Emissionshandelskonflikt um Einbezug des Flugverkehrs
Berlin, 14.09.2012: Die Kritik der vier Wirtschaftsminister der sogenannten "Airbus-Staaten" Frankreich, Spanien, Großbritannien und Deutschland am Einbezug des Flugverkehrs in den Europäischen Emissionshandel sorgte kürzlich für Irritationen, insbesondere weil der Vorstoß nicht mit den jeweiligen Umweltministern abgesprochen war. Inzwischen haben sich sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung dazu bekannt, am Emissionshandel für die Luftfahrtindustrie festzuhalten.
"Wir begrüßen dieses klare Bekenntnis aus Brüssel und Berlin, am Emissionshandel trotz Widerständen nicht rütteln zu wollen", sagt Anja Esch, Teamleiterin bei Germanwatch. "Schließlich ist der Flugverkehr nur deshalb in den europäischen Emissionshandel integriert worden, weil auf internationaler Ebene trotz 15-jähriger Verhandlungen keine Einigung erzielt werden konnte. Insofern ist die europäische Maßnahme eine wichtige Errungenschaft, um die Emissionen im Flugverkehr zunächst ausgehend von einer Region zu reduzieren. Sie ist aus unserer Sicht nicht mehr verhandelbar, solange es kein zumindest gleichwertiges internationales Abkommen gibt." Immerhin habe diese Maßnahme das Potential, 60 Prozent aller weltweiten Emissionen aus dem Flugverkehr abzudecken. Da nicht nur Flüge innerhalb der EU adressiert werden, sondern auch alle internationalen Flüge, die in der EU starten oder landen, sind eben auch Nicht-EU-Staaten wie USA, Indien und China betroffen, die dies heftig kritisieren.
"Es ist sicher wichtig, die Bedenken von Nicht-EU-Staaten ernst zu nehmen, und nach tragfähigen Lösungen zu suchen. Dies gilt insbesondere für die betroffenen Entwicklungs- und Schwellenländer", so Esch. Ein Teil der Lösung könne sein, dass diese Staaten eigene vergleichbare Maßnahmen einleiten, um die Emissionen aus der Luftfahrt zu reduzieren. Dann würden sie vom EU-Emissionshandel ausgenommen. Von Seiten der EU-Mitgliedsstaaten könne zudem sichergestellt werden, dass die erzielten Einnahmen aus dem Einbezug des Flugverkehrs in den Emissionshandel einen Beitrag zur Klimafinanzierung leisten. Die Einnahmen aus Entwicklungs- und Schwellenländern allerdings sollten wieder zurückfließen und dort (oder in besonders verletzlichen Staaten) möglichst für klimarelevante Projekte genutzt werden.
"Allem voran muss sich die EU jetzt massiv dafür einsetzen, dass eine globale Lösung in der zuständigen UN-Sonderorganisation für Zivilluftfahrt erzielt wird. Die Voraussetzungen dafür sind derzeit so günstig wie nie, da der europäische Vorstoß für Dynamik sorgt", so Esch. "Im Oktober treffen sich Vertreter der Mitgliedsstaaten der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation in Montreal, um darüber zu verhandeln, wie der enorme globale Emissionsanstieg der Luftfahrtindustrie wirksam eingedämmt werden kann. Selbst wenn es später zu einem Ergebnis kommt, ist allerdings offen, ob diese globale Maßnahme genauso wirksam wäre, wie der derzeitige europäische Ansatz."
Der Einbezug des Flugverkehrs in ein Emissionshandelssystem habe den Vorteil, dass er ein Instrument darstelle, nicht nur um Emissionen zu reduzieren, sondern auch um Einnahmen zu generieren, die zumindest in Deutschland für die Klimafinanzierung genutzt werden. Das Instrument erzeugt also einen doppelten Klimanutzen. Sollte bald eine globale Lösung dieser Art erzielt werden, so könnte der europäische Ansatz darin integriert werden.
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
- Anja Esch, Teamleiterin Finanzierung für Klima und Entwicklung/Ernährung, Mobil 0178 79 05402, esch@germanwatch.org