Pressemitteilung | 29.04.2016

Nach EU-Klage wegen Nitratbelastung: Germanwatch fordert Vorrang für Wasserschutz vor Interessen der Fleischindustrie

Bürger zahlen jedes Jahr über 8 Milliarden Euro für Schäden durch Überdüngung / Germanwatch fordert wirksame Düngeverordnung
Pressemitteilung

Berlin (29. April 2016). Anlässlich der gestern von der EU-Kommission eingereichten Klage gegen Deutschland wegen Wasserverschmutzung mit Nitrat fordert Germanwatch Priorität für den Wasserschutz vor den Interessen der Fleisch- und Milchindustrie. "Die Bundesregierung missachtet seit zehn Jahren die Regeln zum Wasserschutz und hat damit die Schleusen für die industrielle Massentierhaltung geöffnet. Der Nitratverseuchung durch zu viel Gülle muss nun endlich Einhalt geboten werden", sagt Reinhild Benning, Agrarexpertin von Germanwatch. Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation fordert, dass die vollständige Hoftorbilanz - das heißt, die Erfassung sämtlicher Nährstoffein- und -ausgänge - für jeden Betrieb wieder eingeführt wird. Zudem sei eine bundeseinheitliche Gülle-Transportdatenbank notwendig, um Nährstoffströme aus gewerblichen Tierhaltungen aus dem In- und Ausland wirksam zu kontrollieren.

Agrarindustrie und Güllehändler nutzten seit langem Lücken beim gesetzlichen Wasserschutz für eine nicht umweltgerechte Gülleverklappung aus, so Benning. In Nachbarländern wie den Niederlanden, Dänemark und Frankreich gelten hingegen strengere Gesetze für den Wasserschutz. Laut Studien des Bundesumweltministeriums kostet die Überdüngung in Deutschland jährlich zwischen 5 und 15 Euro je Kilogramm Stickstoff-Überdüngung. Damit zahlt die Allgemeinheit bei durchschnittlich 98 Kilogramm Stickstoffüberschuss pro Hektar jedes Jahr mehr als acht Milliarden Euro für die Schäden der Überdüngung. Die Kosten entstehen zum Beispiel dadurch, dass Wasserwerke übermäßig belastete Brunnen stilllegen und neue, tiefere Brunnen für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung anlegen müssen.

Reinhild Benning: "Ein verbessertes Düngerecht würde außer zum Wasserschutz auch zum Klimaschutz beitragen. Die Emissionen von Treibhausgasen aus der Landwirtschaft würden dadurch verringert."