Pressemitteilung | 29.01.2016

Konfliktrohstoffe: EU-Verordnung darf nicht hinter China zurückfallen - Bundesregierung in der Pflicht

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Berlin, 29. Jan. 2016. Die EU-Kommission, das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten verhandeln ab dem 1. Februar eine Verordnung, um den Handel mit Konfliktmineralien einzudämmen. Ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Deutschland fordert die Einführung einer verbindlichen Sorgfaltspflicht für alle Unternehmen, die Rohstoffe aus Konfliktregionen nutzen. „Alle Unternehmen stehen in der Verantwortung, ihre Lieferkette zu überprüfen und Maßnahmen einzuleiten, um eine direkte oder indirekte Finanzierung von Bürgerkriegen oder massiven Menschenrechtsverletzungen zu verhindern”, erklärt Christian Wimberger von der Christlichen Initiative Romero (CIR). Die Europäische Union importiert 16 Prozent der weltweit gehandelten Konfliktmineralien Zinn, Wolfram, Tantal und Gold, u.a. zur Herstellung von Technologieprodukten.

Michael Reckordt (PowerShift), Koordinator des Arbeitskreis Rohstoffe, betont: „Die USA haben bereits 2010 verpflichtende Sorgfaltspflichten eingeführt und China setzt seit 2015 den wegweisenden OECD-Standard zu Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette um. Es wäre ein Armutszeugnis für die EU, würde ihre Verordnung dahinter zurückfallen.“

„Eine gesetzliche Regulierung darf sich nicht nur auf die Unternehmen beziehen, die die Rohstoffe schmelzen oder importieren. Stattdessen muss sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass sich auch die Hersteller von Autos oder Elektronik nicht länger aus der Verantwortung stehlen können“, unterstreicht Johanna Sydow von Germanwatch. Gesine Ames vom Ökumenischen Netzwerk Zentralafrika ergänzt: „Nur bei einer verpflichtenden Umsetzung von Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette können europäische Konsumentinnen und Konsumenten sicher sein, dass sie nicht unbeabsichtigt illegal bewaffnete Gruppen in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, Kolumbien oder Myanmar finanzieren."

In einer wegweisenden Abstimmung hatte sich im Mai vergangenen Jahres eine Mehrheit der EU-Abgeordneten dafür ausgesprochen, alle europäischen Unternehmen auf eine verantwortungsvolle Beschaffung von sogenannten Konfliktrohstoffen wie Tantal, Wolfram, Zinn und Gold zu verpflichten. Europäische Unternehmen müssten demnach analog zu den OECD-Standards ihre Sorgfaltspflichten einhalten und offenlegen, ob sie Konfliktrohstoffe in ihrer Wertschöpfungskette oder Produktion verwenden und wie sie etwaiger Konfliktfinanzierung oder Menschenrechtsverletzungen in Zukunft begegnen werden. Damit hat sich das Europäische Parlament gegen den Entwurf der EU-Kommission und für strengere Vorgaben für Unternehmen ausgesprochen. Die EU-Mitgliedsstaaten einigten sich in ihrem Verhandlungsmandat im Dezember nur auf eine freiwillige Regelung, obwohl einige Länder wie Schweden oder Deutschland sich zuvor für eine verbindliche Regelung ausgesprochen hatten.

Neben dem Europäischen Parlament und der Zivilgesellschaft unterstützen auch einige europäische Unternehmen verbindliche Vorgaben, zum Beispiel Telenor, ein skandinavisches Kommunikationsunternehmen oder Novo Nordisk, ein dänischer Pharmakonzern.

Zum Hintergrund:

Die deutsche Industrie ist zu nahezu 100 Prozent abhängig von den Importen von Primärrohstoffen. Im Jahr 2014 wurden 66,8 Mio. Tonnen an Metallen mit einem Gesamtwert von 39 Mrd. Euro nach Deutschland importiert. Zudem kommen Rohstoffe über Vor- oder Endprodukte ins Land. So war Deutschland im Jahr 2013 mit 64 Millionen Mobiltelefonen und 15 Millionen Laptops der drittgrößte Importeur dieser Produkte weltweit und der größte in Europa.

Der Verordnungsentwurf „zur Schaffung eines Unionssystems zur Selbstzertifizierung der Erfüllung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette durch verantwortungsvolle Einführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten“ (COM(2014) 0111) wird nun in einem Trilog zwischen Europäischer Kommission, Rat der Europäischen Union und EU-Parlament verhandelt.

Über die Organisationen: Der Arbeitskreis Rohstoffe ist ein Netzwerk deutscher Nichtregierungsorganisationen, die sich für Menschenrechte, soziale Standards und Umweltschutz einsetzen. Seit 2008 tauschen sich die Organisationen im AK Rohstoffe regelmäßig aus und diskutieren angesichts der negativen Auswirkungen des Rohstoffabbaus über Ansätze einer zukunftsfähigen Rohstoffpolitik. Seit Mai 2013 gibt es ein Koordinationsbüro in Berlin.


Diese Pressemitteilung wird von folgenden Organisationen und Netzwerken unterstützt:

Brot für die Welt | Christliche Initiative Romero | Forum Umwelt und Entwicklung | Germanwatch | Miserero | Inkota Netzwerk | PowerShift | Stop Mad Mining | ökumenisches netz zentralafrika