Governance und Geschäftsmodelle für die Transformation: 11 Thesen zur Energiewende
Die Energiewende gilt als eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit. 2010 beschloss die damalige Bundesregierung, bis 2050 den deutschen Energiebedarf hauptsächlich aus erneuerbaren Energien zu decken und die deutschen Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren. Eine Vielzahl von Studien legt nahe, dass Hemmnisse der Energiewende vor allem durch politische Rahmenbedingungen entstehen (vgl. etwa Deloitte 2013; Adelphi 2013). Welche politischen Rahmenbedingungen dies im Einzelnen sind und wie sie im Sinne der Transformation angepasst werden könnten, haben wir in den vergangenen drei Jahren mit zentralen Akteuren der Energiewende im Rahmen des BMBF-Forschungsprojektes „Investitionsschub durch die deutsche Energiewende“ diskutiert.
Als methodische Basis für das Projekt „Investitionsschub“ dient ein Brückenschlag zwischen der allgemeinen Gleichgewichtstheorie, Spieltheorie und keynesianischen Ansätzen zur Erwartungskoordination. These war und ist, dass eine erfolgreiche Rekoordination von Erwartungen wesentlicher Stakeholder einen Übergang vom jetzigen Gleichgewicht mit geringem Wachstum und hohem CO2-Ausstoß zu einem anzustrebenden Gleichgewicht mit einer prosperierenden Niedrig-Emissions-Ökonomie unterstützen kann. In einer Reihe von Stakeholderdialogen haben wir überprüft, welche Hindernisse und Chancen wichtige Akteure der Energiewende sehen und welche Rahmenbedingungen und Geschäftsmodellideen ihre Erwartungen positiv und in Richtung grünen Wachstums beeinflussen können.
Die folgenden Empfehlungen fassen wesentliche Ergebnisse dieser Dialoge für vier zentrale Bereiche der Energiewende zusammen: institutionelle Investoren, Energieversorgungsunternehmen, Telekommunikationswirtschaft und Übertragungsnetzbetreiber. Ein kooperatives Zusammenwirken dieser Bereiche kann die Energiewende entscheidend voranbringen.
Institutionelle Investoren können durch Investitionen in grüne Infrastruktur wie Erneuerbare Energien und Energieeffizienz die Energiewende unterstützen. Wichtige Weichenstellungen betreffen die Weiterentwicklung von Finanzinstrumenten, die Anpassung von Regulierung in den Bereichen Finanzmarkt und Energie sowie die Bewertung und das Management von Investitionsrisiken.
Die Telekommunikationswirtschaft kann Lösungen für die Digitalisierung der Energiewende bereitstellen und damit als ‚Enabler‘ (Ermöglicher) eine zentrale Rolle für die Transformation des Energiesystems spielen: Mit Informations- und Kommunikationstechnologien ausgestattete Smart Grids ermöglichen eine Flexibilisierung des Energiesystems und können so die weitere Integration von dezentralen Erneuerbaren Energien sicherstellen sowie zur Dekarbonisierung der Sektoren Wärme und Mobilität beitragen.
Die Netzbetreiber haben die Aufgabe, die Integration der Erneuerbaren Energien in das Stromnetz umzusetzen. Angesichts gestiegener Dezentralität und Volatilität in der Erzeugung sowie dem zunehmenden Auseinanderfallen von Erzeugung und Verbrauch, erfordert dies ein intelligentes Schnittstellenmanagement mit allen beteiligten Akteuren auf regionaler bis zur europäischen Ebene. In diesem Zusammenhang muss zudem – in Kooperation mit zivilgesellschaftlichen und politischen Akteuren – ein breiter und transparenter gesellschaftlicher Dialog rund um den zum Teil umstrittenen Netzausbau organisiert werden.
Die Energiewirtschaft muss sich auf den fundamentalen Wandel im Energiesystem einstellen, der ihre alten Geschäftsmodelle zunehmend in Frage stellt. Der Fokus verschiebt sich von Erzeugung zu Energieeffizienzdienstleistungen für Unternehmen und Kommunen. Dies bietet Chancen, die etwa am Beispiel von Mieterstrommodellen aufgezeigt werden können, aber auch Herausforderungen für die Branche.
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- Aktualisierte Version eines im September veröffentlichten Papiers -
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Ein Thesenpapier im Rahmen des Projektes "Investitionsschub durch die deutsche Energiewende in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise" vom Global Climate Forum und Germanwatch.
Autor:innen | Jahel Mielke, Hendrik Zimmermann, Verena Wolf, Hannah Vermaßen, Nane Retzlaff, Jan Burck, Christoph Bals |
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Publikationsdatum | |
Seitenanzahl | 46 |
Publikationstyp | Thesenpapier
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