Von Klimagipfeln und ihren Resultaten - 30 Jahre Engagement in der internationalen Klimapolitik
Von Anfang an dabei: Dr. Manfred Treber, Klaus Milke und Christoph Bals (v.l.n.r.) auf der COP1 in Berlin 1995
Germanwatch hatte bereits sehr früh erkannt, dass der Klimawandel zu einer globalen Krise mit weitreichenden Konsequenzen heranwachsen könnte, in deren Bekämpfung Deutschland seiner globalen Verantwortung gerecht werden muss. Als die erste Konferenz der Vertragsstaaten (Conference of the Parties, COP) der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) 1995 in Berlin tagte, nahm Germanwatch selbstverständlich daran teil. Ziel war damals die Unterstützung von konstruktiven Unternehmensvertreter*innen, die bereit waren, sich in den Verhandlungen der Öllobby entgegen zu stellen
Seitdem haben sich das Aktionsspektrum, der Wirkungsbereich und die COP-Delegation von Germanwatch stark ausgeweitet. Aber tatsächlich haben wir drei Personen in unserem Team, die seit der ersten COP konsequent an allen Konferenzen teilgenommen haben: Ehrenvorsitzender Klaus Milke, Politischer Geschäftsführer Christoph Bals und Verkehrsreferent Dr. Manfred Treber. Alle Germanwatch-Neulinge, die seitdem dazu gestoßen sind, profitieren von der langjährigen COP-Expertise und dem breiten Netzwerk. Dazu gehört zum Beispiel auch das Climate Action Network (CAN), das die drei Germanwatch-Pioniere maßgeblich mitaufgebaut haben.
Aber fangen wir von vorne an mit unserem Rückblick auf die globalen Entwicklungen der internationalen Klimapolitik und auf ausgewählte Germanwatch-Akzente.
Das erste internationale Klimaschutzabkommen: Das Kyoto-Protokoll
Wie Sitzungsleiter Raúl Estrada-Oyuela die COP3 1997 mit nächtelangen Verhandlungen zum Erfolg des ersten internationalen Klimaschutzabkommens, dem Kyoto-Protokoll, führte, ist in Manfred Trebers Blog „Verhandlungskrimi in Kyoto“ nachzulesen. Doch das Kyoto- Protokoll trat mit seinen Verpflichtungen zur Emissionsreduktion für Industrieländer längst nicht umgehend in Kraft! Nach dem Scheitern der COP6 in Den Haag (2000) und der Ankündigung der damaligen Bush-Regierung, das Kyoto-Protokoll nicht zu ratifizieren, starteten Germanwatch, der WWF und der Unternehmerverband e5 eine Initiative mit über 250 Unternehmen, die massiv darauf drängten, dass Kyoto rechtskräftig wird. Ein Signal, das bei der Politik deutlich und erfolgreich ankam! Auf der Abschlusskonferenz der Unternehmensinitiative „e-mission 55“ zur Ratifizierung des Kyoto-Protokolls gratulierte die damalige EU-Umweltkommissarin Margot Wallström der Kampagne zu ihrem Erfolg. Das Kyoto-Protokoll wäre ohne diese Initiative womöglich nicht am 16. Februar 2005 in Kraft getreten, nachdem Russland endlich seinen Beitritt erklärt hatte.
Von Klimaschutz zu Resilienz: Die Agenda der internationalen Klimapolitik wird erweitert
Bald wurde deutlich, dass sich erstens die Klimakrise nicht abwenden lässt, wenn nicht alle Staaten zum Klimaschutz beitragen, und dass zweitens auch Lösungen für Anpassung an die Folgen des Klimawandels in einem globalen Abkommen bedacht werden mussten. Um die mühsame Entscheidung der Länder zu beschleunigen, ob man in den Verhandlungen um ein neues umfassendes und globales Klimaabkommen gehen sollte, veröffentlichte Germanwatch 2005 erstmals den Climate Change Performance Index und 2006 den Globalen Klima-Risiko-Index. Beide erscheinen seitdem jährlich und tragen medienwirksam zur Transparenz im Klimaschutz und zur Sensibilisierung für Auswirkungen von Wetterextremen bei, von denen vor allem die Länder des Globalen Südens betroffen sind.
Doch bei der COP15 in Kopenhagen 2009 schien die Zeit für eine politische Einigung auf ein umfangreiches Abkommen noch nicht reif. Germanwatch war über das Scheitern des Klimagipfels zutiefst bestürzt! Immerhin wurde der Aufwuchs der internationalen Klimafinanzierung von 100 Mrd. US-Dollar jährlich bis 2020 durch die Industrieländer beschlossen. Diesen hat Germanwatch seitdem akribisch verfolgt und fordert einen Prozess für ein neues Ziel ab 2025 und die Zwischenzeit ein.
Der historische klimapolitische Erfolg: Das Pariser Klimaabkommen
Der große politische Durchbruch zum umfassenden und verbindlichen globalen Klimaabkommen gelang erst 2015 mit der COP21 in Paris. Eine der vielen Stellschrauben für diesen Erfolg – und zwar eine von mehreren, an der Germanwatch mit gedreht hat – ist die Integration der Betrachtung von klimabedingten Schäden und Verlusten in das Paris-Abkommen. Diese wichtige Ergänzung, ist ein ganz wesentlicher Bestandteil des Pariser Klimaabkommens zum Schutz derjenigen, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind.
Zwar ist das Pariser Klimaabkommen nicht ohne Lücken und Haken, doch stellt die Einigung von knapp 200 Vertragsstaaten auf ein verbindliches, umfassendes und global gültiges Klimaabkommen einen historischen klimapolitischen Erfolg dar, den auch das Germanwatch-Team am Abend des 12. Dezember 2015 gebührend feierte!
Die Arbeit ist noch nicht getan: Paris-Abkommen ausverhandeln und umsetzen
Seit dem Hammerfall von Paris geht es weltweit und so auch bei Germanwatch vermehrt um die Umsetzung der drei Paris-Ziele zu Klimaschutz, Resilienzaufbau und dem entsprechenden Umleiten der globalen Finanzflüsse. Dazu haben wir uns bei Germanwatch neue Ansätze wie zum Beispiel die Multi-Akteurs-Partnerschaften angeeignet und sehen zunehmende Bedeutung in bilateralen Paris-Partnerschaften. Der Arbeitsschwerpunkt zu nachhaltigen Finanzflüssen, die Klimaschutz und Resilienzaufbau unterstützen, wurde etabliert.
Doch die UNFCCC-Verhandlungen bilden weiter einen Schwer-punkt unserer Arbeit. Schließlich ist noch nicht ausverhandelt, wie die bitter nötige Finanzierung für Schäden und Verluste gestemmt werden kann oder internationale Marktmechanismen funktionieren könnten. Und auch die 5-jährige globale Bestandsaufnahme zu den Bemühungen zur Umsetzung des Paris-Abkommens oder der wissenschaftlich geprägte regelmäßige Review der Angemessenheit der Paris-Ziele wollen beobachtet und mitgestaltet werden. Hinzu kommt die Wissenschaft mit immer neuen Erkenntnissen, die wachsam verfolgt werden sollten, oder neue Ansätze und neue Technologien, die nachhaltig etabliert werden wollen.
Dieser Beitrag erschien in ähnlicher Form im Mitglieder-Magazin EINBLICK 1|2021.
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