Blogpost | 20.01.2016

Business as usual is no longer an option - Internationale Konferenz zur Verbindung von Bildung für nachhaltige Entwicklung und den SDG

Blog-Beitrag von Stefan Rostock, Januar 2016
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In Ahmedabad, Indien fand vom 11.-13. Januar 2016 die Konferenz: ‘Education as a Driver for Sustainable Development Goals’ statt. Germanwatch konnte mit Stefan Rostock, NRW Fachpromotor Klima und Entwicklung, eingeladen vom Veranstalter CEE und in Kooperation mit dem UN Klimasekretariat, einen Vortrag im Workshop zu Ziel 13: "Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen" zur Debatte und als Mitglied im Redaktionskomitee zum "Ahmedabad Plan of Action" beitragen. Organisiert wurde die Konferenz vom Centre for Environment Education (CEE) in Kooperation mit UNESCO, UNEP und UNFCCC.

Anliegen der Konferenz war es, die tragende Rolle von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in der Umsetzung der 2030-Entwicklungsagenda, vor allem der Sustainable Development Goals (SDG), der Ergebnisse des World Education Forum in Incheon im Mai 2015 und der Beschlüsse von Paris (COP21) zu betonen und konkrete Anforderungen für die erfolgreiche Umsetzung zu erarbeiten. Dazu fanden 20 Workshops und mehrere hochkarätig besetzte Plenen statt. Als die zwei Leitziele hält die Abschlusserklärung fest:

Ziel 1: Bildung und Lernen so auszurichten, dass jede/r die Chance hat das Wissen, die Fähigkeiten, die Werte und Einstellungen zu erlangen, um einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung zu leisten.

Ziel 2: Stärkung von Bildung und Lernen in allen Agenden, Programmen und Aktionen, die eine nachhaltige Entwicklung fördern.

Betont wurde von den etwa 750 TeilnehmerInnen aus 22 Ländern, dass Klimawandel, nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung untrennbar miteinander verbunden sind. Eine besondere Bedeutung hatten in allen Workshops Fallbeispiele, diese wurden als Lern- und Erfahrungsorte vorgestellt und diskutiert, eine besondere Rolle können Fallbeispiele übernehmen, wenn die mit ihnen gemachten Erfahrungen dazu führen, politische Rahmenbedingungen für alle hin zu mehr Nachhaltigkeit zu verändern: "Where appropriate case studies should contribute to policy making and inform decision making".

Eindrucksvoll war eine schöne Grundstimmung der Konferenz: Nicht Gegensätze zwischen Industrieländern, Schwellenländern und Entwicklungsländern wurden trennend hervorgehoben, sondern die gemeinsame Verantwortung, gemeinsame Herausforderungen und die unterschiedlichen Lösungen wurden thematisiert. Hier schien eine globale Weltklimabewegung bzw. durch Bildung ermöglichte Transformationsbewegung durch!

Der Entwurf des "Ahmedabad Plan of Action" betont die Notwendigkeit des Wandels und die politische Rolle, die Bildung dabei spielen kann: "Education for Sustainable Development empowers learners to transform themselves and the society they live in".

Für die nationale Umsetzung der SDG wurden drei Prinzipien verankert:

• Die SDG sind miteinander verbunden und ihre Umsetzung muss einen integrierten Ansatz haben.

• Bildung muss in die Umsetzungspläne aller SDG integriert werden. Bildung bietet den Rahmen die SDG in die verschiedensten Kontexte zu integrieren.

• Bildungsinstitutionen (formale, non-formale und informale/life-long learning) spielen eine große Rolle dabei, die Transformation hin zu Nachhaltigkeit zusammen mit anderen Akteuren in allen Bereichen der Gesellschaft zu gestalten.

Ein Leitgedanke, der nahezu alle Veranstaltungen durchzog, war die Notwendigkeit einer stärkeren Werteorientierung in der BNE. Globalisierung hat uns geholfen einander näher zu kommen und im Austausch zu lernen. Jetzt gilt es Formen zu entwickeln, damit Werte, die im Umgang mit den Nächsten selbstverständlich sein sollten (bzw. immer wieder neu gelebt werden müssen), auch für die entfernt Lebenden, die Armen (in nah und fern) und die Abgehängten gelten. "Die politische Größe zeigt sich, wenn man in schwierigen Momenten nach bedeutenden Grundsätzen handelt und dabei an das langfristige Gemeinwohl denkt", so Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato Si" (178), dessen Aufruf an alle Menschen, die soziale und ökologische Krise gemeinsam anzugehen, auch hier spürbar wurde.

Zu einer engeren Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Akteuren, vor allem dem kritischen und selbstbewussten Dialog mit Unternehmen, wurden BNE-Akteure ermuntert. Wie kann der Erfolg von BNE gemessen werden? Messbarkeit muss weiterentwickelt werden, doch wird es immer viele Bereiche geben, die nicht oder nur schwer messbar sind: Nicht-messbare Faktoren wie Würde, Mitgefühl, (Für-)Sorge, Leidenschaft, Selbstverpflichtung, Verantwortungsübernahme und Zuwendung sind notwendig, um einen für die Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft notwendigen Rahmen zu geben.

Adriana Valenzuela UNFCCC, Art. 6 Bildung und Stefan Rostock Germanwatch, Teamleiter BNE
 

Für den Klimabereich wurde insbesondere betont, dass jedes nationale Umsetzungsziel (Intended Nationally Determined Contribution, INDC) mit einem Bildungsziel/einer Bildungskomponente ausgestattet sein soll. Die Klima-Arbeitsgruppe diskutierte die doppelte politische Dimension von Klimabildung: zum einen sollen Individuen befähigt werden, sich politisch einzubringen, zum anderen kann durch Klimabildung erreicht werden, dass klimapolitische Vorschläge und Maßnahmen Unterstützung finden und ihre VertreterInnen (wieder-)gewählt werden. Gerade die sich rasch weiterentwickelnde Situation in der Klimapolitik und in der Klimawissenschaft erfordert aktuelle bzw. leicht aktualisierbare Bildungsmodule sowie Fortbildungsangebote für Bildungsakteure auf den verschiedenen Ebenen.

Die Konferenz war ein sehr guter, ja notwendiger Auftakt ins Jahr 2016 - dem Jahr der Umsetzung. Der Bildungsbereich hat gezeigt, was er leisten kann (Fallbeispiele und Curricula-Entwicklung) bzw. könnte, wenn die Bedingungen dafür besser wären und er hat den Akteuren, die an der Umsetzung der SDG arbeiten, zum einen die Hand gereicht und Unterstützung angeboten, zum anderen aber deutlich auf die Unverzichtbarkeit von Bildungsangeboten in allen Zielen und in allen Bereichen, in denen nachhaltige Entwicklung jetzt schon stattfindet, hingewiesen. BNE ist für das Erreichen der SDG unverzichtbar. Aber das Ziel einer transformierten Welt lässt sich nur mit einer transformierten Bildung erreichen. Auch hier gibt es noch viel zu tun.


- Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Für den Inhalt ist alleine Germanwatch verantwortlich. -


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Autor:innen

Stefan Rostock

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Bereichsleiter Bildung für nachhaltige Entwicklung, NRW-Fachpromotor für Klima & Entwicklung