Meldung | 18.12.2008

UN-Klimagipfel in Posen 2008

Kurzbericht zur COP 14 im Jahr 2008

Inhalt

  • Flugverkehr: Korridore sperren, in denen Kondensstreifen auftreten? (10.12.)
  • Protest in Warschau (9.12.)
  • CCS-Verhandlungen erneut gescheitert (9.12.)
  • Der Kopenhagen-Klimagipfel kündigt sich schon an (6.12.)
  • Fatale Weichenstellungen in Posen? (6.12.)
  • Kontaktgruppe zu CCS im CDM: Noch wenig Bewegung in Posen (4.12.08)
  • And the Winner is: die EU (2.12.)

 

Flugverkehr: Korridore sperren, in denen Kondensstreifen auftreten? (10.12.)

Der internationale Flugverkehr zählt zu denjenigen Sektoren, der sich der Verantwortung für seine Emissionen entzieht und wo bisher keine Emissionsbegrenzung besteht. Am Mittwoch Mittag hat die EU-Kommission in ihrem Pavillon im Rahmenprogramm zu einer Veranstaltung zum Flugverkehr und seinem Einbezug in den Europäischen Emissionshandel eingeladen. Die Veranstaltung ist mit dem EU-Kommissar Stavros Dimas und dem Europaparlamentarier Peter Liese, dem Berichterstatter im Europarlament für das Thema Einbezug des Flugverkehrs in den EU-Emissionshandel,  hochrangig besetzt. Weiterhin sind ein Mitarbeiter des US-Senators Frank R. Lautenberg aus New Jersey und zwei Vertreter der EU-Kommission auf dem Podium.

Kommissar Dimas führt zu den EU-Klimazielen (minus 30 % bis 2020, wenn andere mitmachen), zum Emissionshandel allgemein und folgend zum EU-Emissionshandel (er ist seit Januar 2005 in Kraft) wie auch zum Einbezug des Flugverkehrs (das wird am 1. Januar 2012 anfangen) ein und geht auch grundsätzlich auf die Analyse der Herausforderung Klimaänderung ein: Bei einer Erwärmung von mehr als zwei Grad würden Irreversibilitäten auftreten, und vielleicht sei selbst das schon zuviel für den Planeten (die Schmelzprozesse in der Arktis gingen viel schneller als erwartet). Kurz geht er auf den Stimmungswechsel in den USA ein, erwähnt, dass er positive Signale von Seiten der zukünftigen US-Administration im Gegensatz zur bisherigen wahrnehme. US- Präsident Bush hätte nämlich noch in diesem Jahr in einer gemeinsamen Veranstaltung mit ihm angekündigt, es sei vorgesehen, ab 2025 mit der Emissionsreduktion zu beginnen. Als Kommissar Dimas sich vorzeitig verabschiedet, um einen anderen Termin wahrzunehmen, spricht er persönlich Peter Liese (EVP) an und nennt ihn im Zusammenhang mit seinem Einsatz und Erfolg zu Flugverkehr und Emissionshandel einen "Helden".

Peter Liese beschreibt anschließend detaillierter die Entstehung des Beschlusses zum Flugverkehr: Man hatte in Kyoto das Mandat an die UN-Sonderorganisation für Zivilluftfahrt (ICAO) erteilt, sich um Emissionsreduktionen in diesem Sektor zu kümmern. Doch zehn Jahre lang sei nichts passiert. Man könne nicht erlauben, dass die Emissionen in einem Sektor jährlich um 4 % wüchsen. Wenn man in einem Unternehmen einen Mitarbeiter hätte, dem man einen Auftrag erteilt hat, und er würde nach zehn Jahren nicht nur nichts zustande bringen, sondern auch noch andere davon abhalten wollen, dass sie etwas machen, würde man ihn feuern. Im Flugverkehr hat deshalb die EU die Initiative ergriffen und sich für den Einbezug des Flugverkehrs in den Emissionshandel entschieden (bei der finalen Abstimmung im Europaparlament mit 640:30 Stimmen). Andere Staaten oder Regionen seien aufgerufen, auch etwas zu unternehmen und dem EU-Regime beizutreten.

