Das Klimaschutzgesetz muss nachgeschärft werden
Anlässlich der Veröffentlichung der Emissionsdaten für das Jahr 2020 gemeinsam durch das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt sowie der Erhöhung des EU-Klimaziels fordert ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Akteure die Nachschärfung des deutschen Klimaschutzgesetzes. Die 87 Klima-, Umwelt-, Entwicklungs- und Sozialverbände sowie Kirchen fordern in ihrem Appell, das deutsche Klimaziel noch vor der Sommerpause des Deutschen Bundestages auf mindestens 70 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2030 gegenüber 1990 anzuheben.
Mit der Verabschiedung des Bundes-Klimaschutzgesetzes im Jahr 2019 wurden die deutschen Klimaschutzziele insgesamt und für alle Sektoren gesetzlich fixiert. Dieses Jahr muss die Bundesregierung erstmals ihren Fortschritt bei der Treibhausgasreduktion an den jährlichen Vorgaben im Verkehrs-, Industrie-, Landwirtschafts-, Gebäude- und Energiesektor messen und nachsteuern, wenn die Vorgaben nicht erreicht werden. Doch sowohl das Klimaziel von 55 Prozent Treibhausgasminderung bis 2030 als auch die Jahresemissionsmengen der einzelnen Sektoren sind bereits veraltet. Der Europäische Rat hat im Dezember 2020 eine Erhöhung des EU-Klimaziels von 40 auf mindestens 55 Prozent bis 2030 beschlossen, welches in den Trilog-Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament noch auf 60 Prozent erhöht werden könnte. Deutschland wird sein nationales Klimaziel nachschärfen müssen, um einen fairen Beitrag zum erhöhten europäischen Klimaziel sowie zur Bewältigung der weltweiten Klimakrise, die zunehmend Armut, Hunger und Ungerechtigkeit insbesondere im Globalen Süden verschärft, zu leisten. Eine Anpassung an höhere europäische und internationale Klimaziele ist im Klimaschutzgesetz selbst in § 3 gesetzlich vorgeschrieben.
Die unterzeichnenden Organisationen fordern die Bundesregierung auf, einen zügigen Beschluss des Deutschen Bundestages herbeizuführen, das deutsche Klimaziel auf mindestens 70 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2030 gegenüber 1990 zu erhöhen. Die sektoralen Emissionsreduktionsziele für die Bereiche Energie, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und Gebäude müssen im Klimaschutzgesetz entsprechend angepasst werden. Dabei dürfen die Emissionsreduktionen zwischen den Sektoren künftig nicht mehr aufgerechnet werden. Die Verbände mahnen außerdem, dass die Emissionsreduktionen in Deutschland erfolgen und der Ankauf von Emissionszertifikaten aus dem Ausland für diesen Zweck ausgeschlossen werden müssen. Sie fordern darüber hinaus, die Aufgaben des Expert*innenrats für Klimaschutzfragen dahingehend zu erweitern, dass die Gründe für das Einhalten oder Verfehlen der Emissionsziele ebenso wie das mittel- und langfristige Erreichen der Klimaschutzziele bewertet werden.
Die Verbände mahnen zur Eile: „Ein Warten der Bundesregierung auf das europäische Fit-for-55Paket ist für unser Land keine Option. Vieles ist ausreichend klar und wir haben nicht die Zeit, mit der Umsetzung in Deutschland zu warten, bis das Paket ausgestaltet und beschlossen ist. Zu lange wurde Klimaschutz schon auf die lange Bank geschoben oder blockiert. Wir erwarten jetzt entsprechende Zusagen und Taten von den Entscheidungsträger*innen“, so die Kirchen, Umwelt-, Klima-, Sozial- und Entwicklungsorganisationen.
Parallel zu der Anpassung des Klimaschutzgesetzes müsse die Bundesregierung ausreichende Maßnahmen erlassen, damit die Ziele auch erreicht werden, so die Verbände. Dazu gehöre die Umsetzung der Aufforderung des Deutschen Bundestages vom Dezember 2020, noch bis Ende März die Ausbaumengen für erneuerbare Energien an das EU-Ziel anzupassen. Es gelte einen deutlich schnelleren Zubau der erneuerbaren Energien zu erreichen, sodass Deutschland bis 2030 im Stromsektor einen Anteil von mindestens 80 Prozent am Bruttostromverbrauch verwirklicht.