Kenntnisse reichen aus, um effektive Maßnahmen zu ergreifen
Kenntnisse reichen aus, um effektive Maßnahmen zu ergreifen
Im März diesen Jahres verabschiedete die Deutsche Meteorologische Gesellschaft unter Federführung von Prof. Schönwiese und Mitwirkung der ausgewiesenen Klimawissenschaftler Claussen, Cubasch, Graßl, Rahmstorf u.a. eine neue Stellungnahme zum Klimawandel. Die Erklärung betont den wissenschaftlichen Kenntnisstand und die Notwendigkeit, baldig effektive Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen.
GERMANWATCH druckt die Kurzfassung geringfügig gekürzt ab.
"In Übereinstimmung mit den Verlautbarungen internationaler Gremien und auf der Grundlage der in Deutschland erarbeiteten umfangreichen Ergebnisse der Klimaforschung weist die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) darauf hin, dass die beobachteten weltweiten Klimaänderungen andauern. Vielfach haben sie sich in den letzten beiden Jahrzehnten sogar verstärkt. Dabei war im globalen Mittel 1998 nicht nur das wärmste Jahr seit dem Beginn der systematischen weltweiten Messungen (1856), sondern aufgrund indirekter Rekonstruktionen nordhemisphärisch sogar mindestens der letzten 1000 Jahre. Im 20. Jahrhundert ist der Temperaturanstieg in Deutschland mit 0,9 °C gegenüber global gemittelt etwa 0,6 °C überdurchschnittlich groß und das Jahr 2000 das wärmste seit 1761 gewesen. Beim Niederschlag sind innerhalb Europas eine Zunahme in Skandinavien und eine Abnahme im Mittelmeergebiet am signifikantesten. In Deutschland steht einem deutlichen Anstieg der Winterniederschläge eine leichte Abnahme der Sommerniederschläge gegenüber. Im einzelnen sind die Klimaänderungen aber sehr vielfältig, weil sich nicht nur Langfristtrends, Fluktuationen und relativ kurzfristige Anomalien sowie Extremereignisse überlagern, sondern auch ausgeprägte regional-jahreszeitliche Besonderheiten auftreten. (...)
Auch wenn die Ursachen der beobachteten Klimaänderungen kompliziert sind und die Rolle der natürlichen Klimaänderungen noch keinesfalls ausreichend geklärt ist, geht die globale Erwärmung der letzten 100 - 150 Jahre mit hoher Wahrscheinlichkeit auf menschliche Aktivitäten zurück, insbesondere auf den ständig gestiegenen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) und anderen klimawirksamen Spurengasen in Zusammenhang mit der Nutzung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl und Erdgas, einschließlich Verkehr) und Waldrodungen. Falls die Emission dieser Gase weiterhin ähnlich stark ansteigt wie bisher, wird für die kommenden 100 Jahre im globalen Mittel ein Temperaturanstieg von 1,4 - 5,8 °C befürchtet. Die große Bandbreite dieser Abschätzungen erklärt sich überwiegend aus den Unsicherheiten der Zukunftsszenarien menschlicher Aktivitäten, aber auch den noch immer bestehenden Schwächen der Klimamodellierung. Daher müssen unter anderem die Effekte von Wolken und atmosphärischen Partikeln in der Atmosphäre, das ozeanische Strömungssystem sowie die Rolle der Ökosysteme im Klimageschehen noch wesentlich besser verstanden werden. Weiterhin muss es gelingen, zu verlässlicheren Aussagen hoher regionaler Auflösung zu kommen und das zeitliche Schwankungsverhalten, einschließlich dem Auftreten von Extremereignissen, realistischer wiederzugeben.
Es gibt somit noch viele offene Fragen der Klimadiagnostik, Klimamodellierung und nicht zuletzt der ökologisch-sozioökonomischen Auswirkungen von Klimaänderungen. Dies erfordert verstärkte Anstrengungen in der gesamten Bandbreite der Klimaforschung, wobei bei aller Notwendigkeit anwendungsbezogener Forschung die Grundlagenforschung nicht vernachlässigt werden darf. Andererseits reichen die derzeitigen Kenntnisse zweifellos aus, um international abgestimmte, effektive und baldige Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen. Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit sind dazu aufgefordert, sich mit allem Nachdruck dafür einzusetzen. Dies betrifft auch und insbesondere die Konkretisierung der UN-Klimarahmenkonvention (Rio de Janeiro, 1992) und die Umsetzung des Kyoto-Protokolls (3. Vertragsstaatenkonferenz, 1997). Der Misserfolg von Den Haag (Nov. 2000) muss überwunden werden, wenn diese 6. Vertragsstaatenkonferenz im Juli 2001 in Bonn fortgesetzt wird."