Peter Liese räumte ein, dass es ihm nicht gelungen sei, bei der Bewertung der Flugverkehrsemissionen aufgrund deren besonderer Klimawirksamkeit einen Multiplikator (Radiative Forcing Index, RFI) durchzusetzen. Hier würde die Wissenschaft beauftragt, diesen Sachverhalt weiter zu untersuchen.

In der Aussprache mit dem Plenum stellte Germanwatch-Verkehrsreferent Dr. Manfred Treber die Frage, was davon zu halten sei, parallel mit der wissenschaftlichen Untersuchung der Erwärmungswirkung zu überlegen, welche Maßnahmen in Frage kämen, um die klimaschädlichen Kondensstreifen gar nicht erst entstehen zu lassen. Wissenschaftlich sei bekannt, unter welchen Umständen (etwa Luftfeuchtigkeit) sie auftreten – das ist bei etwa 10 % des Fluges der Fall. Treber schlägt vor, dass einfach jene Lufträume von der Flugsicherung gesperrt werden, in denen die Kondensstreifen auftreten könnten. Peter Liese würdigt dies als interessanten Vorschlag, der ihm gut gefiele.

Der US-Vertreter wollte vor allem überzogene Erwartungen an die kommende neue US-Administration dämpfen. Die USA seien beim Thema Emissionshandel Jahre hinterher. Dies ließe sich nicht so schnell aufholen, aber der Wille sei vorhanden.

Schließlich trugen die beiden Vertreter der EU-Kommission im Detail Ausgestaltungen der Richtlinie zum Einbezug des Flugverkehrs in den Emissionshandel vor. Die projizierten Auswirkungen auf den realen Flugverkehr sind aus Sicht des Klimaschutzes enttäuschend. Die Fluggastnachfrage nach Flügen wird nach zugrundeliegenden Untersuchungen kaum zurückgehen. Immerhin würden die absoluten Emissionen sinken (um 125 Mio. t CO2 in 2012, um 225 Mio. t im Jahr 2020), weil sie emissionsmäßig an anderer Stelle eingespart würden (”offset”). Die Auktionierung der Emissionserlaubnisse wird 0,5 – 1,5 Mrd. Euro pro Jahr generieren, die bei entsprechenden politischen Beschlüssen etwa für Anpassungsmaßnahmen in von der Klimaänderung besonders betroffenen Ländern zur Verfügung stehen. Dass gerade diese Länder besonders wenig zu den Emissionen des Flugverkehrs beitragen und entsprechend auch wenig von den ggf. im Klimaprozess noch zu beschließenden Reduktionsmaßnahmen betroffen wären, wurde sehr anschaulich mithilfe einer einminütigen Simulation der täglichen weltweiten Flugbewegungen deutlich gemacht, die die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) erstellt hat (http://radar.zhaw.ch/resources/airtraffic).

Manfred Treber und Dörte Bernhardt

 

Protest in Warschau (9.12.)

Vor fünf Uhr früh klingelten in den Quartieren von Germanwatch in Posen die ersten Wecker. Die Hälfte der von der ersten Woche der Klimaverhandlungen noch müden Aktivisten von Germanwatch machte sich in der Dunkelheit in die polnische Hauptstadt auf. Sie nahmen die dreistündige Zugfahrt in Kauf, um mit einer bunt gemischten Gruppe von internationalen Klimaschützern mit kreativen und symbolvollen Aktionen vor dem Regierungspalast des polnischen Ministerpräsidenten, Donald Tusk, ihre Sorge über ein unzureichendes Klima- und Energiepaket der EU zum Ausdruck zu bringen. Hinter den Mauern des Regierungspalastes berät an diesem Vormittag das deutsche und das polnische Kabinett in einer gemeinsamen Sitzung, auch in Vorbereitung des EU-Gipfels am 11./12.12. über die Umsetzung der EU-Klimazielsetzungen. 

Die Vertreter von Greenpeace, vom WWF, der deutschen Klima-Allianz mit ihren 100 Organisationen, die Vertreter des internationalen Climate Action Network, der internationalen Internet-Kampagne Avaaz.org und von internationalen Jugendorganisationen hatten sich zusammen mit polnischen NGOs innerhalb von fünf Tagen auf diese Aktion vorbereitet. Dies, nachdem deutlich wurde, dass die bisherigen Beratungen zum aktuellen EU-Energie- und Klimapaket bei den Zielen (kein Automatismus des 30-%igen Reduktionszieles mehr), bei der durch Ausnahmen durchlöcherten Ausgestaltung des Emissionshandels mit völlig unzureichender Auktionierung und einem unakzeptablem Plan für eine Verteilung der Reduktionsverpflichtungen unter den EU-Mitgliedsstaaten den Abschied der EU aus ihrer Vorreiterrolle bedeuten würden. Greenpeace und zu einem kleineren Teil der World Wide Fund for Nature (WWF) stellten die finanziellen Mittel für die Zugtickets, Plakate etc. zur Verfügung.

Die Fahrt nach Warschau verging wie im Fluge, da die Meisten rasch in tiefen Schlaf versanken. Kurz vor der Ankunft servierte die Kellnerin Kaffee und Tee, der nicht bezahlt werden musste, weil ein Gönner schon die Rechnung übernommen hatte. Überhaupt hatten die Organisatoren an alles gedacht: Wasser, Müsliriegel, eine Orange und ein Regenschirm standen für jeden Teilnehmer bereit. Zettel mit Stadtplan, Marschroute und Liedtexten wurden verteilt. In der Bahnhofshalle waren die vorbereiteten Plakate auf Englisch und Polnisch rasch montiert und fertig war der Demonstrationszug. Schnell wurde noch ein Photo für's Germanwatch-Album vor dem Weihnachtsbaum geschossen und los ging es (Foto 1).

Zur Kundgebung vor dem Regierungspalast stießen auch noch einige lokale Klimaschützer hinzu. Die Stimmung der 200 Demonstranten war sehr gut und wurde trotz kühler Temperaturen immer besser, während Ben Wikler von der internationalen Internet-Kampagne Avaaz.org unterhaltsam durch das Programm führte (Fotos 2 und 3). Wir erfuhren, welche unangenehmen Überraschungen im EU-Energie- und Klimapaket versteckt sind und machten Vorschläge wie man es besser machen könnte. Sprecher von Greenpeace (Tobias Münchmeier), WWF (Sabine Günther) und den polnischen Grünen appellierten zweisprachig an die Regierungschefs. Vertreter aus Entwicklungsländern und Jugendorganisationen machten ihre besondere Betroffenheit deutlich (Fotos 4 und 5).

In den Beiträgen während der Protestveranstaltung wurde sehr deutlich, dass ein "Yes we can" eng mit einem "Yes we must" zusammenhängt und dass nach wie vor große Erwartungen gerade an die Klimakanzlerin Angela Merkel gerichtet werden, die allerdings unter erheblichen Druck von Teilen der deutschen Industrie geraten ist. Die Überreichung des Negativpreises "Fossil of the Day" an Tusk und Merkel (hinter einer Maske hervorragend gespielt und zum Verwechseln gesprochen von Simone Ackermann aus dem Germanwatch-Team, Foto 6) wurde unter vielen Buh-Rufen mit der Bemerkung vorgenommen, dass man gerne den Preis zurücknehmen würde, wenn beide, Tusk und Merkel, in Brüssel am Donnerstag und Freitag statt auf die Bremse zu treten, sich für mehr Jobs und eine grüne Wirtschaft durch mehr Klimaschutz und damit für ein wirklich ambitioniertes Klimapaket einsetzen. 

"Es hat riesig Spaß gemacht, dabei zu sein und die Aktivitäten mit Menschen aus vielen anderen Ländern, die zum Teil schon jetzt sehr viel mehr als wir vom Klimawandel betroffen sind, vorzubereiten", sind sich Hannah Vermaßen und Lutz Morgenstern einig, die gemeinsam mit weiteren Mitgliedern des Germanwatch-Posen-Teams (Simone Ackermann, Mirjam Kid, Sönke Kreft und Lukas an der Straaten) ganz maßgeblich an der Organisation der Demo beteilt waren. "Beeindruckend war die Kreativität, Flexibilität und Schnelligkeit in der unkomplizierten Zusammenarbeit zwischen sehr unterschiedlichen Organisationen aus Polen, Deutschland und international, insbesondere über Jugenddelegationen aus verschiedenen Erdteilen." ergänzt Lukas van der Straeten, der derzeit Praktikant bei Germanwatch ist. (Foto 7) 

Es ist also unbedingt erforderlich, der Ungeduld und der Tatsache, dass wir beim Handeln nicht weitere Zeit verlieren dürfen, ein Gesicht zu geben und auch andere Aktionsformen zu nutzen. Insbesondere gilt dies dann, wenn dringend erforderliche globale Fortschritte im Klimaschutz in den derzeitigen UN-Klimaverhandlungen in Posen und auf dem Weg nach Kopenhagen durch Bremser in unserem eigenen Land und in Europa zunichte gemacht werden sollen. Germanwatch setzt sich weiter dafür ein - auch morgens um fünf!

