Kostendeckende Milchpreise tragen zur Ernährungssicherung weltweit bei.
Ausrichtung der EU auf Billig-Exporte scharf kritisiert
Pressemitteilung
Stuttgart/Hamm, 18. April 2008. Eine funktionierende Milchwirtschaft mit kostendeckenden Preisen ist ein wichtiger Baustein für die ländliche Entwicklung in Nord und Süd. Das teilen die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Brot für die Welt, FIAN Deutschland, Germanwatch und MISEREOR anlässlich der Diskussion um kostendeckende Milcherzeugerpreise in Deutschland und Europa mit. Die bisherige EU-Agrarpolitik ist auf eine Überproduktion von Milch ausgerichtet. Gelangen Überschüsse von billigen Milchprodukten auf die Märkte in Entwicklungsländern, gleich ob mit Exportsubventionen künstlich verbilligt oder unter den Erzeugerkosten produziert, dann wird die dortige lokale Wirtschaft zerstört.
Die aktuellen Probleme, die durch hohe Lebensmittelpreise in Ländern des Südens ausgelöst wurden, erfordern eine differenzierte Antwort. "Statt die Angebotslücken allein durch Nahrungslieferungen oder Billigimporte aus dem Norden decken zu wollen, muss die Staatengemeinschaft jetzt gezielt die seit Jahrzehnten vernachlässigte kleinbäuerliche Nahrungsmittelproduktion fördern", sagt Carolin Callenius, Koordinatorin der Kampagne für Ernährungssicherheit bei Brot für die Welt. Davon würden sowohl die Bauern profitieren, die über 50 Prozent der Hungernden ausmachen, als auch die städtischen Konsumenten, die auf erschwingliche Lebensmittelpreise angewiesen sind. "Damit die kostendeckenden Preise möglich bleiben, darf die bestehende Mengenregulierung nicht einfach abgeschafft werden, sondern muss durch ein flexibles Instrument ersetzt werden, das Überschussproduktion und Exportdumping verhindert", erläutert Bernd Voss von der AbL. Die von den EU-Agrarministern beschlossene Ausdehnung der Milchquote um zwei Prozent und das für das Jahr 2015 anvisierte Ende der Milchquote verschärften dagegen die Situation für die Milchbauern sowohl in Europa als auch in Ländern des Südens. Tobias Reichert, Handelsreferent bei Germanwatch, ergänzt: "Besonders bedenklich ist in dem Zusammenhang, dass die Kommission in der aktuellen Diskussion um die Reform der EU-Agrarpolitik kein Ende der Exportsubventionen für Milchprodukte vorsieht."
"Die Exportorientierung der EU-Milchpolitik hat aktiv dazu beigetragen, dass sich zu Zeiten von niedrigen Milchpreisen für Kleinbäuerinnen in Burkina Faso ein Aufbau der Milchwirtschaft nicht gelohnt hat, da ihre Milch mit künstlich verbilligtem Milchpulver aus der EU nicht konkurrieren konnte", erklärt Mute Schimpf, Agrarhandelsreferentin von MISEREOR, die Zusammenhänge. Kleinbauern im Norden wie im Süden sind auf einen kostendeckenden Rohmilchpreis dringend angewiesen. "Bei fairen Milchpreisen in Nord und Süd können bäuerliche Haushalte von der Milchproduktion leben. Dann brauchen weder Bauern in der EU für die Milcherzeugung Subventionen noch Hungernde in Burkina Faso Nahrungsmittelhilfen." "In Kamerun bestreiten viele Kleinproduzenten ihren Lebensunterhalt durch den Verkauf von Milch. Davon werden Grundbedürfnisse wie Ernährung, Bildung und Gesundheit gedeckt", sagt der Kameruner Henry Njakoi, Projektleiter von Heifer International, einem Projektpartner von Brot für die Welt. "Unser Markt darf nicht durch billige Importfluten kaputt gemacht werden."
Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:
- Bernd Voß, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft: 0173-9135092
- Carolin Callenius, Brot für die Welt: 0711-2159741
- Tobias Reichert, Germanwatch: 030-28883563
- Mute Schimpf, MISEREOR: 0241-442515