Gabriel versteigt sich zu billigem Kohle-Populismus
Bonn/Berlin (11. Nov. 2014). Mit harter Kritik reagiert Germanwatch auf die jüngsten Äußerungen von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel zur deutschen Kohleverstromung. In einem Positionspapier erklärte Gabriel laut Medienberichten: "Man kann nicht zeitgleich aus der Atomenergie und der Kohleverstromung aussteigen." Wer das wolle, sorge für explodierende Stromkosten, Versorgungsunsicherheit und die Abwanderung großer Teile der Industrie.
Dazu erklärt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: „Sigmar Gabriel setzt auf billigen Kohle-Populismus. Er baut mit seinen Vorwürfen gegen Kohlekritiker einen Scheingegner auf. Kein relevanter Akteur im Land fordert den sofortigen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Worum es geht, ist der Einstieg in den Ausstieg." Bals weiter: "Gabriel gibt dem Druck der IG Bergbau, Chemie, Energie nach und versteckt hinter seinen leeren Vorwürfen Mutlosigkeit beim Verfolgen der Klimaschutzziele. Die IG BCE schützt einseitig die Kohlekumpel und nimmt gleichzeitig den Verlust von Arbeitsplätzen in Gaskraftwerken in Kauf."
Bals bezeichnet es als eine Banalität, dass der dynamische Übergang in ein erneuerbares Energiesystem durchaus auf absehbare Zeit auch noch ergänzende fossile Kapazitäten benötige. "Die Tatsache, dass beim Umbau des Energiesystems noch eine Weile ergänzende fossile Kapazitäten benötigt werden bedeutet nicht, dass bei der Kohle alles beim Alten bleiben kann." Worum es jetzt gehe: Überkapazitäten müssen abgebaut, brandneue Gaskraftwerke, die ungenutzt herumstehen, müssen wieder rentabel gemacht und Kohlestrom der ältesten, schmutzigsten und längst abgeschriebenen Kohlekraftwerke müsse aus dem Markt gedrängt werden. Dafür sei ein klima- und wirtschaftspolitisch ausgewogener Energiemix mit immer weniger Kohle notwendig.
Gabriel verstecke seine mangelnde Ambition beim Klimaschutz zudem hinter der Sorge um den Europäischen Emissionshandel. Durch ausbleibende Reformen sei dieser jedoch derzeit wirkungslos. Die Gefahrenabwehr gebiete deshalb, dass ergänzende Maßnahmen zum Einsatz kommen. Christoph Bals: "Ohne eine zügige Verringerung des Kohlestroms kippt das deutsche Klimaziel von 40 Prozent CO2-Reduktion bis 2020. Denn selbst wenn eine Strukturreform des EU-Emissionshandels gelingt, wird es bis 2020 keine ausreichenden Anreize für die Reduktion der Kohleverstromung geben." Mindestens 50 Millionen Tonnen CO2 muss der Kraftwerkssektor bis 2020 einsparen, damit Deutschland sein Ziel erreichen kann. Bals warnt: "Die nationale und internationale Glaubwürdigkeit bei Energiewende und Klimaschutz steht auf dem Spiel."
Instrumente wie die geplante Marktstabilitätsreserve im Emissionshandel können die reine Verschiebung von Emissionen innerhalb der EU verhindern und so dafür sorgen, dass nationale Maßnahmen zu mehr europäischem Klimaschutz führen.
Germanwatch fordert den Minister auf, anstelle von populistischen Unterstellungen einen Plan vorzulegen, der das Erreichen der Ziele im Klimaschutz, die energiewirtschaftlichen Herausforderungen und die Unterstützung der Betroffenen in der Kohlebranche zusammenbringt.