Pressemitteilung | 23.12.2002

Tiefe Gräben in der WTO.


 

Pressemitteilung

Berlin, 22.12.2002: Letzte Woche hat Stuart Harbinson, der Vorsitzende des WTO-Landwirtschaftskomitees, sein Übersichtspapier über den Stand der Agrarverhandlungen vorgelegt. Nach Angaben von Germanwatch zeige das Papier, wie weit die Positionen der Industrie- und Entwicklungsländer nach wie vor auseinanderliegen. "Kritische Punkte wie die Probleme von Kleinbauern, Hunger und Unterernährung in der Welt sowie desaströse Auswirkungen von Dumping im Süden werden weiterhin ignoriert", sagt Marita Wiggerthale, Referentin für Agrarhandel bei Germanwatch. Gemäß dem Zeitplan sollen diese Differenzen bis zum 31. März 2003 behoben sein. Dies sei so wahrscheinlich, wie wenn Weihnachten und Ostern auf einen Tag fallen würde, so Wiggerthale weiter.

Das 88-seitige Übersichtspapier gibt auf den ersten zwölf Seiten einen Überblick über strittige Positionen und offene Fragen im Bereich Exportsubventionen, Subventionen für den eigenen landwirtschaftlichen Sektor und Marktzugang. Laut der WTO-Ministererklärung von Doha 2001 sollten bei den Agrarverhandlungen die Bedürfnisse und Interessen der Entwicklungsländer im Mittelpunkt stehen. "Die Bestimmungen für Entwicklungsländer werden aber nur als Anhängsel am Ende jedes Abschnitts erwähnt", moniert Wiggerthale. Das von den Entwicklungsländern eingeforderte "Rebalancing" des Agrarabkommens, d.h. einen Ausgleich für das hohe Subventionsniveau in den Industrieländern herzustellen, suche man dort vergeblich. Harbinson reduziere diese grundlegende Forderung nach dem Ausgleich auf die Option für Entwicklungsländer, zeitlich befristet Zölle anzuheben (spezielle Schutzklausel). Dies würde den Entwicklungsländern erlauben, oberhalb eines bestimmten Importvolumens oder unterhalb eines bestimmten Importpreises Ausgleichszölle zu erheben. "Diese Art von zeitlich befristeten Maßnahmen eignen sich nicht, den Unterschied im Subventionsniveau und die Schäden des Dumping auszugleichen", unterstreicht Rainer Engels, Leiter für Agrarhandelsfragen bei Germanwatch.

Die letzten 76 Seiten des Übersichtspapiers beschreiben die Bereiche, in denen ein Konsens möglich sei, und die jeweiligen Abweichungen von diesem. Dabei seien die bisherigen Vorschläge umfassend berücksichtigt worden. "Einigkeit besteht nur bei selbstverständlichen Punkten, in der Sache gibt es keinen Konsens zwischen den verschiedenen Ländergruppen", sagt Rainer Engels. So bestehe Einigkeit darüber, die am wenigsten entwickelten Länder von den weiteren Abbauverpflichtungen bei Zöllen und Subventionen auszunehmen. Ein Zugeständnis, das auch schon jetzt im Agrarabkommen festgehalten sei. Auch sollen den Entwicklungsländern geringere Abbauraten und längere Umsetzungszeiträume zugestanden werden. Auch dies sei nichts Neues.

2787 Zeichen

Den Gesamttext des Übersichtspapiers finden sie unter www.tradeobservatory.org

Hinweise für Redaktionen:

Zeitplan für die weiteren Verhandlungen:
22.-24. Januar: Diskussion des Übersichtspapiers
24.-26. Februar: Diskussion des bis dahin vorliegenden ersten Verhandlungsentwurfs
25.-31. März: Diskussion des endgültigen Verhandlungstexts

Landwirtschaftskomitee:
Ständiges Gremium der WTO zu Fragen im Bereich der Landwirtschaft. Es diskutiert verschiedene aktuelle Fragen, ist Forum für die Verhandlungen und unterbreitet der WTO-Ministerkonferenz in Cancun einen Entwurf für den endgültigen Verhandlungstext für das Agrarabkommen. Mitglieder sind Vertreter aller Mitgliedsstaaten der WTO.

Weitere Infos zum Thema: