Umfrage zeigt viel Bereitschaft für Umstieg von Flugzeug auf Bahn
Berlin (29. März 2021). Viele Menschen in Europa sind bereit, vom Flugzeug auf die Bahn umzusteigen – auch für internationale Reisen und ein gutes Drittel selbst dann, wenn sie dafür deutlich längere Reisezeiten in Kauf nehmen müssten. Dies zeigt eine von den Organisationen Transport & Environment und Germanwatch in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov in Deutschland, Polen, Frankreich, Spanien und den Niederlanden. Anlass der Umfrageveröffentlichung ist der heutige offizielle Start des Europäischen Jahrs der Schiene 2021. Morgen widmet sich ein Ratstreffen der EU-Verkehrsminister:innen der Verbesserung des europäischen Bahnverkehrs.
„Uns hat positiv überrascht, dass das Interesse an Bahnfahrten in Europa auch auf langen Strecken und grenzüberschreitend so groß ist. Viele wären auch bei längeren Reisezeiten bereit vom Flugzeug auf die Bahn umzusteigen. Um dieses Potenzial nun zu nutzen, muss der europäische Bahnverkehr deutlich attraktiver und im Vergleich zu Flügen preisgünstiger werden. Die EU-Verkehrsminister sollten eine Offensive zur Renaissance des Bahnverkehrs in Europa vereinbaren“, sagt Lena Donat, Referentin für klimafreundliche Mobilität bei Germanwatch.
Donat weiter: „Bahnfahren in Europa muss vor allem unkomplizierter werden - auch über Grenzen hinweg. Dafür brauchen wir mehr grenzüberschreitende direkte Verbindungen zwischen Großstädten, Nachtzugverbindungen über größere Distanzen und einfache Möglichkeiten diese Fahrten zu buchen. Die EU-Regierungen sollten dafür im Jahr der Schiene die Weichen stellen.“ Außerdem müssten die verschiedenen Verkehrsmittel gerechter besteuert werden, so dass Bahnfahren die günstigere Alternative wird.
Nachtzüge sind gefragte Alternative zum Flug
Fast zwei Drittel der Befragten (62 Prozent) äußern Interesse an europäischen Bahnreisen, darunter viele, die noch nie eine internationale Bahnreise unternommen haben. Gut zwei Drittel (69 Prozent) geben an, dass sie Nachtzug-Angebote nutzen würden - mit großem Interesse über alle Altersgruppen hinweg. „Nachtzug-Fans werden in der Politik oft etwas als Exoten belächelt, aber die Umfrage zeigt, dass das Interesse in der Bevölkerung sehr groß ist“, so Donat. Sie kritisiert, dass die Deutsche Bahn sich 2016 aus dem Nachtzug-Geschäft zurückgezogen und jüngst erklärt hat, auch in Zukunft nicht in Schlafwagen investieren zu wollen. Derweil haben sich viele Nachbarländer dafür entschieden, die Renaissance der Nachtzüge aktiv zu unterstützen. Donat: „Deutschland droht hier eine wichtige verkehrspolitische Wende zu verschlafen. Denn wer fürchtet, durch eine längere Bahnreise gegenüber dem Flug einen Urlaubstag am Zielort zu verlieren, der findet in der Bahnreise über Nacht eine gute Alternative.“
Laut der repräsentativen Umfrage wäre mehr als die Hälfte der Befragten interessiert vom Flugzeug auf die Bahn umzusteigen (52 Prozent). Selbst bei den Vielfliegern (mindestens ein Flug pro Monat) wären 53 Prozent bereit, mindestens die Hälfte der eigenen Flüge durch Bahnfahrten zu ersetzen. 37 Prozent aller Befragten würden auch Bahnreisezeiten von fünf Stunden oder mehr akzeptieren.
Eine Voraussetzung für den Umstieg ist ein fairer Fahrpreis. Eine überwältigende Mehrheit (73 Prozent) meint, dass Bahnfahrkarten günstiger sein sollten als Flugtickets auf derselben Distanz. Über die Hälfte (52 Prozent) würde zur Verteuerung der klimaschädlichen Flüge daher auch eine CO2-Steuer unterstützen.
Germanwatch hat am vergangenen Freitag zusammen mit sieben weiteren europäischen Umweltorganisationen einen offenen Brief an die EU-Kommission und die Ratspräsidentschaft veröffentlicht. Darin fordern die Organisationen die EU auf, noch in diesem Jahr eine umfassende Offensive für eine europäische Bahn-Renaissance zu starten.
Hinweis: Alle Zahlen, sofern nicht anders angegeben, stammen von YouGov Plc. YouGov hat 6.309 Erwachsene in Deutschland, Polen, Frankreich, Spanien und den Niederlanden befragt. Die Umfrage wurde online zwischen dem 28. Januar und dem 4. Februar 2021 durchgeführt. Die Zahlen wurden gewichtet und sind repräsentativ für alle Menschen ab 18 Jahren des jeweiligen Landes.