Pressemitteilung | 10.12.2008

Deutschland vor dem Absturz?

Kein Land ist auf Kurs, um gefährlichen Klimawandel zu verhindern

Posen/Polen, 10. Dezember 2008. Weltweit steigen die CO2-Emissionen, nicht nur absolut betrachtet, auch in Relation zum Wirtschaftswachstum der einzelnen Länder. Vor diesem Hintergrund werden heute auf dem Klimagipfel die Ergebnisse des neuen Klimaschutzindexes von Germanwatch und dem Climate Action Network Europe präsentiert. Zum vierten Mal in Folge vergleicht der Index die Klimaschutzleistungen von 57 Industrie- und Schwellenländern, die gemeinsam für 90 Prozent der globalen energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich sind.

"Die Gesamtemissionen sind im vergangenen Jahr schneller als jemals zuvor gewachsen," erklärt Jan Burck, Autor der Studie bei Germanwatch. "Ob auf den oberen oder den unteren Plätzen, kein Land hat bei der Emissionsreduktion gut genug abgeschnitten, um sich eine Medaille zu verdienen," stellt Burck fest.

Aus diesem Grund haben sich die Autoren dazu entschlossen, die ersten drei Plätze des Rankings frei zu lassen. Als das beste unter den insgesamt schlecht bewerteten Ländern belegt Schweden Platz vier, gefolgt von Deutschland und Frankreich. Ironischerweise stehen genau diese Länder aktuell wegen ihrer Neupositionierung in der Debatte um das EU Energie- und Klimapaket in  heftigster Kritik. Diese neuen, möglicherweise dramatischen Entwicklungen, zu der diese drei Länder erheblich beitragen, sind noch nicht beim diesjährigen Index berücksichtigt. Auch Italien (44) und Polen (45), die zwei Länder, die das Paket besonders stark blockieren, können beim Scheitern eines ambitionierten Pakets eine noch schlechtere Platzierung in der nächsten Ausgabe des Index erwarten.

"Bundeskanzlerin Merkel riskiert einen spektakulären Absturz. Noch letztes Jahr wurde sie für ihre Diplomatie und ihre Vision im Umgang mit der Herausforderung des Klimawandels gefeiert. Aber nun scheint sie dabei zu versagen, sich gegenüber den verschmutzenden Industrien zu behaupten. Diese Woche wird sich entscheiden, was Deutschlands Vermächtnis im Klimaschutz sein wird. Der Index zeigt, was auf dem Spiel steht," bemerkt Matthias Duwe, Direktor des Climate Action Network Europe.

Am unteren Ende des Rankings belegen Saudi Arabien den 60., Kanada den 59. und die USA den 58. Platz. Insbesondere positive Initiativen einzelner Bundesstaaten haben die USA an Kanada vorbeiziehen lassen. In allen drei Indikatoren - Emissionstrend, Emissionsniveau und Klimapolitik - schneiden diese Schlusslichter schlecht ab. Nur durch ambitioniertes politisches Engagement haben diese Länder die Möglichkeit, ihre Platzierung in Zukunft zu verbessern.

Es gibt ermutigende Signale des kommenden Präsidenten der USA, Barack Obama, dass er in der Klimapolitik starke Initiativen ergreifen will. Auch diese neuesten Ankündigungen sind allerdings noch nicht in diesem Index berücksichtigt.

Es gibt auch Erfreuliches zu berichten. In verschiedenen Schwellenländern lassen sich positive Entwicklungen beobachten, die sich deutlich von den sich abzeichnenden Rückschritten der EU-Staaten abheben. So hat China in der Bewertung der nationalen Politik erstaunlich gut abgeschnitten, obwohl sich die konstruktiven Politikansätze noch nicht entscheidend auf den Emissionstrend ausgewirkt haben. Südafrika und Mexiko werden insbesondere für ihre internationale Klimapolitik und Indien für die verbesserte Nationalpolitik und die niedrigen pro-Kopf-Emissionen mit relativ positiven Rangwerten belohnt.
 

Weitere Informationen inkl. ausführlicher Broschüre und Einzelgrafiken finden Sie hier.
 

Für Rückfragen und Interviewwünsche wenden Sie sich bitte an:

  • Jan Burck, Referent Klimaschutz-Index, Germanwatch, Mobil: +49 (0)177 888 9286, burck@germanwatch.org
  • Matthias Duwe, Direktor, Climate Action Network Europe, Mobil: +32 (0)494 525762, matthias@climnet.org
  • Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer, Germanwatch, Mobil: Tel. +49 (0)174 327 5669, bals@germanwatch.org
  • Sean Heron, Pressekoordination in Posen, Germanwatch, Mobil: +49 (0)178 521 1883, heron@germanwatch.org
  • Larissa Neubauer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Germanwatch, Tel.: +49 (0)228 604 9223, neubauer@germanwatch.org


Methode und Hintergrund:

Der jährlich von Germanwatch und CAN-Europe veröffentlichte Klimaschutz-Index vergleicht die Klimaschutzleistungen von 57 Industrie- und Schwellenländern, die zusammen für mehr als 90 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind. Zum Klimagipfel in Posen wurde er zum vierten Mal mit den neuesten verfügbaren Daten aktualisiert. Er ermöglicht einen fundierten Ländervergleich durch drei Säulen. Erstens, durch das Emissionsniveau, dessen Zahlen von der Internationalen Energieagentur (IEA) mit 30 Prozent in die Berechnung eingehen. Zweitens, den Emissionstrend, der mit 50 Prozent gewichtet wird und drittens die Klimapolitik der Länder, die mit 20 Prozent Gewichtung einfließt. Die Bewertung der Klimapolitik einzelner Länder wird durch nationale Experten abgerundet. Auch auf dem Finanzmarkt wird das Ranking geschätzt: Es fließt in die Finanz-Ratings der renommierten Agentur oekom research ein.

Nachfolgend weitere Länderexperten, die für Kommentare und Fragen zur Verfügung stehen:

  • Australien: Alan Tate (Environment Business Australia): alan.tate@cambiar.com.au
  • Kanada: Matthew Bramley (Pembina Institut): matthewb@pembina.org
  • Finland: Leo Stranius (The Finnish Association for Nature Conservation): leo.stranius@sll.fi
  • Deutschland: Carsten Wachholz (NABU): Carsten.Wachholz@nabu.de
  • Mexico: Jorge Villareal (Heinrich Boell Foundation): programas@boell-latinoamerica.org.mx
  • Poland: Miroslaw Sobolewski (Polish Ecological Club) miroslaw.sobolewski@sejm.gov.pl
  • Südafrica: Richard Worthington (WWF): rworthington@wwf.org.za
  • Schweden: Svante Axelsson (SNF): Svante.Axelsson@snf.se
  • Schweiz: Dr. Patrick Hofstetter (WWF) patrick.hofstetter@wwf.ch
  • Ukraine: Irina Stavchuk (NGO working group on climate change): irina.stavchuk@necu.org.ua