Klaus Milke und Dörte Bernhardt

 

CCS-Verhandlungen erneut gescheitert (9.12.)

Am heutigen Dienstag stand das Thema "CCS im CDM" (Carbon Capture and Storage im Clean Development Mechanismus) erneut auf der Tagesordnung. Für 10 Uhr war dazu eine eineinhalbstündige zweite Sitzung der gleichnamigen Kontaktgruppe anberaumt. Seit dem letzten Treffen hatten mehrere Treffen der entsprechenden informellen Gruppe (d.h. Treffen unter Ausschluss der Nichtregierungsorganisationen) stattgefunden, um für die Kontaktgruppe einen Entwurf für einen Beschluss der COPMOP (Plenum) vorzubereiten. Der nun der Kontaktgruppe vorliegende Text enthält zwei Optionen: Die erste ist für die Aufnahme von CCS in den CDM, die zweite dagegen. Etwa gleich viele Staaten sind für die eine bzw. für die andere Option. Die Kontaktgruppe tagte ganze zehn Minuten, um folgend wieder in informeller Runde weiterzuverhandeln. 

Um 18 Uhr fand schließlich die dritte Sitzung der Kontaktgruppe statt. Es zeichnete sich kein Konsens, also ein Scheitern dieser Gruppe ab, da es keinen neuen Vorschlag gab. Blieb die Frage, wie mit dem Scheitern weiter verfahren würde. Dafür gab es zwei Möglichkeiten: Entweder könnte das Thema an die Minister zur Entscheidung weitergeleitet, oder es könnte der bestehende Entwurf des Beschlusses für die COPMOP an die 31. Sitzung des Nebenorgans SBSTA in einem Jahr (also während des Klimagipfels in Kopenhagen) zum Weiterbehandeln überwiesen werden. Nach den geltenden Verhandlungsregeln ist in jedem Fall eine Konsensentscheidung notwendig. 

Es gibt aber noch einen dritten Weg, wenn kein Konsens gefunden werden kann: Zurück zum Start. Die auf der Sitzung in Posen erarbeiteten Texte werden alle verworfen. Da dies zu hart klingt, wird das diplomatisch mit den Worten ausgedrückt, man werde automatisch auf der nächsten Sitzung von SBSTA im Juni 2009 in Bonn wieder von vorne anfangen. Nach wenigen Worten der Vorsitzenden der Kontaktgruppe war klar, dass keine der vorgeschlagenen Optionen Aussicht auf Konsens hatte. So wurde im Konsens der Beschluss gefasst, Anfang Juni 2009 zum Thema "CCS im CDM" wieder von vorne mit den Verhandlungen zu beginnen.

Das behagte Saudi Arabien überhaupt nicht. Obwohl der Vorschlag, das Thema an die Minister weiterzuleiten, keinen Konsens gefunden hatte und damit abgelehnt war, unkte der Saudi Al Sabban am Ende der Kontaktgruppensitzung, sie wuerden "CCS im CCM" vor die Minister bringen. Später tauchten dann Gerüchte auf, die Saudis würden das in einen anderen Tagesordnungspunkt verpacken, der den Ministern vorzulegen ist.

Manfred Trebe

 

Der Kopenhagen-Klimagipfel kündigt sich schon an (6.12.)

Obwohl die COP (Conference of the Parties) in Posen noch nicht einmal zur Hälfte vergangen ist und noch mit wenigen politischen Durchbrüchen aufwarten kann, gibt es immerhin schon logistische Fortschritte im Hinblick auf den über die Zeit nach 2012 entscheidenden Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009.

Am Freitag, den 5. Dezember, hat der Gastgeber von COP 15 zu einer fast zweistündigen Veranstaltung zur Vorbereitung auf den nächstjährigen Klimagipfel eingeladen.

