Meldung | 09.05.2012

Diskussion auf EU-Ebene um Ausbau der europaweiten Stromnetze

Verordnungsvorschlag über den Ausbau der transeuropäischen Energieinfrastrukturen wird derzeit in Brüssel verhandelt
100Prozent_Smartgrid

Vorschlag der Europäischen Kommission

Die Europäische Kommission hat im vergangenen Oktober einen Verordnungsvorschlag zum Ausbau der europäischen Energieinfrastrukturen vorgelegt. Mit diesem Vorschlag will sie einen rechtlichen Rahmen für den Ausbau transeuropäischer Energieinfrastrukturen (Strom-, Gas-, Öl- und CO2-Netze) schaffen, der in allen EU-Mitgliedstaaten rechtlich verbindlich ist. Die Kommission schlägt insgesamt 12 vorrangige Energieinfrastrukturkorridore vor. In diesen regionalen oder thematischen Schwerpunktgebieten (z.B. Offshore-Netz in der Nordsee; Nord-Süd-Stromleitungen in Westeuropa; Smart Grids; etc.) will sie wiederum einzelne prioritäre Energieinfrastrukturprojekte ausgewählen. Für diese Projekte würden, wenn der Vorschlag der Kommission angenommen wird, europaweit einheitliche Regeln für die Genehmigungsverfahren gelten. Mit ihrem Vorschlag will die Kommission die Genehmigungsverfahren für die ausgewählten Projekte beschleunigen, die Zuständigkeiten in jedem Mitgliedstaat für diese Projekte bündeln und die Transparenz der Entscheidungsfindung erhöhen. Gleichzeitig schlägt sie vor, dass sich diese Projekte unter bestimmten Bedingungen auch für eine EU-Finanzierung bewerben könnten.

Der Verordnungsvorschlag der Kommission befindet sich derzeit im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren der EU. In den Beratungen müssen sich das Europäische Parlament und der EU-Ministerrat auf einen gemeinsamen endgültigen Text einigen. Bisher hat der Berichterstatter des Europäischen Parlaments, der Portugiese Antonio Correia de Campos, einen Entwurf für die Position des Europäischen Parlaments vorgelegt. Darüber sollen die Abgeordneten im federführenden Industrieausschuss Ende Juni abstimmen. Eine endgültige Einigung ist für Ende 2012 oder Anfang 2013 vorgesehen. Der Text der Verordnung wäre dann auch in Deutschland gültig.

Bewertung von Germanwatch

Germanwatch begrüßt grundsätzlich den Vorschlag der Europäischen Kommission, da der Aus- und Umbau der Energienetze in Europa für eine europäische Energiewende hin zu 100% Erneuerbaren Energien bis 2050 notwendig ist. Erfahrungen in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten haben gezeigt, dass eine Vereinfachung der Verfahren Hand in Hand mit mehr Beteiligung und Transparenz gehen muss, sonst kann man kein Verständnis der vom Netzausbau betroffenen Bevölkerung erwarten. Diese Beteiligung muss so früh wie möglich im Entscheidungsprozess ansetzen, also bereits im Stadium der Bedarfsplanung. In Deutschland wurde im Zusammenhang mit der Energiewende ein neuer rechtlicher Rahmen geschaffen, der vorsieht, die Öffentlichkeit sowohl bereits bei den zugrunde liegenden Energieszenarien als auch beim nationalen Netzentwicklungsplan zu beteiligen. Diese frühe Beteiligung sollte auch für künftige Projekte auf europäischer Ebene gelten. Hier ist der Kommissionsvorschlag dringend nachzubessern. Neben einer Stärkung der Beteiligung und Transparenz setzt sich Germanwatch dafür ein, dass die langfristigen Erneuerbaren Energie- und Klimaziele der EU als Richtschnur für die Auswahl der Energieinfrastrukturprojekte dienen. Ein K.O.-Kriterium sollte sein, wenn diese nicht umfassenden Nachhaltigkeitskriterien entsprechen.

 

(Meldung vom 9. Mai 2012)