Pressemitteilung | 27.06.2019

Trotz großen Drucks für mehr Klimaschutz von der Straße: UN-Klimaverhandlungen in Bonn enden ohne echte Fortschritte

Fossile Lobby verhindert wichtige Entscheidungen in Vorbereitung auf Klimagipfel Ende des Jahres / Auf UN-Sondergipfel im September lastet nun großer Druck
Pressemitteilung

Bonn (27. Juni 2019). Ohne größere Fortschritte in zentralen Punkten sind die zehntägigen UN-Zwischenverhandlungen in Bonn heute zu Ende gegangen. Weder die große Hitzewelle in der zweiten Woche noch die Proteste auf der Straße konnten helfen, die Verhandlungen maßgeblich in die richtige Richtung voranzutreiben. Aus Sicht der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch ist das Verhandlungstempo für eine entschlossene Umsetzung des Pariser Klimaabkommens deutlich zu langsam. "Der politische Wille für ehrgeizigeren Klimaschutz fehlt in mehreren Staaten. Das haben wir deutlich gesehen", bilanziert Rixa Schwarz, Teamleiterin für Internationale Klimapolitik bei Germanwatch. "Besonders bei Themen wie der Förderung ehrgeizigen Klimaschutzes oder auch dem Umgang mit klimabedingten Schäden und Verlusten haben mehrere Verhandlungsparteien blockiert. Die EU hat es leider verpasst, den Verhandlungen hier Schub in die richtige Richtung zu geben."

Die beim letzten Klimagipfel in Katowice nicht beendeten Verhandlungen zu Artikel 6 des Pariser Abkommens - allgemein umschrieben als Marktmechanismen - wurden fortgeführt. Risiken durch Schlupflöcher wie Doppelzählungen von Emissionsminderungen, die in einem Staat durchgeführt aber von einem anderen Land gekauft werden, bestehen jedoch noch immer – befördert vor allem durch Brasilien. Auf die neue chilenische COP25-Präsidentschaft kommt in der Zeit bis zum Klimagipfel in Santiago de Chile eine große Herausforderung zu. „Diese Marktmechanismen müssen zu mehr und schnellerem, nicht zu weniger Klimaschutz führen. Das Pariser Abkommen darf in Santiago nicht mit einem Beschluss voller Schlupflöcher unterwandert werden – ansonsten wäre es besser, diese Regeln gar nicht zu beschließen“, betont David Ryfisch, Co-Teamleiter für internationale Klimapolitik bei Germanwatch.

Eine weitere zentrale Frage ist seit dem jüngsten Klimagipfel in Katowice, welche Rolle die wissenschaftlichen Berichte des Weltklimarats IPCC für die politischen Entscheidungen der UN-Klimaverhandlungen spielen sollen. Einzelne von Interessen der fossilen Lobby getriebene Verhandlungsparteien – angeführt von Saudi Arabien - stellten gar die Aussagekraft der wissenschaftlichen Arbeit des neuen IPCC-Sonderberichts zu 1,5 Grad Erwärmung in Frage, woran ein Kompromissvorschlag der EU scheiterte.  „Der 1,5-Grad-Bericht bleibt dennoch eindeutig die wissenschaftliche Grundlage für die klimapolitischen Entscheidungen der Staaten. Die Blockadehaltung einzelner Verhandlungsparteien hat hierauf keinen Einfluss“, erläutert Rixa Schwarz.

EU und Deutschland sind vor Klimasondergipfel im September gefordert

Kleinere Fortschritte gab es beim sogenannten Warschau-Mechanismus, der sich mit der Bewältigung von klimabedingten Schäden und Verlusten beschäftigt. Dieser soll überprüft werden. Während man sich auf die Ausgestaltung der Überprüfung einigen konnte, blieb allerdings unklar, welches Gremium die Überprüfung aufgreifen wird. Schwarz: „Der jetzige Schwebezustand birgt das Risiko, dass der Schutz der am meisten vom Klimawandel Betroffenen unzureichend geregelt bleibt. Mit der Überprüfung soll der Handlungsbedarf und die nötige finanzielle Unterstützung konkret festgestellt und endlich angegangen werden."

Das schleppende Tempo der UN-Verhandlungen erhöht den Druck auf den Klimasondergipfel des UN-Generalsekretärs Guterres am 23. September. Deutschland und die EU müssen dort konkrete Angebote zur Erhöhung der eigenen Klimaschutzmaßnahmen machen. Nachdem beim jüngsten EU-Gipfel eine Verbesserung des EU-Klimaziels gescheitert ist, fordert Germanwatch einen EU-Gipfel noch vor dem Klimasondergipfel, um die Erhöhung des EU-Klimaziels nachzuholen. Bundeskanzlerin Merkel fällt dabei eine zentrale Rolle zu, um die Bremser innerhalb der EU mit ins Boot zu holen.