Blogpost | 13.06.2017

Mexiko: Energiewende noch im Miniformat

Blog-Beitrag von José Maria Valenzuela und Elena Pierard, Juni 2017
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Mexiko war ein Vorreiter in den UN-Klimaverhandlungen und unterstützt derzeit die deutsche G20-Präsidentschaft bei ihren Klima- und Energieplänen. Doch im Land selbst stehen trotz großer Fortschritte noch nicht alle Zeichen auf Transformation. Nach dem angekündigten Rückzug der USA aus dem Paris-Vertrag braucht Mexiko Unterstützung.


Auf internationalem Parkett hat sich Mexiko in den vergangenen Jahren zum Vorreiter für einen ehrgeizigen Klimaschutz und die Entwicklung einer "Green Economy" entwickelt. Während seiner G20-Präsidentschaft 2012 hat das mittelamerikanische Land zum ersten Mal "inklusives grünes Wachstum" auf die Agenda der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer gesetzt.

In den Folgejahren spielte Mexiko eine wichtige Rolle beim Zustandekommen des Pariser Klimaabkommens. Und zusammen mit Deutschland, Kanada und den USA war Mexiko unter den ersten vier Nationen, die im vergangenen November ihre langfristigen Klimastrategien vorlegten.

Bis 2050 sollen demnach die Emissionen im Vergleich zum Jahr 2000 halbiert werden. Mexikos für Paris hinterlegtes Klimaziel (NDC) definiert dafür Etappen: Die Emissionen sollen spätestens 2026 den Höchststand erreicht haben und bis 2030 um 36 Prozent sinken.

Gefahr durch Paris-Ausstieg der USA

In den letzten Jahren hatte Mexiko einige seiner Klimaschutzstrategien mit nordamerikanischen Partnern koordiniert, da die Region durch Handel, Investitionen und technische Standards eng verbunden ist. Noch vor weniger als einem Jahr hatten die Präsidenten der USA, Kanadas und Mexikos angekündigt, gemeinsam das regionale Ziel von 50 Prozent erneuerbarem Strom bis 2025 erreichen zu wollen.

Der gerade angekündigte Ausstieg der US-Regierung aus dem Paris-Abkommen könnte nun die mexikanische Energiewende abbremsen. Deshalb kommt es jetzt darauf an, dass Führungspersonen aus Zivilgesellschaft und Geschäftswelt den Druck auf Mexikos Regierung aufrechterhalten, ihre Klimaanstrengungen weiter zu verstärken.

Nachdem Mexiko verschiedene politische Maßnahmen erfolgreich getestet hat, muss das Land diese nun in großem Stil einführen. Es geht darum, dass fossile Geschäftsmodelle nicht länger gegenüber solchen im Vorteil sind, die zu einer klimafreundlichen Entwicklung beitragen.

Dazu ist auch gesellschaftliches und politisches Engagement nötig – was bisher zu wenig sichtbar ist und viel stärker gefördert werden muss. Hier wird Mexiko für die Anpassung seines Klimaziels für 2020 vor allem sein sehr erfolgreicher Einsatz von sauberer Energie im Stromsektor zugute kommen. Zu dieser Prüfung und Nachbesserung ihrer Klimaziele für 2020 hat sich die Staatengemeinschaft im Paris-Abkommen bekannt.

Energiemarkt wird liberalisiert 

Erste wichtige Etappen sind bereits erreicht. Im Jahr 2015 hat Mexiko die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Durchführung von Energieauktionen geschaffen. Gleich bei den ersten beiden Auktionsrunden konnten Projektverträge zu Niedrigstpreisen für Wind- und Solarprojekte abgeschlossen werden.

In den nächsten Jahren wird der Anteil der Erneuerbaren am Stromsektor voraussichtlich jährlich um mehr als 1,5 Prozentpunkte zunehmen. Um diese Wachstumsrate aufrechtzuerhalten und zu steigern, muss allerdings der Anteil von Erdgas an der Stromerzeugung reduziert werden. Das stellt derzeit noch geplante Investitionen in die Erdgasinfrastruktur in Frage.

Des Weiteren ist Mexiko gerade dabei, die Preise für fossile Energieträger zu liberalisieren. Das soll dazu beitragen, die Subventionen für Kohle, Öl und Gas zu verringern. Ergänzt wird diese sehr begrüßenswerte Entscheidung durch eine CO2-Steuer.

Die Steuer ist bereits eingeführt, ihre Wirkung aber ist noch zu gering. Flüssige fossile Brennstoffe werden mit umgerechnet etwa einem halben US-Cent pro Liter besteuert. Für Kohle und Schweröl gilt nur ein Viertel des Steuersatzes. Erdgas ist noch immer von der CO2-Steuer ausgenommen.

Politische Reformen bringen noch nicht den Durchbruch

Obwohl Mexiko wichtige politische Innovationen vorantreibt, haben diese noch keine ökonomische Veränderungswirkung entfaltet. Dafür braucht es einen breiteren Ansatz.

Vorbildlich ist hier das gemeinsame Positionspapier zur nachhaltigen Energietransformation, das von den G20-Begleitgruppen Wirtschaft (B20), Forschung (T20) und Zivilgesellschaft (C20) an die Arbeitsgruppe für Nachhaltigkeit überreicht wurde. Dort hat Mexiko zurzeit den Ko-Vorsitz inne.

In dem Papier betonen die drei Gruppen die Bedeutung des Paris-Abkommens und die Wichtigkeit einer Bepreisung von Kohlendioxid. Außerdem rufen sie dazu auf, den Empfehlungen der Arbeitsgruppe zur Transparenz finanzieller Klimarisiken TCFD zu folgen. Diese Empfehlungen spiegeln die Perspektive von Finanzmärkten und Unternehmen wider und machen die Kluft deutlich, die sich zwischen der derzeitigen Politik und den Anforderungen an eine kohlenstoffarme Weltwirtschaft auftut.

Den mexikanischen Akteuren, vor allem den staatlichen Energiekonzernen Pemex und CFE, könnte die Einhaltung dieser Empfehlungen helfen, die Risiken besser einzuschätzen, die der Wirtschaft bei einer verschleppten Energiewende entstehen.

Was bedeutet das? Die anderen G20-Staaten sollten anerkennen, dass Mexiko erfolgreich erste klimapolitische Maßnahmen ergriffen hat, dabei aber noch zeigen muss, wie die Transformation langfristig gestaltet werden soll. Vor allem nach dem Rückzug der USA aus dem Paris-Abkommen müssen jetzt die übrigen großen Volkswirtschaften sowie internationale Unternehmen und zivilgesellschaftliche Netzwerke Mexikos diejenigen im Land unterstützen, die sich für eine anspruchsvollere nationale Klimapolitik und die Förderung von dezentralen, lokalen Initiativen einsetzen.

  

José Maria Valenzuela forscht zu internationaler Klimapolitik und Klimadiplomatie an der University of Chicago. Zuvor arbeitete er unter anderem für den WWF und das mexikanische Energieministerium.

Elena Pierard ist Masterstudentin im Bereich Umweltpolitik an der University of Oxford. Zuvor war sie unter anderem für das mexikanische Energieministerium und das Umweltministerium tätig.


- Mit finanzieller Unterstützung der Stiftung Mercator. Für den Inhalt tragen die Autoren und Germanwatch die Verantwortung. -

- Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.klimaretter.info -

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