Alarmierender Bericht des Weltklimarats IPCC: Klimakrise muss schnell und entschieden eingedämmt werden
Bonn (9. Aug. 2021). Einen „drängenden Appell zu schnellem und entschiedenem Handeln“ sieht die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch im heute vorgestellten ersten Teil des 6. Sachstandsberichts des Weltklimarats IPCC (AR6 WG1). „Der Bericht zeigt so umfassend und klar wie nie zuvor, dass sich das Fenster zum Einhalten des 1,5-Grad-Limits schnell schließt“, kommentiert Rixa Schwarz, Leiterin des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch, den Bericht. „Die Instrumente, um das 1,5 Grad-Limit noch einzuhalten, sind verfügbar. Wenn jedoch die globalen Emissionen nicht in den nächsten Jahren zügig und nachhaltig sinken, werden wir das Limit reißen. Es muss gelingen, die globalen Emissionen in den kommenden zehn Jahren nahezu um die Hälfte zu reduzieren.“
Dies sei – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Flutkatastrophen in Teilen Deutschlands und der verheerenden Waldbrände in großen Teilen der Mittelmeerregion – auch ein dringender Appell an die Parteien im laufenden Wahlkampf. Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: „Die Klimawissenschaft zeigt die epochale Herausforderung, vor der wir stehen. Die Menschen in Deutschland haben einen ernsthaften Wahlkampf verdient, bei dem es maßgeblich darum gehen sollte, mit welchem Gesamtkonzept und Sofortprogramm die Klimakrise in Deutschland und international bekämpft werden soll. Das Zeitfenster der nächsten Legislaturperiode muss genutzt werden, um entscheidende Weichen noch zum Besseren zu stellen.“
„Entscheidungen dieser Dekade werden die Erde für Jahrtausende prägen“
Der IPCC-Bericht macht deutlich, dass erstens die Auswirkungen der Klimakrise bereits heute schwerwiegend und zumindest für viele Jahrhunderte irreversibel sind, dass zweitens nicht mehr vermeidbare Emissionen weitere Verschlimmerungen nach sich ziehen werden und drittens ohne massive und zügige Reduktion der CO2- und Methan-Emissionen noch katastrophalere Folgen drohen. Der Ausstoß der Treibhausgase muss weltweit bis Mitte des Jahrhunderts auf nahezu Null reduziert und der Rest ausgeglichen werden. Danach müssen in den meisten Szenarien der Klimawissenschaft sogar Emissionen aus der Atmosphäre entfernt werden. „Die weltweiten Entscheidungen dieser Dekade werden diesen Planeten für Jahrtausende prägen“, betont Bals.
Keinen Zweifel („unequivocal“) lässt der Bericht, dass der Mensch der Hauptverursacher der Klimakrise ist. Der IPCC-Report legt zudem dar, dass es mittlerweile möglich ist, den Einfluss des Menschen auch bei der Entstehung extremer Wetterereignisse mit größerer Genauigkeit und Gewissheit als je zuvor zu bestimmen. Der „Fingerabdruck“ des Klimawandels bei heftigeren und/oder häufigeren Wetterextremen sei immer eindeutiger nachweisbar, etwa für Hitzewellen, heftige tropische Wirbelstürme, veränderte Regenmuster und Dürren. Da sie immer häufiger als Mehrfachkatastrophen auftreten, erschweren sie in betroffenen Regionen den Wiederaufbau dramatisch.
In der Zukunft werden Extremwetterereignisse wie Starkregen noch heftiger und noch öfter auftreten – dies stuft der IPCC als nahezu sicher ein. Auch der Anteil sehr starker tropischer Wirbelstürme (Hurrikans der höchsten Stufen 4 und 5) werde sich weiter vergrößern. Überdies habe sich die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs bereits deutlich gesteigert. „Die Klimakrise ist schon jetzt für immer mehr Menschen und Regionen sehr gefährlich. Aus dem IPCC-Bericht lässt sich folgern, welch‘ hohe Priorität ein entschiedenes Handeln für Klimaschutz und -anpassung für heutige Regierungen haben sollte“, sagt Dr. Manfred Treber, Klimawissenschaftsexperte bei Germanwatch, der die Arbeit des IPCC seit über 20 Jahren intensiv verfolgt.
IPCC-Bericht liefert nun auch mehr Informationen über regionale Klimawandelfolgen
Auch für regionale Klimawandelfolgen bietet der Bericht mit einem neuen interaktiven Atlas-Tool eine bessere Informationsquelle. „Das ist eine wichtige Entscheidungsgrundlage für regionale und lokale Anpassungsmaßnahmen an die Klimakrise sowie den Aufbau von mehr Widerstandsfähigkeit gegen Extremwetter. Diese gehören überall auf der Welt ganz oben auf die Agenda. Reiche Länder stehen in der Verantwortung, ausreichend finanzielle und technische Unterstützung für die Länder des globalen Südens zur Verfügung zu stellen“, so Vera Künzel, Referentin für Anpassung an den Klimawandel und Menschenrechte bei Germanwatch. Die noch ausstehenden Berichte der IPCC-Arbeitsgruppen II und III werden nächstes Jahr hierzu weiteren wissenschaftlichen Input liefern.
Der erste Teil des neuen Sachstandsberichts des IPCC muss nicht nur bei den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl, sondern auch bei den anstehenden internationalen Gipfeln - wie der UN-Generalversammlung im September und dem Klimagipfel in Glasgow im November - eine zentrale Basis für entschiedenes Handeln sein. „Für die nächste Bundesregierung bedeutet dies, dass sie mit einem Sofortprogramm für schnell wirkende und sozial gerechte Klimaschutzmaßnahmen und mit einem Klimaanpassungsgesetz sowie steigender internationaler Klimafinanzierung in die Legislaturperiode starten muss. Die Wählerinnen und Wähler verlangen jetzt zu Recht ein umfassendes und schlüssiges Klimaschutzkonzept“, schlussfolgert Rixa Schwarz.
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