Berlin (16. April 2019). Eine heute in Berlin vorgestellte Untersuchung von Hähnchenfleischproben aus großen Discountern im Auftrag der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Germanwatch hat alarmierende Befunde zutage gefördert: Von 59 Portionen Hähnchenfleisch - gekauft bei Lidl, Netto, Real, Aldi (Nord und Süd) sowie Penny - ist mehr als jede zweite Probe (56 Prozent) mit Antibiotika-resistenten Erregern belastet. Jede fünfte Probe weist sogar mehrere verschiedene Resistenzen auf.
Antibiotika
Lebensmittel aus Deutschland sind angeblich unter besonders hohen Standards hergestellt. Das ist falsch. Mit Blick auf Tierschutz und die Regeln zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen fällt die Bundesregierung teils weit hinter die EU-Nachbarländer zurück. So werden hierzulande im Schnitt 89 Milligramm Antibiotika je Kilo Fleisch verbraucht, während Schweden mit 12 Milligramm ebenfalls ein Kilogramm Fleisch in deutlich tierfreundlicheren Haltungen erzeugen kann.
Antibiotika in der Massentierhaltung - das sollte nach jahrelangen Bemühungen der Bundesregierung kein Anlass mehr für Sorge sein. Ist es aber leider, wie die Untersuchung von Germanwatch zeigt: Mehr als jedes zweite Hähnchen im Discounter ist kontaminiert mit antibiotikaresistenten Erregern. Jede dritte Hähnchenfleischprobe wies im Labor sogar Belastungen mit speziellen Resistenzen gegen Reserveantibiotika auf.
Brandenburgs größte Schweinemastanlage im Vetschauer Ortsteil Tornitz sorgt seit Jahren für Diskussionen – unter anderem wegen Tierschutzverstößen und verseuchtem Grundwasser rund um die Anlage. Seitdem die Zahl der Tierplätze von 51.000 auf 67.330 erhöht werden soll, sind vor Ort neue Sorgen hinzugekommen, etwa zur Schweinepest und antibiotikaresistenten Keimen.
Vor dem Start der Weltgesundheitskonferenz (World Health Summit) morgen in Berlin weist Germanwatch auf eklatante Widersprüche in der Politik der Bundesregierung bei Antibiotikaresistenzen hin. "Auf der einen Seite setzt sich die Bundesregierung für dringend nötige globale Initiativen gegen Antibiotikaresistenzen ein", sagt Reinhild Benning, Agrarexpertin bei Germanwatch. "Auf der anderen Seite aber tragen in Deutschland ein hoher Antibiotikaverbrauch und zugleich sehr schwache Regeln bei Antibiotika im Stall sowie die Fixierung auf Agrarexporte dazu bei, dass sich Antibiotikaresistenzen verbreiten; mit kontaminierten Fleischexporten sogar weltweit. Laut staatlichen Untersuchungen ist jede zweite Hähnchenfleischprobe in Deutschland mit antibiotikaresistenten Erregern kontaminiert und ein hoher Schweinefleischverzehr zählt zu den Risikofaktoren für Menschen, sich multiresistente Erreger (ESBL) einzufangen", so Benning.
Vor dem Start der Weltgesundheitskonferenz (World Health Summit) am 14. Oktober 2018 in Berlin weist die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch in einem Hintergrundpapier auf eklatante Widersprüche der Politik der Bundesregierung bei Antibiotikaresistenzen hin. Auf der einen Seite setzt sich die Bundesregierung für dringend nötige globale Initiativen gegen Antibiotikaresistenzen ein.
Ihr Institut für Landwirtschafts- und Handelspolitik hat kürzlich die Studie „Emission Impossible“ zur Klimarelevanz der Fleischund Molkereiindustrie herausgegeben. Wie ist sie im Vergleich zu anderen Industrien einzuordnen?
„Kein Hunger”, so lautet die Kurzfassung des zweiten der siebzehn im Jahr 2015 international beschlossenen, globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs). In Deutschland muss kaum jemand hungern – ist damit für uns das Ziel schon erreicht? Nein, denn SDG 2 hat wie auch die anderen Ziele mehrere Dimensionen, bei denen es nicht nur um Hunger, sondern auch um gute Ernährung und nachhaltige Landwirtschaft geht. Hier hat Deutschland besonders großen Nachholbedarf. Die Statistikkommission der Vereinten Nationen schlägt für SDG 2 insgesamt 14 Indikatoren vor.