Pressemitteilung | 17.10.2018

Bundesregierung schweigt bei Verhandlungen zu Menschenrechten in der Wirtschaft

Germanwatch kritisiert: Während Frankreich aktiv Position bezieht, versteckt sich Bundesregierung bisher hinter fehlendem EU-Mandat
Pressemitteilung

Berlin (17. Okt. 2018). In Genf verhandeln in dieser Woche mehr als 100 Staaten in einer Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen über ein verbindliches Abkommen zur Einhaltung der Menschenrechte durch Unternehmen. Auch Deutschland ist vertreten, bringt sich aber inhaltlich bisher überhaupt nicht ein. "Deutschland versteckt sich hinter dem fehlenden EU-Mandat. Solange sich die EU aber auf keine gemeinsame Position einigen kann, muss sich die Bundesregierung umso mehr aktiv für den Schutz der Menschenrechte einbringen", sagt Julia Otten, Expertin für globale Lieferketten und zukunftsfähiges Wirtschaften bei der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Frankreich habe sich zum Beispiel zum besseren Schutz von Menschenrechten geäußert. Otten: "Verbesserungen im Menschenrechtsschutz und Rechtszugang für Betroffene weltweit benötigen die Erfahrungen und Perspektiven der Mitgliedsstaaten. Deutschland muss sich entsprechend einbringen."

Die Verhandlungen erhielten zum Start am Montag vielseitige Unterstützung: Die stellvertretende Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Kate Gilmore, betonte in ihrer Eröffnungsrede, dass die bereits verabschiedeten UN-Leitprinzipien und der Verhandlungsprozess für ein verbindliches Abkommen sich gegenseitig stärken können. Auch der ehemalige UN-Sonderbeauftragte für Unternehmen und Menschenrechte, Professor John Ruggie, schrieb in einem offenen Brief vergangene Woche, er sehe weder jetzt noch damals irgendwelche Widersprüche zwischen den UN-Leitprinzipien und weiteren Entwicklungen im Internationalen Recht. Das Europäische Parlament rief in einer Resolution die Mitgliedsstaaten zur konstruktiven Teilnahme auf.

Seit drei Monaten liegt ein Entwurf für ein Abkommen vor, der den Rechtsentwicklungen in der EU und bisherigen Bedenken der Bundesregierung entgegenkommt. Zu den Vorschlägen haben bislang aber weder die Bundesregierung noch die EU öffentlich Position bezogen. Die EU nimmt zwar an den Verhandlungen beobachtend teil, beteiligt sich aber nicht an den inhaltlichen Fragen, da sie bisher kein abgestimmtes Mandat dazu hat. Der Entwurf sieht jedoch als zentrales Element die nationale Verankerung von Sorgfaltspflichten für Unternehmen vor und Frankreich hat sich dazu am Montag bereits unterstützend geäußert. "Es geht neben den Sorgfaltspflichten für Unternehmen auch um die Frage des Rechtszugangs für Betroffene von Unternehmensunrecht, wo es auch in Deutschland Handlungsbedarf gibt", so Otten. "Außenminister Maas hat sich in den vergangenen Wochen zu einer  'Allianz für den Multilateralismus' und der 'Weiterentwicklung der regelbasierten Ordnung' bekannt. Der vorliegende Entwurf kommt dieser Position entgegen. Es liegt im Interesse Deutschlands, dass es nicht blockiert, sondern sich  dafür einsetzt auf UN-Ebene die Lücken im Rechtssystem zu schließen."