Pressemitteilung | 13.03.1997

Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs umsetzen für mehr Zukunftsfähigkeit im Verkehr.


Presseerklärung
 

Bonn, 13.3.1997. Nach dem ersten Jahr der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs zog der GERMANWATCH-Verkehrsreferent Dr. Manfred Treber Bilanz und gab einen Überblick über Risiken als auch Chancen einer zukünftigen Entwicklung.

  1. Er wies darauf hin, daß für 1996 8,7 Mrd DM Regionalisierungsgelder vom Bund auf die neuen Aufgabenträger (d.h. Länder oder Zweckverbände) übertragen wurden und daß sich diese Summe für 1997 auf 12,0 Mrd DM - also eine Zunahme über ein Drittel - erhöht hätte. Allerdings schlägt sich diese verbesserte Finanzausstattung seiner Meinung nach nur in wenigen Regionen in Verbesserungen des Fahrplans (d.h. höheres Zugangebot) und des Service nieder. Daher stellte Treber die Frage, wie diese zusätzlichen Mittel verausgabt worden sind.

  2.  

     
     
     

    GERMANWATCH drängt eindringlich darauf, in jeder Region zu überprüfen, wie die zusätzlichen Transfermittel für 1997 verwendet werden: ob sie zu einem verbesserten Angebot des Schienenpersonennahverkehrs führten (wie z.B. in Rheinland-Pfalz), ob sie entgegen der Intention des Regionalisierungsgesetzes in andere Projekte (z.B. U-Bahnbau) flossen oder gar zweckentfremdet worden sind.

  3. Treber hob hervor, daß "die Bahnreform, welche insgesamt die Qualität des Schienenverkehrs verbesserte, einen großen Webfehler hat: die Regelungen für das Schienennetz". Auch der Fahrweg ist wie die anderen Geschäftsbereiche (sowohl Personen- sowie Güterverkehr) der Deutschen Bahn AG bis 1999 in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln: Auch er muß sich somit betriebswirtschaftlicher Rationalität unterwerfen. Jede Strecke muß sich dann selbst tragen, will sie nicht Gefahr laufen, an Dritte veräußert oder sogar stillgelegt zu werden. Das heißt, ein Drittel des Schienennetzes ist mittelfristig in Gefahr.

  4.  

     
     
     

    Treber problematisierte in diesem Zusammenhang die Rolle des Geschäftsbereichs Netz der Deutschen Bahn AG als Monopolist. Dieser erhebt (relativ hohe) Trassenpreise (mindestens 10 DM pro Zug-km) und bietet dafür oft nur eine unzureichende Gegenleistung. Langsamfahrstellen und zeitweise Streckenstillegungen aus Gründen schlechten baulichen Zustands dokumentieren dies. Der Kunde ist dabei machtlos dem Monopolisten ausgeliefert.

    GERMANWATCH fordert daher, bei der längst überfälligen staatlichen Regulierung des natürlichen Monopols Schieneninfrastruktur speziell die Belange des Nahverkehrs (u.a. die Bevorrechtigung von Taktverkehren; ordnungsgemäße Instandhaltung der Schienenstrecken) zu berücksichtigen. Auch der Bestand der Schieneninfrastruktur sollte gesichert werden (zumindest die bestehenden Trassen sind zu schützen, selbst wenn derzeit keine hinreichend große Nachfrage vorhanden ist), um Zukunftsfähigkeit zu bewahren. Deshalb darf kurzfristiges betriebswirtschaftliches Kalkül für das Schienen-Nebennetz nicht die bestimmende Größe sein - für das Straßennetz ist das derzeit auch nicht der Fall.

  5. Doch die Regionalisierung hat, so Treber, auch Positives bewegt. Er nannte hierbei das Entwickeln, Bestellen und teilweise schon Beschaffen neuen Wagenmaterials, die Wiederinbetriebnahme von Schienenstrecken, den fast flächendeckenden Entwurf und die Einführung Integraler Taktfahrpläne sowie attraktive Tarifangebote und das Auftreten neuer Anbieter von Eisenbahnverkehr. Doch diese Schritte, ausgeführt vor allem vom Betreiber Deutsche Bahn, können nur erste Bausteine zu einem zukunftsfähigen Verkehrssystem sein. Denn dieser Prozeß ist ein gesellschaftlicher. Er benötigt die Mitwirkung vieler Beteiligter: die der Fahrgäste, die der neuen Aufgabenträger, die der politischen Ebene und die der interessierten Öffentlichkeit. Treber strich die Rolle der Medien als zentraler Vermittler zwischen diesen Akteuren heraus.

  6.  

     
     
     

    Für diesen Prozeß hat GERMANWATCH eine Broschüre erstellt, die auch eine Reihe von Handlungsmöglichkeiten aufzählt, die der Einzelne ergreifen bzw. anstoßen kann, um die Attraktivität des Schienenpersonennahverkehrs zu steigern.

  7. Mit dem Maßstab der Zukunftsverträglichkeit gemessen, sieht Treber den Vorteil des Schienenpersonennahverkehrs gegenüber dem Auto vor allem in seinen deutlich geringeren Treibhausgasemissionen sowie niedrigerem Flächen-, Material- und Energieverbrauch. Damit dieser Vorsprung in einer Welt mit einer schnellen technischen Entwicklung erhalten bleibt, muß sich auch die Schiene in Zukunft verstärkt um Ressourcenschonung kümmern. Der Schritt der Deutschen Bahn, ihren spezifischen Energieverbrauch bis zum Jahr 2005 gegenüber 1990 um 25 Prozent zu senken, geht genau in die richtige Richtung. In der Praxis noch weitgehend unbeachtet ist allerdings, daß passende moderne Fahrzeuge und eine optimierte Stromerzeugung die Energieeffizienz stark erhöhen und den Treibhausgasausstoß verringern können.

  8.  

     
     
     

    Um die Zukunftsfähigkeit des Schienenverkehrs weiterzuentwickeln, fordert GERMANWATCH daher sowohl die Betreiber (d.h. vor allem die Deutsche Bahn AG) wie auch die Besteller auf, verstärkt die Energieeinsparpotentiale im Schienenpersonennahverkehr zu erschließen. Voraussetzung dafür wäre z.B. der Einsatz geeigneter Fahrzeuge, die Schulung des Fahrpersonals für energiesparsames Fahren sowie die Schaffung von Anreizen dafür oder das Einrichten von Bedarfshaltepunkten. Eine gute Grundlage dafür wäre die Aufstellung von Energiebilanzen für einzelne Strecken (dafür wären Energieverbrauchsmeßgeräte in den Triebfahrzeugen sehr hilfreich).


Weitere Infos: