Pressemitteilung | 26.05.2016

Überproduktion von Milch in der EU stürzt Bauern weltweit in die Krise

Die Milchpreiskrise in der EU und weltweit wird vor allem durch die immer weiter wachsende europäische Milcherzeugung verursacht. Um existenzsichernde Preise zu ermöglichen, muss der "Milchgipfel" zu einer Senkung der Produktion führen.
Bild: Pressemitteilung ohne Schriftzug

Berlin/Hamm (26. Mai 2016). Eine wirksame Begrenzung der Milchproduktion durch einen Strategiewechsel fordern Germanwatch und Aktion Agrar von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt vor den Krisentreffen zur Milch am Freitag und Montag. Der starke Produktionsanstieg in Deutschland und Europa sei ausschlaggebend für das massive Überangebot an den Weltmärkten, das zum existenzbedrohenden Preisverfall geführt habe. So ist seit 2011 die Erzeugung in der EU um elf Millionen Tonnen  gestiegen.  Allein in Deutschland stieg die Milchmenge in diesem Zeitraum um 2,8 Millionen Tonnen an. Im Zuge der Abschaffung der Milchquote 2015 erfolgte die Überschussausweitung in besonders großen Schritten. Die globale Nachfrage nach Milch nahm dagegen deutlich weniger zu.

"Die Strategie der deutschen und europäischen Milchwirtschaft, in der Hoffnung auf steigende Exporte immer mehr Milch zu produzieren, ist für die Bauern krachend gescheitert", erläutert Jutta Sundermann von der Kampagnenorganisation Aktion Agrar. "Die niedrigen Preise zwingen in Deutschland und in der EU Tausende Höfe zum Aufgeben." Tobias Reichert von der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch ergänzt: "Neben den Landwirten hierzulande sind auch Viehhalter in Entwicklungs- und Schwellenländern massiv betroffen. Sie sehen sich starker Konkurrenz durch billige Milchimporte ausgesetzt. So werden Möglichkeiten zerstört, durch Milcherzeugung vor Ort Armut zu verringern und regionale Wirtschaftskreisläufe aufzubauen."

Landwirtschaftsminister Schmidt hat mit der Milchindustrie und dem Bauernverband nur die Verantwortlichen für die Entstehung der Krise zu seinem "Milchgipfel" am Montag eingeladen. Er müsste sie nun von einem grundlegenden Strategiewechsel überzeugen. Statt "mehr und billiger" sollte "weniger und besser" Milch erzeugt werden. Als Einstieg müssten Molkereien den Milchbauern Anreize geben, ihre Produktion zu senken. Mittelfristig sollten diese auch begleitet von staatlicher Unterstützung mit einer Strategie verknüpft werden, die eine höhere Wertschöpfung und auskömmliche Erzeugerpreise ermöglicht. Es sollten verstärkt Anreize gesetzt werden, Milch mit speziellen Qualitätsmerkmalen wie lokaler und gentechnikfreier Fütterung, Weide- oder Heumilch  zu erzeugen. Für Verbraucher müssen diese Produkte klar und eindeutig gekennzeichnet und mit Informationskampagnen auf die Sozial-, Umwelt- und Tierschutzvorteile dieser Erzeugnisse hingewiesen werden. Dass Verbraucher Qualitätsmilch honorieren, zeigt die wachsende Nachfrage nach Biomilch zu angemessenen Erzeugerpreisen. Nur so können neue Perspektiven für eine bäuerliche und nachhaltige Milchwirtschaft in der EU und weltweit eröffnet werden.