Zivilgesellschaft fordert wissenschaftsbasierte Nachbesserung am EU-Prüfrahmen für nachhaltige Investitionen
131 europäische Nichtregierungsorganisationen haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam für eine wissenschaftsbasierte und zeitnahe Ausgestaltung der EU-Taxonomie einzutreten. Diese kann ein Schlüssel für die Transformation der Wirtschaft hin zur Treibhausgasneutralität werden. Aber nur, wenn sich die Europäische Kommission bei der Ausgestaltung der delegierten Rechtsakte an die zuvor erarbeiteten wissenschaftsbasierten Empfehlungen hält.
Mit Blick auf die Klimakrise ist die Umgestaltung unserer Wirtschaft hin zu treibhausgasneutralem Wirtschaften unbedingt notwendig. Dieses lässt sich vor allem über eine Umlenkung von Investitionen in nachhaltige Finanzprodukte und Wirtschaftsaktivitäten erreichen. Eine solche Umlenkung kann die erforderlichen Anreize für Unternehmen schaffen, Strukturen und Prozesse klimakompatibel auszurichten. Damit dieser Mechanismus in Gang gesetzt wird, braucht es zunächst eine gemeinsame Sprache, ein Klassifizierungssystem, das Transparenz über die Nachhaltigkeit einer Wirtschaftsaktivität herstellt und gleichzeitig „Greenwashing“ vorbeugt.
Ein solches Klassifizierungssystem für nachhaltige Finanzierung hat die EU Kommission mit Hilfe einer technischen Expertengruppe (TEG) in den vergangenen Jahren entwickelt. In ihrem Abschlussbericht von Anfang März 2020 veröffentlichte das Expertengremium seine wissenschaftsbasierten Empfehlungen zur technischen Ausgestaltung einer Taxonomie für den Bereich Klimaschutz und Klimaanpassung. Diese beinhaltet konkrete technische Prüfkriterien, um Wirtschafstaktivitäten in drei Kategorien einzuordnen: ökologisch nachhaltige Aktivitäten („sustainable activities“), Aktivitäten, die anderen einen Beitrag zu den Klimazielen ermöglichen („enabling activities“) sowie Transitionsaktivitäten („transitional activities“), die sich in einem Übergang zu einer nachhaltigen Produktion befinden
Ursprünglich wurde der Prüfrahmen für private Investitionen entwickelt. Doch die EU-Kommission hat bereits in ihren Konjunkturprogrammen zum Wiederaufbau der europäischen Wirtschaft nach der Corona-Krise erste Pläne für die Prüfung der Milliardenausgaben verankert. Diese gilt es jetzt mit einer wirkungsvollen Taxonomie umzusetzen.
Der derzeitige Vorschlag der EU-Kommission zur Überführung des Abschlussberichts des Expertengremiums in einen „delegierten Rechtsakt“ liegt aktuell zur öffentlichen Konsultation vor. Ein letzter Schritt, um die Taxonomie für die Anwendung zu finalisieren. Doch dabei hat die Kommission sich nicht immer an die Empfehlungen des Expertengremiums gehalten. Die Vorlage der EU-Kommission hat punktuelle Schwächen und weicht zum Beispiel bei den Grenzwerten für den Bau von Kleinwasserkraftwerken oder bei der Nutzung von Biokraftstoffen und Biogas im Verkehr zu stark von den wissenschaftsbasierten Prüfkriterien ab. Hier muss nachgeschärft werden.
Vor allem aber muss die Kommission bei ihren ambitionierten Vorschlägen, wie zum Beispiel dem Schwellenwert für Gas, standhaft bleiben gegenüber der Gas-Lobby, die sich für eine abgeschwächte Umsetzung anstrengt.
In einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission setzt sich Germanwatch mit anderen europäischen NGOs und Think Tanks dafür ein, dass die Kommission den wissenschaftlichen Empfehlungen folgt und den jetzigen Vorschlag nachschärft.
Lesen Sie dazu unser 10 Punkte-Statement, welches europaweit von rund 130 NGOs und Think Tanks unterzeichnet wurde und die Stärken und Schwächen des Kommissionsvorschlags aufzeigt.
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