G20 kann Südafrika erneuerbar machen
Südafrika ist das einzige afrikanische Land in der G20. Die schwächelnde energieintensive Wirtschaft, eine alternde kohlebasierte Infrastruktur und die hohe Einkommensungleichheit stellen das Land vor enorme Herausforderungen. Um ihnen zu begegnen, muss Südafrika seine Entwicklungsstrategie ändern. Starke politische Signale der G20 können helfen, das Beharren auf fossilen Energieträgern aufzubrechen.
Südafrika gehört zu den Nationen mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf dem afrikanischen Kontinent. Gleichzeitig weist es das niedrigste BIP und die höchste Einkommensungleichheit in der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer G20 auf. Das Land hat zudem im G20-Vergleich den klimaschädlichsten Stromsektor. 80 Prozent seiner Treibhausgasemissionen gehen auf die Energiewirtschaft zurück. Südafrikas Klimapolitik ist deshalb stark mit der Transformation des Energiesektors verbunden – besonders bei der Kohle, die mehr als 90 Prozent der Elektrizität produziert.
Das Land braucht eine abgestimmte Entwicklungsstrategie, die die wachsende Energienachfrage aus nachhaltigen Quellen deckt, um damit Energiezugang für alle zu garantieren und die Ungleichheitsspirale aufzubrechen. Eine solche Strategie ist auch für die Anpassung an den Klimawandel unerlässlich.
Solar- und Windstrom sind billiger als Strom aus Kohle
Die Ratifizierung des Klimaabkommens von Paris im November 2016 führte in Südafrika zu einer intensiven Diskussion über den national festgelegten Klimaschutz-Beitrag (Nationally Determined Contribution, NDC) und seine Realisierungschancen. Die Emissionen sollen sich zwischen 2025 und 2030 auf 398 bis 614 Megatonnen CO2-Äquivalent einpendeln. Nichtregierungsorganisationen bewerten dieses Ziel unterschiedlich: Einerseits sei es angesichts der momentanen Energiepolitik unrealistisch – andererseits aber nicht ehrgeizig genug, da das Ziel um 20 bis 80 Prozent höhere Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 bedeute.
Um den Anteil der Erneuerbaren im Energiemix zu steigern, hat Südafrika das "Renewable Energy Independent Power Producer Procurement Programme" (REIPPPP) eingeführt. Das REIPPPP war ein Erfolg: Durch das wettbewerbsbasierte Bieterverfahren sanken die Kosten für Wind- und Solarenergie unter die Kosten der Stromerzeugung aus Kohle. Dennoch muss es weiter ausgebaut werden. Der Erneuerbaren-Anteil ist mit einem Prozent des Angebots an Primärenergie noch immer sehr niedrig.
Erdgas und Atomstrom sollen Energienachfrage decken
Als unterstützende politische Maßnahme soll in diesem Jahr die lang erwartete CO2-Steuer dem Parlament zur Entscheidung vorgelegt werden. Hier könnte die G20 mit einem Bekenntnis zur CO2-Bepreisung ein starkes Signal setzen, um der Steuer in Südafrika endlich zum Durchbruch zu verhelfen.
An der neuen Energiestrategie des Landes, die noch im Beratungsprozess ist, kritisieren die Zivilgesellschaft und Energieexperten, dass der vorgeschlagene Energiemix nicht genug erneuerbare Energien vorsieht (45 Prozent des Gesamtmixes 2050, davon nur 14 Prozent Solarenergie). Während Kohle auf zwölf Prozent der Gesamtkapazität zurückgefahren werden soll, soll die wachsende Energienachfrage durch Erdgas und Atomkraft gedeckt werden. Als zentralisierte Technologie ist die Nuklearenergie jedoch nicht geeignet, die Probleme beim Energiezugang zu lösen. Außerdem ist sie nicht nachhaltig und teurer als Solar- und Windenergie.
Zudem erhöhen Investitionen in wasserintensive Kohle- und Nuklearkraftwerke Südafrikas Klimawandelverletzlichkeit. Da das Land schon heute stark von Dürren betroffen ist, muss die Energiepolitik dringend mit Anpassungsstrategien gegen Wasserknappheit in Einklang gebracht werden.
Emissionen haben sich vom Wirtschaftswachstum entkoppelt
Mit der Africa Renewable Energy Initiative (AREI) und Projekten für den Zugang zu erneuerbaren Energien unter afrikanischer Führung lassen sich viele der komplexen Probleme des afrikanischen Kontinents anpacken. Mit abgestimmten Energie- und Anpassungsstrategien kann Südafrika Vorbild für nachhaltige Entwicklung werden und eine führende Rolle in Institutionen wie der Afrikanischen Union und der Afrikanischen Kommission einnehmen.
Die Emissionen Südafrikas haben sich zuletzt vom Wirtschaftswachstum entkoppelt – teilweise wegen geringer Wachstumsraten, teilweise aber auch durch strukturelle Veränderungen. Die Wirtschaft mit dem bestehenden kohlebasierten Kapitalstock umzubauen, ohne in ein nukleares Zeitalter zu verfallen, bleibt eine der größten Herausforderungen.
Neoka Naidoo ist Mitglied der Nichtregierungsorganisation Climate Action Network International und vertritt ihr Heimatland Südafrika in der African Coalition for Sustainble Energy Access (ACSEA). Die Umweltwissenschaftlerin hat in nachhaltiger Entwicklung promoviert.
- Mit finanzieller Unterstützung der Stiftung Mercator. Für den Inhalt tragen die Autorin und Germanwatch die Verantwortung. -
- Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.klimaretter.info -
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