KlimaKompakt Spezial

Header KlimaKompakt Spezial

Am Klimaschutz scheiden sich die Geister

Die Klimaschutz-Position der Fraktionen

GERMANWATCH hatte die Spitzenkandidaten der Bundestagsparteien sowie deren umweltpolitische Sprecherinnen und Sprecher aufgefordert, bis zum 10. September ihre Position in der zukünftigen Klima- und Energiepolitik Deutschlands darzulegen. Das Büro des umweltpolitischen Sprechers der CDU/CSU Fraktion, Dr. Klaus W. Lippold, hatte auf Nachfrage eine Stellungnahme angekündigt, sie aber - trotz Fristverlängerung - nicht eingereicht. Alle anderen Fraktionen haben termingerecht reagiert. Insbesondere hatte GERMANWATCH gefragt, wie die Parteien zu zwei zentralen Zielen stehen.

Erstens: Wie stehen Sie zu dem Ziel, die deutschen CO2-Emissionen (auf der Basis von 1990) bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent zu reduzieren?

Die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Ulrike Mehl, die "auch im Namen der SPD-Bundestagsfraktion" antwortete, schrieb: "Wir stimmen mit Ihnen überein, bis 2020 eine Verringerung des deutschen CO2-Ausstoßes um 40 Prozent zu erreichen". Von der CDU/CSU gab es jetzt keine Reaktion, aber Spitzenkandidat Stoiber hatte kürzlich in einem Gespräch mit den Umweltverbänden die Forderung eines 40%-Reduktionszieles bis 2020 "als irreal und technisch nicht machbar" bezeichnet. Im Gegensatz dazu stellte sich Reinhard Loske, der umwelt- und bildungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen "auch im Namen Joschka Fischers" hinter das von der Klimawissenschaft vorgeschlagene Ziel: "Wir werden dafür eintreten, dass Deutschland sich verpflichtet, seine CO2-Emissionen von 40 Prozent bis zum Jahre 2020 (im Vergleich zu 1990) zu reduzieren." Die umweltpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Birgit Homburger bestätigte lediglich das von allen Fraktionen unterstützte 25%-CO2-Reduktionsziel für 2005 und äußerte sich nicht zu dem 40%-Ziel für 2020. Für die PDS antwortete die Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter, dass die PDS das Ziel unterstütze, "die Treibhausgase bis 2020 um 40" Prozent zu reduzieren.

Die zweite Forderung von GERMANWATCH ist das Ziel, bis zum Jahr 2015 25 Prozent der deutschen Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energieträgern zu erzeugen.

Die SPD legt sich nicht auf das von GERMANWATCH genannte Ziel fest. Immerhin schreibt Ulrike Mehl: "Der Anteil der erneuerbaren Energien wurde in den letzten vier Jahren von 4,6 Prozent auf 7,1 Prozent erhöht, bis 2010 wollen wir diesen Anteil auf mindestens 12 Prozent erhöhen." Außerdem unterstütze die SPD die Zielvorgabe der Europäischen Union, bis etwa 2050 die Hälfte unseres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu speisen. Noch ehrgeiziger ist die Zielsetzung der Grünen. "Das erfolgreiche Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) werden wir weiter entwickeln. Unser Ziel ist es, den Anteil der Erneuerbaren Energien bereits bis 2006 zu verdoppeln." Loske erwähnt u.a. die Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich, die notwendigen Weichenstellungen für die ersten Offshore-Windparks, Impulse für Treibstoffe aus Biomasse und eine Exportoffensive für Erneuerbare Energien." Auch die PDS legt sich auf deutliche Wachstumsziele für die Erneuerbaren Energieträger fest. "Bis zum Jahr 2010 ist der Anteil regenerativer Energien gegenüber heute zu verdoppeln, bis zum Jahr 2050 könnte die Stromproduktion vollständig auf der Basis erneuerbarer Energien umgestellt werden. Ihre Forderung, bis 2015 einen Anteil von 15 Prozent an der Stromversorgung zu realisieren, würde sich dort einordnen." Die FDP hingegen geht auf die Forderung nach einem Wachstumsziel für Erneuerbare Energieträger gar nicht ein. Das für den Boom der Erneuerbaren Energieträger in Deutschland verantwortliche EEG hält sie für den falschen Weg der Förderung. Die FDP will stattdessen Erneuerbare Energien durch Ausschreibungswettbewerbe fördern, ergänzt um ein "marktlich organisiertes Handelsmodell". Im deutlichen Kontrast zu den anderen sich äußernden Fraktionen setzt sie ausdrücklich auf die Option Kernkraft. "Auch über die Betriebszeit der heutigen Kernkraftwerke hinaus brauchen wir diese Option der Stromerzeugung", schreibt Frau Homburger.

Christoph Bals, Leiter der Klimaschutz-Abteilung beim parteineutralen GERMANWATCH, kommentiert: "Es ist erstaunlich, welch breite Kluft sich bezüglich Klimaschutz und Erneuerbaren Energien zwischen den rot-grünen Regierungsparteien und den schwarz-gelben Oppositionsparteien auftut. Anders als die Regierungsparteien, bekennen sich weder die FDP noch die CDU/CSU zu dem notwendigen Klimaschutzziel für 2020. Sie rücken damit von den eigenen, in den Klima-Enquete-Kommissionen im Konsens für notwendig erklärten Zielen ab. Und dies, obwohl sie - die FDP lässt daran keinen Zweifel - auf die Option Kernenergie setzen. Auch im Bereich der Erneuerbaren Energieträger verweigern sie, anders als die Regierungsparteien, sich zu klaren Wachstumszielen zu bekennen. Statt dessen will die FDP ausdrücklich den Kernenergie-Ausstieg rückgängig machen. Ein Armutszeugnis für die CDU/CSU ist es, dass diese nicht einmal in der Lage ist, ihre klimapolitischen Ziele der Öffentlichkeit zur Prüfung vorzulegen.

Den genauen Wortlaut des Schreibens an die Parteien sowie deren Antworten finden Sie hier
 

Redaktion:
Germanwatch e.V.
C. Bals, Dr. M. Treber (V.i.S.d.P.), G. Kier

Dieses Projekt wird finanziell vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt gefördert.
Die Förderer übernehmen keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen der Förderer übereinstimmen.