruft zur Einführung von CO2-Mindestpreis auf
Berlin/Bonn (4. Okt. 2017). Deutschland muss dringend sein Steuer- und Abgabensystem modernisieren und einen wirkungsvollen CO2-Mindestpreis für alle Sektoren einführen. Sonst sind die Ziele bei Klimaschutz, Energie- und Verkehrswende sowie der nötige Innovationsschub in der Industrie kaum erreichbar. Das ist die Botschaft eines heute veröffentlichten Positionspapiers einer Expertengruppe aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, zu der auch Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, gehört. Die Gruppe besteht aus 15 namhaften Ökonomen und Politikexperten (Namen im Positionspapier), die sich für eine Reform des ökonomischen Rahmens zur Erreichung der Klimaziele einsetzen.
"Der Emissionshandel erfüllt in der jetzigen Form sein wichtigstes Ziel nicht", kritisiert Christoph Bals. "Er regt kaum zu Innovationen und CO2-Einsparung an. Das Expertenpapier zeigt eine Lösung auf: Die neue Bundesregierung sollte im Emissionshandel und bei allen nicht in den Emissionshandel einbezogenen Sektoren einen CO2-Mindestpreis verankern, am besten abgestimmt mit Frankreich und weiteren EU-Partnern. Eine Reihe von Ländern macht bereits vor, wie das gehen kann." Frankreich und Deutschland haben auf ihrem Regierungsgipfel im Juni bereits vereinbart, bis Jahresende einen "gemeinsamen Beitrag zur Umweltbesteuerung" zu entwickeln.
Andere Länder bei CO2-Bepreisung weiter als Deutschland
Deutschland hinkt bei der CO2-Bepreisung hinterher. So hat Frankreich bereits 2014 eine jährlich ansteigende CO2-Steuer für Emissionen außerhalb des europäischen Emissionshandels eingeführt. Großbritannien hat seit 2013 einen CO2-Mindestpreis, er liegt bei aktuell 21 Euro pro Tonne. Der EU-Zertifikatepreis pendelte zuletzt deutlich darunter, um 7 Euro pro Tonne CO2.
"Beim dringend nötigen Kohleausstieg und beim Abgasskandal sehen wir gerade, was passiert, wenn der Staat nicht frühzeitig den wirtschaftlichen Rahmen modernisiert", sagt Bals. "Dann setzen viele Unternehmen zu lange auf veraltete Technologien und verschlafen den Trend hin zu Zukunftstechnologien. Letztlich ist der Staat dann gezwungen, mit der ordnungsrechtlichen Keule - also mit Abschaltungen und Verboten - nachzujustieren."
Auf dem Weltklimagipfel Anfang November in Bonn werden die Klimadiplomaten über die Umsetzung und Nachbesserung der in Paris 2015 zugesagten Klimaziele und ihre Anhebung beraten. Zur selben Zeit verhandeln voraussichtlich die künftigen Koalitionäre in Berlin den neuen Koalitionsvertrag. Christoph Bals: "Die Weltgemeinschaft wird sehr genau hinschauen, ob die künftigen Koalitionspartner in Deutschland Maßnahmen beschließen, um die deutschen Klimaziele für 2020 und 2030 noch zu erreichen."