Meldung | 16.09.2020

Digitalität, Umweltpolitik und jugendpolitisches Engagement

Kann Digitalität dem Gemeinwohl dienen? Das war die große Frage, auf die das „Zukunfts-Lab: GreenTech, Digitalität, Umweltpolitik & Ethik“ im Juli Antworten suchte. Etwa 30 Jugendliche diskutierten über ethische Richtlinien für Technologisierung sowie darüber, wie junge Menschen die Digitalisierung mitgestalten können. Hendrik Zimmermann von Germanwatch führte ein Planspiel mit den Jugendlichen durch.
Zukunftslab

Digitalisierung ist nie neutral. Sie ist von Menschen gemacht und hat auf Menschen Auswirkungen. Julian Lamers vom Lehrstuhl für Medienethik an der Hochschule für Philosophie München gab im Workshop „Nachhaltige Digitalisierung im Demokratie-Kontext“ einen Einblick in die politikwissenschaftlichen Aspekte der Digitalität. Darf ein Algorithmus über die berufliche Zukunft eines Menschen entscheiden? Wie viel Transparenz zum Wohle einer Gesellschaft ist einem Individuum zuzumuten?

Ist effektiver Klimaschutz nur mit Digitalität möglich?

Wie kann eine digitale Energiewende aussehen und welche Rolle spielen Verbraucher*innen? In einem Online-Planspiel diskutierten die jungen Tagungsgäste in ihren jeweiligen Rollen die Vor- und Nachteile von Smart Homes.

Hendrik Zimmermann von Germanwatch hatte dieses Planspiel exklusiv für das Zukunfts-Lab konzipiert. Dazu wurden die Teilnehmenden in vier Gruppen eingeteilt, in denen sie jeweils unterschiedliche Rollen erhielten und anhand dieser ihre Position in der folgenden Diskussion vorbereiteten: Wie viel Privatsphäre kann für effektiven Klimaschutz aufgegeben werden? Müssen für mehr Innovation alte Vorstellungen und Richtlinien überdacht werden? Kann ich als einzelne Nutzerin eines Smart Homes überhaupt etwas verändern?

In der Diskussion wurde deutlich, dass ein Ausgleich zwischen Klima- und Datenschutz gefunden werden muss. Germanwatch ist der Ansicht, dass es richtig ist, „Smart Meter“ („intelligente Stromzähler“) einzusetzen, dass die aktuelle Umsetzung jedoch optimiert werden muss.

AGBs bei digitalen Leistungen müssen Nutzer*innen mehr Auswahlmöglichkeiten bieten und besser verständlich sein. Darüber hinaus sollten die Daten der Nutzer*innen standardmäßig geschützt sein. Sie sollten sich aktiv für weniger Datenschutz entscheiden, wenn sie dies wünschen. Die Corona-App habe gezeigt, so Zimmermann, dass guter Datenschutz zu mehr Akzeptanz der jeweiligen Tools in der Bevölkerung führt.

Welche Ressourcen benötigen wir wirklich?

Ressourcen für technische Entwicklungen werden zumeist unter sehr schlechten Bedingungen abgebaut. Fragen der Ressourcengerechtigkeit behandelten die Referentinnen Carolin Klein und Lara Nonhoff von teamGLOBAL in einem weiteren Workshop. Das Abgraben von Wasser oder das Aufkaufen von Land durch Konzerne oder Staaten können Auslöser für solche Konflikte sein.

Einen besonderen Aspekt stellt der sogenannte Ressourcenfluch dar. Dieser beschreibt die Situation in ressourcenreichen Ländern, in denen sich dieser Reichtum negativ auf die Entwicklung des Landes auswirkt. In ihrer Verantwortung als Konsument*innen wünschten sich die jungen Tagungsgäste mehr Transparenz bezüglich der Herstellungsprozesse.

Digitalität als demokratisches Projekt – im Kontext Europa

In der abschließenden offenen Fragerunde diskutierten die Panelist*innen die folgenden Fragen: Haben wir in Europa eine historische Verantwortung und sollten uns aus diesem Grund im Kampf um Ressourcen zurücknehmen? Können Demokratien mit der schnellen Entwicklung im Bereich der Digitalisierung mithalten? Welche Rolle spielt Europa bei der digitalen Entwicklung?

Es wurde deutlich, dass sich die EU mit der Datenschutzgrundverordnung als Vorreiter auf diesem Gebiet etabliert hat. Auch die Frage, ob demokratische Systeme zu langsam für die Digitalisierung sind, wurde diskutiert. Hendrik Zimmermann betonte: „Es braucht die langsamen Prozesse der Demokratie.“ Diese Diskussionsprozesse seien essenziell für demokratische Entscheidungen. Es ginge außerdem nicht darum, demokratische Prozesse an die Geschwindigkeit der Digitalisierung anzupassen, sondern es sollte überlegt werden, wie die Digitalisierung für die Zwecke der Gesellschaft genutzt werden könnte, so Zimmermann.

Jugendbeteiligung in der Tagungsarbeit

Die Besonderheit des „Zukunft-Lab“-Mentoringprogramms ist der Fokus auf Jugendbeteiligung. Die Jugendlichen agieren als Tagungsteam: Sie konzipieren, planen und begleiten die Tagung aktiv. Auch im nächsten Jahr wird das Zukunfts-Lab stattfinden. Interessierte Jugendliche, die Teil des neuen Tagungsteams werden möchten, können sich bei der Studienleiterin Julia Wunderlich (wunderlich@ev-akademie-tutzing.de) melden.

Diese Meldung wurde in längerer Form zunächst von der Evangelischen Akademie Tutzing veröffentlicht. Die Autorin ist Pina Vetter.