Da bereits die COP in Posen eine alle Erwartungen übersteigende Magnetwirkung ausgeübt hat, was die Ausrichter vor immense logistische Probleme stellte und was mehrfach die Grenzen der Kapazitaten überstieg, folgten viele Delegierte der Einladung. Alle wissen, dass die COP in Kopenhagen wegen ihrer hohen politischen Bedeutung noch weitaus mehr Menschen als die 10.000 Teilnehmer im Falle von Posen anziehen wird, und dass die in Posen aufgetretenen Probleme von Bettenkapazität bis zu Visaerteilung in gleicher oder gar verstärkter Weise hochkommen können.

Kopenhagen ist bereits jetzt gut auf die COP vorbereitet und hat entsprechende Strukturen und Organisationen, etwa hinsichtlich Übernachtung und Transport zum Konferenzentrum "The Bella Center", bereits eingerichtet. Es gibt bereits eine Website (www.cop15.dk), auf der auch die am 5.12. gezeigte informative Präsentation abgelegt ist. 

12.000 bis 15.000 Teilnehmer werden erwartet, vielleicht werden es auch 18.000. Man will 15.000 Betten bereit halten, die im 60-km-Radius des Konferenzzentrums liegen. Bisher gibt es erst 10.000. So verlaufen Verhandlungen mit Malmö in Schweden, da dort Hotels in Bahnhofsnähe sind, von wo aus man in einer halben Stunde Bahnfahrt das 'The Bella Center' erreichen kann. Kostenloser öffentlicher Verkehr wird den Delegierten von COP 15  angeboten werden, das ist erfreulich.

Manfred Treber, Verkehrsreferent von Germanwatch, meldete sich im Plenum mit der Frage, ob der kostenlose ÖV auch bis Malmö ginge. Gute Frage, wurde ihm beschieden, darüber werde noch verhandelt. Aber wenn ein Viertel der Teilnehmer in Schweden schlafen wurden, müsse man da etwas anbieten.

Eine der Hauptbotschaften der Veranstaltung war der Aufruf, man solle bald mit der Reservierung beginnen (das gelte gerade große Gruppen wie Germanwatch). Wenn man sich nicht auf dem freien Markt selbst versorgen wolle, ginge das über www.cop15.nhg.dk. Die Bearbeitung nach der ersten Interessensbekundung würde 30 Tage dauern, danach könne man einen Monat verhandeln. Hat man sich entschieden, müsse die Hälfte des Preises bezahlt werden, und man hätte bis 15. August Zeit, seinen Platzbedarf kostenlos um bis zur Hälfte zu korrigieren. Ab 15. September müsse dann jeder buchen, und alles müsse gezahlt werden. 

Die Veranstaltung vermittelte, dass die Bevölkerung von Kopenhagen bereits heute auf den Klimagipfel eingestellt ist, und dass alles getan wird, um die Voraussetzungen für erfolgreiche Verhandlungen zu schaffen.

Manfred Treber

 

Fatale Weichenstellungen in Posen? (6.12.)

Gleich ist Halbzeit bei den Posener Klimaverhandlungen. Ernüchterung macht sich unter den Gruppen der Zivilgesellschaft breit. Die Weichen des Klimazugs, der eigentlich Richtung Kopenhagen erheblich Geschwindigkeit aufnehmen müsste, scheinen falsch gestellt zu sein und es scheint auch - im wahrsten Sinne des Wortes - nicht weniger, sondern mehr Kohle zur Feuerung des Zuges vorgesehen zu werden. Ernüchterung haben wir immer wieder erlebt von COP 1 Mitte der 90er Jahre bis zur COP 14 in diesem Dezember in Polens Handelsmetropole.

Was ist anders gegenüber dem Berliner Klimagipfel, der den Gesamtreigen eröffnete, und gegenüber den vielen UN-Meetings, die wir schon erlebt haben? Immerhin ist Germanwatch ja schon seit 1995 regelmäßig aktiv dabei.

Anders ist: wir wissen heute erheblich mehr, wir stecken in einer größeren Komplexität und wir haben noch weniger Zeit als damals:

- wir wissen durch die Wissenschaft und die realen Beobachtungen heute sehr viel genauer, dass wir schon mitten im Klimawandel stecken und welch kleines Zeitfenster uns noch bleibt, um tatsächlich mit allen (!)  Staaten der Welt wirksam umzusteuern.

