Pressemitteilung | 15.09.2000

Internationale Klimaverhandlungen in kritischer Phase.


GERMANWATCH-Presseerklärung

Lyon, Bonn, 15.9.2000.Mit dem heutigen Abschluss der 14tägigen UN-Klimaverhandlungen in Lyon geraten diese in ihre kritische Phase. Mitte November soll der UN-Klimagipfel in Den Haag dann über das Design der künftigen Weltklimapolitik entscheiden. Seit vor drei Jahren in Kyoto der Grundsatzbeschluss für das Protokoll gefallen ist, wurden von mehr als 150 Regierungen alle Detailregelungen verhandelt: die Einführung eines Internationalen Emissionshandelskonzeptes, die Regelungen bei Nichteinhaltung der verpflichtenden Klimaschutzziele der Industrieländer und Konzepte für den Transfer klimaschützender Technologien in Entwicklungsländer. "In den nächsten Monaten wird sich entscheiden, ob tatsächlich ein seriöser politischer und ökonomischer Rahmen entsteht, um weltweit eine zielgerichtete Klimapolitik in Gang zu setzen," so Christoph Bals, Kampagnenleiter von GERMANWATCH. Weltweit müssten - so die Klimawissenschaft - die Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts um die Hälfte sinken, um die drohenden Gefahren abzuwenden.

"Es gibt nur einen schmalen Grat des Erfolges", kommentiert der GERMANWATCH-Klimaexperte Manfred Treber. "Der Prozess kann scheitern, weil nicht genügend Länder das Ergebnis ratifizieren, so dass es erst gar nicht in Kraft tritt. Er kann aber auch durch Schlupflöcher untergraben werden, die so groß sind, dass sie aus einem Klimaschutzabkommen einen unverantwortlichen Handel mit heißer Luft machen."

Bei diesem für die Staaten dieser Welt bedeutendsten Abkommen seit der Etablierung der Welthandelsorganisation (WTO) kommt es vor allem darauf an, die Grundregeln richtig zu setzen, so dass das Klima wirklich profitiert, ohne dass die soziale und ökonomische Entwicklung Schaden nimmt.

"Drei Riesengefahren für Schlupflöcher in dem Abkommen gibt es:

  1. Wenn im großen Maßstab erlaubt wird, Wälder anzupflanzen anstatt Emissionen zu senken, wird die Glaubwürdigkeit des Abkommens unterhöhlt. Zwar können Wälder das Treibhausgas Kohlendioxid speichern - aber eben nur vorübergehend. Die wissenschaftliche Unsicherheit über die Menge beträgt bis zu 300 Prozent. Wie soll da noch jemand seriös kalkulieren, ob Klimaschutzziele wirklich erreicht sind. Was, wenn Wälder, wie akut in den USA, abbrennen und das in Jahrzehnten eingesammelte Kohlendioxid wieder freisetzen?
  2. Wenn erlaubt wird, sich für die vielen ohnehin in Entwicklungsländern stattfindenden Projekte Emmissions-Zertifikate geben zu lassen, um sich Zuhause von Verpflichtungen zu befreien. Dann findet kein zusätzlicher Klimaschutz - was ja sinnvoll wäre - in Entwicklungsländern statt, und in den Industrieländern muss noch weniger gemacht werden als vereinbart.
  3. Wenn es bei Nichterreichen der den Staaten gesetzten Ziele keine eindeutigen Regelungen für Haftungsfragen und Sanktionen gibt. Sonst passiert es uns wie nach dem Erdgipfel in Rio 1992. Kaum ein westliches Industrieland hat die seinerzeit vereinbarten, aber nicht mit Sanktionen versehenen Klimaschutzziele ernst genommen und erreicht," fasst GERMANWATCH-Vorstandsmitglied Klaus Milke zusammen. "Nur wenn diese Gefahren beseitigt werden, verdient das Ergebnis von Den Haag den Namen Klimaschutzabkommen."