Meldung | 06.11.2020

Keine Fördergelder für fossile Energien aus dem EU-Konjunkturpaket

In einem Offenen Brief an die Mitglieder des Europäischen Parlaments im Haushaltsausschuss und im Ausschuss für Wirtschaft und Währung fordert Germanwatch, gemeinsam mit mehreren Umweltverbänden, den klimafreundlichen Einsatz der europäischen Konjunkturhilfen
Logoleiste Greenpeace, WWF, Germanwatch, BUND, E3G, DUH, DNR

Am Montag, den 9. November stimmen die Mitglieder des Europäischen Parlaments im Haushaltsausschuss und im Ausschuss für Wirtschaft und Währung über den Großteil der EU-Hilfen zur Corona-Krise ab.
Nur, wenn die EU-Gelder anhand von Paris-kompatiblen Kriterien vergeben werden, kann die Chance genutzt werden, die europäische Wirtschaft krisenfest, zukunftsfähig und mit einem Modernisierungsschub versehen aus der Krise zu führen.


OFFENER BRIEF

Keine Fördergelder für fossile Energien aus der Aufbau- und Resilienzfazilität

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter,

die Aufbau- und Resilienzfazilität soll die Erholung der europäischen Wirtschaft während und nach der andauernden Covid-19-Pandemie unterstützen. Am 9. November stimmen der Haushaltsausschuss und der Ausschuss für Wirtschaft und Währung, Ende November das Plenum des Europäischen Parlaments über die 672,5 Milliarden Euro umfassenden Finanzmittel ab. Einer der zentralen Punkte ist dabei, ob fossile Energieträger öffentliche Gelder aus dem Wiederaufbaufonds erhalten dürfen. Nur wenn die EU-Gelder anhand von Paris-kompatiblen Kriterien vergeben werden, kann die Chance genutzt werden, die europäische Wirtschaft krisenfest, zukunftsfähig und mit einem Modernisierungsschub versehen aus der Krise zu führen. Die Erreichbarkeit des neuen EU-Klimaziels für 2030 sowie der Ziele des Europäischen Green Deals sind direkt davon abhängig.

Damit die Gelder den Umbau der Wirtschaft unterstützen und nicht untergraben, begrüßen wir ausdrücklich, dass der Umweltausschuss am 12. Oktober für den Ausschluss fossiler Energieträger aus den Mitteln des Wiederaufbaufonds gestimmt hat. Mit Sorge erfüllt uns jedoch die aktuelle Diskussion um die Investition öffentlicher Fördergelder in fossile Gasinfrastruktur.

Erdgas kann keinesfalls als klimafreundlicher Energieträger angesehen werden und emittiert entlang seiner Förderungs- und Transportkette große Mengen an Treibhausgasen, insbesondere das sehr klimaschädliche Methan. Der Einsatz von Erdgas muss daher auf ein Minimum reduziert werden und schnellstmöglich zum Erliegen kommen. Die existierende Gasinfrastruktur Europas wird in so gut wie allen energiewirtschaftlichen Szenarien als ausreichend für die künftige Versorgungssicherheit bewertet.

Zudem sind erneuerbare Energien nicht nur heute schon günstiger als Erdgas, sie schaffen auch mehr
Arbeitsplätze. Wenn in Kohleregionen in Deutschland und Europa jetzt der Aufbau von Gasinfrastruktur
vorangetrieben wird, droht eine fossile Zementierung auf Jahrzehnte, die das Ziel der Klimaneutralität des
Europäischen Green Deal unterminiert oder hohe Summen gestrandeter Investitionen (stranded assets)
nach sich zieht.

Für Fördergelder aus dem Wiederaufbaufonds müssen daher analog zur Finanzierungspolitik der
Europäischen Investitionsbank jegliche Investitionen in fossile Energieträger, inklusive Erdgas,
ausgeschlossen werden. Dies beinhaltet auch zugehörige Infrastruktur wie LNG-Terminals, Gaspipelines
und Gaskraftwerke einschließlich fossiler Kraft-Wärme-Kopplung. Um insgesamt eine stringente
Ausrichtung am Klimaschutz sicherzustellen, sollten zudem die Prüfkriterien der EU-Taxonomie-
Verordnung sowie ihre Do-No-Significant-Harm-Kriterien Mindeststandard werden.

Die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland unterstützt den Aufbruch in ein
zukunftsfähiges Wirtschafts- und Energiesystem: In einer aktuellen repräsentativen Forsa-Umfrage1
sprechen sich 63 Prozent der Befragten dafür aus, dass Kohle, Erdöl und Erdgas von den
Förderprogrammen zur Belebung der Wirtschaft in und nach der Corona-Krise komplett ausgeschlossen
werden sollten.

Sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrter Herr Abgeordneter, jetzt kommt es auf Sie an: Bitte
stimmen Sie am 9. November im Sinne des nachhaltigen Umbaus unseres Wirtschaftssystems für einen
klimafreundlichen Einsatz der europäischen Aufbaugelder. Bitte setzen Sie sich außerdem dafür ein, dass
der explizite Ausschluss fossiler Energien im Plenum des Europäischen Parlaments zur Abstimmung gestellt
wird.


Für ein weiterführendes Gespräch stehen die unterzeichnenden Organisationen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

  • Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident, DNR
  • Arne Fellermann, Abteilungsleitung Klimaschutz, BUND
  • Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer, DUH
  • Brick Medak, Leiter Berliner Büro, E3G
  • Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer, Germanwatch
  • Martin Kaiser, Geschäftsführender Vorstand, Greenpeace
  • Leif Miller, Bundesgeschäftsführer, NABU
  • Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz, WWF