- wir müssen mehrere Pakete nebeneinander schnüren. Das heißt also, nicht nur das Mitigations-Thema bearbeiten, also Einigungen über Treibhausgasreduzierungen herbeiführen, sondern auch deren Finanzierung und den dazu erforderlichen Technologietransfer regeln. Dazu kommen die Anpassung an den Klimawandel und ihre Finanzierung an den Klimawandel und dann noch die Notwendigkeit,  die zunehmende Entwaldung zu stoppen.

- alles steht unter der Erkenntnis, dass wir innerhalb von 15 Jahren den Wechsel
auf eine Erneuerbaren-Wirtschaft schaffen müssen, da wir sonst das 2-Grad-Limit nicht einhalten können.

Wir haben hier mit unserem kleinen, aber sehr aktiven Germanwatch-Team schon eine Menge in der ersten Woche auf die Beine gestellt. So haben wir gestern Nachmittag einen Side-Event (Nebenveranstaltung zu den offiziellen Verhandlungen) zusammen mit Brot für die Welt zum Thema Ernährungssicherheit und Klimawandel durchgeführtt. Einen Tag vorher haben wir unseren regelmäßigen Klima-Risiko-Index zur Verletzlichkeit insbesondere der ärmsten Länder vorgestellt.

Die Präsentation unseres jährlichen Klimaschutzindexes - ein Ranking über die Klimaschutzanstrengungen der wichtigsten Emittenten - steht noch aus.

Aber der Verhandlungsprozess  läuft überhaupt nicht gut. Vor allem die EU macht uns große Sorgen. Sie muss hier in Posen zeigen, dass sie nach den großen Ankündigungen im letzten Jahr auch tatsächlich ehrgeizig umsetzen will. So sieht es aufgrund der massiven Lobbyarbeit der Industrie aber gar nicht aus und die mageren Anstrengungen werden dann den Kopenhagen-Prozess massiv negativ beeinflussen. Entscheidend ist nun der direkt vor uns liegende EU-Gipfel am 11./12.12, also gegen Ende der hiesigen Verhandlungen.

Für Dienstag nächster Woche (also zwei Tage davor) haben wir seitens der internationalen und polnischen NGO eine Kundgebung vor dem Regierungssitz von Ministerpräsident Donald Tusk in Warschau geplant, wo das Merkel-Kabinett mit dem polnischen Kabinett auch wegen des EU-Energie- und -Klimapaketes zusammenkommt. Wir werden lautstark und sehr bunt mit viel internationaler Beteiligung deutlich machen, was auf dem Spiel steht und dass ganz schnell aus der Klima-Kanzlerin keine Klima-Killerin werden sollte.

Heute am Samstag sind viele verschiedene Hintergrundtreffen und vor allem finden Demonstrationen unserer polnischen Partner  zum globalen Klima-Aktionstag hier mitten in der Posener Altstadt statt. Dadurch habe ich eben endlich etwas von der Stadt gesehen: die Stimmung war toll und sehr phantasievoll, aber es war sehr kalt.

Am Sonntag läuft kein offizielles Programm bei den Verhandlungen. Ob wir dann nach der traditionellen NGO-Party (zu der alle Delegierte auch immer sehr gern kommen und wo viel informell weiter verhandelt wird) am heutigen Samstagabend bis tief in die Nacht  mal etwas ausschlafen können? Aber ab 14 Uhr am Sonntag ist dann wieder das NGO-CAN-Strategietreffen, das die zweite Woche vorbereitet.

Hier wird es nun immer voller und auch das Interesse der Medien wächst….

Ob die Weichen in den nächsten Tagen noch umgestellt werden können? Sonst hat dies fatale Konsequenzen, vor allem für die Schwächsten auf diesem Planeten, die keine laute Stimme haben.

Klaus Milke

 

Kontaktgruppe zu CCS im CDM: Noch wenig Bewegung in Posen (4.12.08)

Die Kontaktgruppe zu CO2-Abscheidung und -Lagerung (CCS) im Clean Development Mechanism (CDM) am Donnerstag bildet - in übertriebenem Maße - ab, was sich zum bisherigen Verlauf der Klimaverhandlungen in Posen sagen lässt: Nicht viel Neues, kaum neue Impulse. 

