UN-Zwischenverhandlungen: Es bleibt noch viel Arbeit bis zum Klimagipfel
Bonn (17. Juni 2021). Nach dem heutigen Abschluss der virtuellen UN-Klimaverhandlungen zieht die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch ein von Skepsis geprägtes Fazit. „Der Vorbereitungsstand für den Klimagipfel COP26 im November ist bisher zu mager. Es bleibt noch viel Arbeit, um in Glasgow gute Beschlüsse fassen zu können“, sagt Rixa Schwarz, Leiterin des Teams Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. „Viele Staaten zeigten sich in den Beratungen zu den wichtigen ausstehenden Beschlüssen für die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens durchaus engagiert. Einige Länder nutzten das virtuelle Format jedoch dazu, Fortschritte nicht für die nächsten Verhandlungen festzuhalten. Vor allem Schwellenländer wie Saudi-Arabien und Indien aber auch Bolivien haben da blockiert.“
Viele Entwicklungsländer zeigten sich enttäuscht, dass Themen wie Anpassung an den Klimawandel, Umgang mit Schäden und Verlusten, internationale Klimafinanzierung sowie nicht ausreichend erfüllte Verpflichtungen zum Klimaschutz der Länder des Globalen Nordens vor 2020 auf der Agenda ganz fehlten oder nicht ausreichend behandelt wurden. „Das virtuelle Format der Verhandlungen hat das Auflösen starrer Verhandlungspositionen schwieriger gemacht. Nun müssen dringend noch weitere Schritte vor der Weltklimakonferenz gemacht werden, um dort im November zu ambitionierten Ergebnissen kommen zu können“, so Schwarz weiter. Dabei gehörten auch die für Länder des Globalen Südens so wichtige Themen auf den Tisch. Schwarz: „Es gibt noch weitere Treffen – zum Teil auch auf Ministerebene – vor November. Diese Gelegenheiten müssen genutzt werden, um den Klimagipfel gut vorzubereiten.“
Keine Bewegung bei Marktmechanismen
Die Verhandlungen um die Marktmechanismen machten bei politisch heiklen Punkten keine Fortschritte, im Gegenteil tauchten noch weitere zu verhandelnde Themen auf. Bei diesem Artikel 6 des Paris-Abkommens geht es um die Frage, unter welchen Bedingungen Staaten Emissionsminderungen, die in anderen Staaten stattfinden, kaufen können und wie diese jeweils angerechnet werden. „Die noch offenen Entscheidungen zu den Marktmechanismen können größtenteils nur auf politischer Ebene getroffen werden“, erläutert David Ryfisch, Co-Teamleiter für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. „Umweltministerin Schulze muss bei den anstehenden Ministertreffen unbedingt sicherstellen, dass die Marktmechanismen nicht nur robust ausfallen und keine Schlupflöcher für Doppelzählungen bieten, sondern auch über ein Nullsummenspiel bei den Emissionen hinausgehen.“
Fortschritte bei globaler Bestandsaufnahme
Fortschritte wurden hingegen bei den Gesprächen zur globalen Bestandsaufnahme erzielt. Dieser Kern des Ambitionsmechanismus im Pariser Abkommen soll dafür sorgen, dass die Staaten im fünfjährigen Rhythmus ihre Klimapläne nachschärfen und so die Ziele des Abkommens erreichen. Es besteht nun ein gemeinsames Verständnis zum Vorgehen bei der ersten dieser globalen Bestandsaufnahmen, die 2023 abgeschlossen werden soll. Schwarz: „Ein wichtiger Fortschritt ist die Offenheit für Beiträge von nicht-staatlichen Akteuren wie Städten, Forschungseinrichtungen, NGOs, Indigenen oder der Jugend zur globalen Bestandsaufnahme“, sagt Schwarz. Anders verhielt es sich jedoch bei den Transparenzverhandlungen, wo China den Ausschluss von Beobachtern erwirkte. „Die Versuche einzelner Vertragsparteien, die Klimaverhandlungen gänzlich hinter verschlossenen Türen zu führen, ist besorgniserregend. Andere Länder sind dem entgegengetreten, aber sollten dies in künftigen Fällen noch entschiedener tun“, so Schwarz weiter.
Das insbesondere für die Verletzlichsten im Globalen Süden wichtige Thema der klimabedingten Schäden und Verluste kam in den Verhandlungen viel zu kurz. Der problematische Vorschlag der britischen Präsidentschaft des diesjährigen Klimagipfels, Beschlüsse zu Schäden und Verlusten vorwegzunehmen und ganz von der Agenda des Gipfels im November zu verbannen, wurde von den betroffenen Staaten abgelehnt. Germanwatch schließt sich dieser Ablehnung an: „Schäden und Verluste müssen nicht nur Teil des UNFCCC-Prozesses bleiben, sondern sie brauchen sogar ein besseres Standing. Wir erwarten von der britischen COP-Präsidentschaft, dies bei der Weltklimakonferenz entsprechend abzubilden“, so Schwarz.