Klimagipfel schafft Grundlage für weltweite Umsetzung des Pariser Abkommens – Jetzt muss Bundesregierung handeln
Katowice (15. Dez. 2018). Das auf der aktuell noch andauernden Weltklimakonferenz in Katowice (COP 24) vereinbarte Regelbuch ist nach Einschätzung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch eine solide Grundlage für die weltweite Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. "Dieses Regelwerk ist eine solide technische Basis. Aber zur Abwendung der Klimakrise kommt es nun darauf an, dass alle Staaten deutlich mehr politischen Willen zur zügigen Umsetzung des Pariser Abkommens zeigen", sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. "Für den notwendigen Wandel müssen zum Beispiel weitreichende Transformationspartnerschaften zwischen Staaten zur Umsetzung der Energie- und Verkehrswende vereinbart werden."
Bals weiter: „Dies ist vor allem deswegen ein beachtliches Ergebnis, weil es einige Sabotageversuche aus dem Weißen Haus, von Saudi-Arabien und Brasilien gab." Das Ergebnis sei vor allem der Verdienst der ärmsten und durch die Klimakrise verletzlichsten Entwicklungsländer, die sich für starke Beschlüsse eingesetzt haben. "Die Abwendung der Klimakrise ist gerade für diese Länder eine Frage des Überlebens", betont Bals. "Auch Deutschland hat durch seine Finanzzusagen und sein Auftreten innerhalb der sogenannten High-Ambition-Koalition von Industrie- und Entwicklungsländern zu diesem Ergebnis konstruktiv beigetragen.“
Bals weiter: „Das Ergebnis von Katowice ist auch ein Sieg für den Multilateralismus. Die Bewährungsprobe folgt aber nun, wenn es an die Umsetzung des Pariser Abkommens geht. Wir brauchen jetzt Entscheidungen der Regierungen für ehrgeizigen Klimaschutz zu Hause. Die Klimabewegung, die sich gerade vom Hambacher Wald über Widerstand gegen Pipelines bis zu Klima-Schulstreiks weltweit formiert und auch hier in Katowice sichtbar geworden ist, wird von den Regierungen nun immer vehementer den notwendigen Klimaschutz einfordern." In Deutschland muss Anfang des Jahres die Kohlekommission einen Ausstiegspfad beschließen, der mit den Pariser Klimazielen vereinbar ist, die Verkehrskommission muss die Weichen für eine echte Verkehrswende stellen und das Klimaschutzgesetz muss die notwendigen Maßnahmen wie einen CO2-Preis festschreiben. "Das erlaubt dann auch die Erhöhung des unzureichenden europäischen Klimaziels für 2030, so wie es Deutschland und die EU hier zugesagt haben“, betont Christoph Bals.
COP 24 fordert verbesserte Klimaziele aller Länder bis 2020
Als ein zentrales Ergebnis der Konferenz hebt Germanwatch hervor, dass die Bedeutung der Berichte des Weltklimarats IPCC für die Klimapolitik anerkannt wurde und alle Staaten aufgefordert sind, bis 2020 nachgebesserte Klimaziele vorzulegen. „Ohne den Widerstand der USA und Saudi-Arabiens wären hier noch eindeutigere Beschlüsse möglich gewesen. Trotzdem macht das Abschlussdokument der Konferenz deutlich: Vor dem Hintergrund des Sonderberichts des Weltklimarats zu 1,5 Grad wird von allen Ländern erwartet, jetzt ihre Klimaziele für 2030 nachzuschärfen", so Bals. UN-Generalsekretär Guterres lädt für September 2019 zu einem Sondergipfel ein, auf dem die verbesserten Klimaziele vorgelegt werden sollen.
In den Umsetzungsregeln für das Pariser Klimaabkommen ist es gelungen, einheitliche Vorgaben für alle Länder zur Vergleichbarkeit der nationalen Klimabeiträge und zu den Berichten über ihre Umsetzung zu verankern. Zudem gibt es Übergangsregeln für die Entwicklungsländer, denen bislang die notwendigen Kapazitäten dafür fehlen. „Das ist ein wichtiger Erfolg von Katowice, denn nur mit einheitlichen Vorgaben kann das Pariser Klimaabkommen funktionieren“, erklärt Bals. „Der Versuch Brasiliens, riesige Schlupflöcher zu schaffen, konnte abgewehrt werden." Brasilien wollte, dass der internationale Emissionshandel nicht im Transparenzregime berücksichtigt wird.
Klar ist nun auch, wie die regelmäßigen Überprüfungsrunden ab 2023 ablaufen sollen; die Regeln hierzu bewertet Germanwatch als ausreichend robust. Positiv hervorzuheben ist, dass bei diesen Runden zur Zielkontrolle und Nachschärfung dieser Ziele alle fünf Jahre auch die klimabedingten Schäden und Verluste beachtet werden sollen.
Regeln zur Klimafinanzierung gestärkt - doch mehr Länder müssen Finanzzusagen aufstocken
Mit den Beschlüssen zur Klimafinanzierung wurden die Grundlagen gelegt, dass auch Entwicklungsländer ihre Emissionen schneller reduzieren und gleichzeitig die Anpassung an schon nicht mehr vermeidbare Klimafolgen stemmen können. „Die Regeln zur Berichterstattung über geplante und geleistete Klimafinanzierung schaffen mehr Planungssicherheit für die Entwicklungsländer“, lobt Bals. „Allerdings sollte es seriöse Praxis sein, in den Berichten klar zwischen Zuschüssen und Krediten zu unterscheiden. Es ist widersinnig, wenn Kredite mit ihrer Gesamtsumme genauso gezählt werden wie Zuschüsse; das muss in einigen Jahren dann verbindlich geregelt werden.“
Ein Erfolg ist aus Sicht von Germanwatch, dass die Zukunft des erfolgreichen Anpassungsfonds, der bislang Teil des auslaufenden Kyoto-Protokolls war, nun auch unter dem Paris-Abkommen gesichert ist. „Die Regeln und Institutionen zur Klimafinanzierung wurden gestärkt – aber jetzt ist auch mehr Geld notwendig. Mit Ankündigungen zur Verdopplung der Beiträge für den Grünen Klimafonds haben Deutschland und Norwegen vorgelegt, auch die anderen reichen Länder müssen kommendes Jahr ihre Beiträge verdoppeln“, fordert Christoph Bals. „Enttäuschend für die vom Klimawandel besonders Betroffenen ist, dass keine Fortschritte zur Finanzierung von klimawandelbedingten Schäden und Verlusten gemacht wurden, die trotz Klimaanpassung nicht mehr abwendbar sind. Die Auswirkungen des Klimawandels werden immer dramatischer – dieses Thema gehört daher ganz oben auf die Tagesordnung der nächsten Klimakonferenz in Chile.“