Es sind etwa soviele Teilnehmer für den Klimagipfel angemeldet wie in Kyoto und Bali. So herrscht an vielen Stellen Enge. Sei es beim täglichen Treffen der Nichtregierungsorganisationen, die im Climate Action Network zusammenarbeiten, wo der schmale, dafür aber umso längere Raum mit über hundert Personen überfüllt ist, oder auch gerade die Kontaktgruppe zu CCS im CDM, wo leicht verspätet kommende Delegierte keinen Platz mehr an einem Tisch finden, sondern froh sein müssen, überhaupt noch einen Sitzplatz zu finden. Der Raum ist prall gefüllt, und dementsprechend ist die Luft schnell verbraucht - und sie erwärmt sich spürbar. 

Man könnte meinen, dass dies die Delegierten, welche sich zu Wort melden, im Tempo des Entwickelns produktiver, nach vorne zeigender Gedanken arg bremst. So scheint es, aber real ist natürlich, dass sie ihre Wortmeldungen aus den Hauptstädten nach Posen mitgebracht haben, um sie vorzutragen. Die Kontaktgruppe war in der Zeit, in der auch Beobachter zugelassen waren, reine Zeitverschwendung. Die Staaten haben ihre Positionen, die sie bisher schon vorgetragen hatten - man verhandelt bereits seit zwei Jahren zu diesem Thema - erneut ausgesprochen, und sie weichen keinen Deut davon ab. 

Grenada (für die AOSIS - die Allianz kleiner Inselstaaten) ist gegen den Einbezug von der Technologie zur Abscheidung und Lagerung von CO2 (CCS) in den CDM: Es sei noch keine erprobte Technologie, die Geochemie sei noch weitgehend unbekannt, ebenso sei die Langzeitsicherheit der Lagerstätten unklar. 

Andere gehen von der Grundüberlegung aus, dass sich ohne CCS höchstwahrscheinlich die ehrgeizigen Klima-Reduktionsziele (Zwei-Grad-Limit) nicht verwirklichen lassen. Die EU ist deshalb für CCS aufgeschlossen, sogar für einzelne Pilotprojekte im CDM. Würde man das machen, könnte man nach einer Pilotphase die Frage beantworten, ob CCS eine Technik wäre, die zum CDM passt. 

Brasilien hingegen weist darauf hin, dass CCS in seiner Natur inkompatibel mit dem CDM sei, würde man es in Verbindung mit EOR (Enhanced Oil Recovery) einsetzen. Aus erschöpften Ölfeldern könnte so noch mehr Öl aus dem Boden geholt werden. Für so etwas sei - so Brasilien - der CDM nicht gedacht.

In der Tat wäre es viel sinnvoller, wenn die EU Vorschläge auf den Tisch legen würde, durch welchen Technologie-Deployment-Mechanismus die CCS-Technologie zeitnah in Schwellenländern getestet werden kann. 

Damit wäre auch das Argument von Saudi Arabien widerlegt. Denn diese sehen in CCS die vielversprechendste Technologie, um die Emissionen zu senken. Würde CCS vom CDM ausgeschlossen, hieße das, dass die Entwicklungsländer erneut vom Zugang zu einer wichtigen Technologie ausgeschlossen werden.

Weitere Staaten melden sich zu Wort (Jamaika, Indien, Mikronesien dagegen, Australien, Norwegen und Japan dafür), aber das geschieht im gleichen Wortlaut, wie er in den letzten zwei Jahren bereits öfter ausgesprochen worden war. 

Dann ist die dreiviertel Stunde um, die Beobachter werden gebeten, den Raum zu verlassen. Die verbleibenden Delegierten werden sich eine weitere dreiviertel Stunde austauschen. Ob sich da die Art und Weise des Austauschs grundsätzlich ändern wird? 

Manfred Treber

 

And the Winner is: die EU (2.12.)

Jeden Abend um 18 Uhr verleiht das NGO-Netzwerk Climate Action Network International (CAN) den "Fossil of the Day". Damit werden Länder "ausgezeichnet", die durch ein besonders problematisches Agieren oder wenig konstruktive Äußerungen in den Verhandlungen diese negativ beeinflussen. An manchen Tagen gibt es sehr viele Kandidaten, und häufig "gewinnen" die üblichen Verdächtigen wie Saudi-Arabien, die USA oder Kanada.

Doch heute hat die EU den ersten Platz belegt, was viele Beobachter sicherlich erst einmal überrascht hat. Denn eigentlich war die EU in den letzten Monaten ja der Motor der internationalen Klimaverhandlungen, seit im März 2007 ambitionierte Klimaschutzziele beschlossen wurden. Doch die EU ist gerade dabei, ihren Motor radikal abzuwürgen und setzt damit einen erfolgreichen Verhandlungsverlauf aufs Spiel.

Worum geht es dabei? Die EU befindet sich gerade in der Endphase der Beratungen zu einem umfangreichen Klima- und Energiepaket, das am 11. und 12. Dezember von den EU-Staats- und Regierungschefs beschlossen werden soll. In den letzten Wochen haben Polen, Italien, aber auch Deutschland immer stärker an zentralen Pfeilern dieses Paketes gesägt. Der "Fossil of the Day" wurde für ganz spezifische Punkte vergeben.

Zum einen hat die EU auch in Posen noch immer keine vernünftige und handfeste Position vorgestellt, wie sie sich die notwendige Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels in Entwicklungsländern vorstellt. Den Vorschlägen der großen Gruppe der Entwicklungsländer setzt sie bisher ein weitgehendes Schweigen entgegen, obwohl ganz klar ist, dass dieses Thema das Schlüsselthema für die Verhandlungen zu einem neuen Klima-Abkommen ist. Kein Wunder, dass die Entwicklungsländer davon wenig begeistert sind.

Zum zweiten wehren sich fast alle Mitgliedsländer dagegen, dass die Verwendung von Erlösen aus der Auktionierung von Emissionserlaubnissen im Emissionshandel teilweise für Maßnahmen zum Klimawandel in Entwicklungsländern vorgeschrieben werden soll. Diese Zweckbindung ist aber dringend notwendig, damit die EU mit ausreichend finanziellem Rückhalt in die entscheidenden Verhandlungen bis Kopenhagen gehen kann. Denn was passiert ohne die Zweckbindung? Jedes Land macht, was es will.

Deutschland, das sich auch gegen diese Vorschrift wehrt, gehört dann vielleicht noch zu den Guten und unterstützt den internationalen Klimaprozess. Andere Länder geben das Geld aber vielleicht ihren energieintensiven Industrien zurück und verzerren damit massiv den Wettbewerb.

Es geht hier um zweistellige jährliche Milliardenbeträge, ohne die eine Abwendung eines gefährlichen Klimawandels nahezu unmöglich ist. Zudem könnten diese Mittel auch in der EU die notwendige technologische und infrastrukturelle Revolution hin zu einem klimafreundlichen Wirtschaftsmodell beschleunigen.

Ein denkbares Szenario ist zwar, dass die Staats- und Regierungschefs dann beim nächsten Gipfel im März mit ein paar Versprechen Geld nachlegen. Aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass solche Erklärungen eines nicht können: nämlich einen verlässlichen und berechenbaren Mittelfluss garantieren. Wenn Finanzminister und Parlamentarier jedes Jahr neu entscheiden, ob und wieviel Geld sie zur Verfügung stellen, dann können sich die Entwicklungsländer leicht ausrechnen, wie verlässlich das ist.

Angela Merkel wird nächste Woche Dienstag in Warschau mit dem polnischen Präsidenten Donald Tusk zusammentreffen, der gestern die Posen-Konferenz eröffnet hat. Aufgrund seiner heuchlerischen Rede, in der er Polen als großen Klimaschützer inszenieren wollte, erhielt Polen gestern den "Fossil of the Day". Zum ersten Mal wurde der Preis am Eröffnungstag an die gastgebende Regierung verlieren.

Dementsprechend kritisch waren heute Teile der polnischen Presse. Einigt sich die EU nächste Woche nicht auf ein starkes Klimapaket, wird sie nicht nur weitere "Fossils of the Day" erhalten. Sie setzt damit den Erfolg des Verhandlungsprozesses aufs Spiel. Die Frage der Zweckbindung der Mittel für Klimaschutz außerhalb der EU ist daher letztendlich die Frage: ein Kopenhagen-Deal oder kein Deal? 

Sven Harmeling

Die Berichterstattung aus Posen wird vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt gefördert. Die Förderer übernehmen keine Gewähr für die Richtigkeit, die Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben sowie für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die geäußerten Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen der Förderer übereinstimmen.

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