Der Germanwatch Hand Print: Bildung für nachhaltige Entwicklung wird politischer werden
Über das Ende der UN-Dekade hinaus wird Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) nun weiter ausgebaut und verstetigt. Um dies umzusetzen hat die UNESCO das BNE-Weltaktionsprogramm beschlossen. Zwei zentrale Eckpunkte in der Erklärung der Abschlusskonferenz zur BNE-Dekade in Aichi-Nagoya 2014 sind: BNE in alle Bildungsbereiche fest zu verankern und in allen Bereichen, Aktivitäten und politischen Prozessen, in denen bereits jetzt nachhaltige Entwicklung stattfindet (z.B. Solaranlagen, Solidarische Landwirtschaft, aber auch politische Nachhaltigkeitsprozesse…) Bildungs- und Lernprozesse im Sinne einer BNE zu verankern. Der BNE-Fokus hat sich weiterentwickelt. Die alten Nachhaltigkeitstipps für den alltäglichen, individuellen Bereich bilden nun die Grundlagen für weitergehendes, politischeres Engagement. Hierzu wurde auf der UN-Konferenz in Nagoya im Dezember 2014 eine Erklärung verabschiedet, die die Bedeutung der Bildung für nachhaltige Entwicklung weitergehend beschreibt. Darin wird unterstrichen,
"... dass BNE die Bildungsteilnehmer befähigt (to empower!), sich selbst und die Gesellschaft, in der sie leben, zu transformieren, [...]." (eigene Übersetzung, Aichi-Nagoya-Erklärung, Punkt 8)
Die Situation der Verlierer der Globalisierung, Hunger, die Folgen des Klimawandels, der hohe Ressourcenverbrauch, nicht-nachhaltige Produktions- und Konsummuster, zunehmende soziale Desintegration innerhalb und zwischen den Ländern, Flucht und andere Herausforderungen gehen uns alle an. Angesichts der enormen Herausforderung, die diese menschengemachten Phänomene darstellen, kann man sich als VerbraucherIn schnell überfordert und hilflos fühlen. Es gibt Möglichkeiten, die Wirkung und Reichweite des eigenen Beitrags oder der Gruppe in der man sich engagiert, nochmal deutlich zu vergrößern.
Mit dem Germanwatch Hand Print kann jede und jeder Einzelne die Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft mitgestalten und so beeinflussen, dass es für andere Menschen leichter wird, sich selbst nachhaltiger zu verhalten. Der Hand Print ist ein Werkzeug, um die soziale, ökonomische und ökologische Verträglichkeit von Lebensstilen und die politische Einflussnahme zu steigern, und ein Symbol für positives und konstruktives Handeln in Richtung Nachhaltigkeit.
Für die vielen Menschen, die sich nicht vor jeder Kaufentscheidung informieren wollen oder können, bedarf es ökologischer und sozialer Leitplanken, die den Rahmen hin zu mehr Nachhaltigkeit vorgeben. Nachhaltigkeit - sozial, ökologisch und ökonomisch - muss in allen Bereichen des privaten und öffentlichen Konsums und bei der Produktion in Unternehmen durch Strukturen und Rahmenbedingungen eingefordert und umgesetzt werden. Dort wo Politik diese Grenzen nicht beachtet, bedarf es vor allem für und mit den Hauptbetroffenen dieser massiven Fehlentwicklungen (Klimawandel, Menschenrechtsverletzungen, Rohstoffraubbau...) neuer Aktionsformen, diesem Anliegen stärker Gehör zu verschaffen.
Wie viele Rohstoffe und Energie verbrauche ich mit meinem Lebensstil? Wieviel Bodenfläche beanspruche ich? Wie hoch ist mein CO2-Ausstoß? Danach fragt der ökologische Fußabdruck.
Welche strukturellen Rahmenbedingungen für nachhaltigere Lebensstile fördere und fordere ich durch mein Handeln? Wie müssen wirtschaftliche und politische Strukturen aussehen, die Menschen dabei helfen, sich nachhaltiger zu verhalten? Was kann ich / Was können wir tun, dass nachhaltiges Verhalten die Regel wird, anstatt die Ausnahme zu bleiben? Danach fragt der Handabdruck.
Der Hand Print: bleibende Strukturen verändern und politisch aktiver werden
Das Centre for Environment Education (CEE) India entwickelte den Hand Print als offenes Konzept, das jeder individuell gebrauchen und weiterentwickeln kann. Die 10 Jahre alte Srija entwarf dabei die Hand als Symbol für positive Handlungen im Rahmen eines Nachhaltigkeitsprojekts des CEE. Mittlerweile wird es verwendet, um positive Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit darzustellen. Germanwatch nutzt und unterstützt den Hand Print als Instrument in der Bildungsarbeit und zeigt damit Handlungsoptionen auf.
Jugendlicher Gestaltungswille und der Wille zur Verantwortungsübernahme sind vorhanden. Es reicht jedoch nicht aus, lediglich im eigenen Lebensalltag z. B. kleine Energiespar- und Effizienzmaßnahmen anzustreben. Es gilt – jeweils in den für Jugendlichen überschaubaren und gestaltbaren Zusammenhängen - die bestehenden politischen Rahmenbedingungen zu hinterfragen und neu - transformativ und zukunftsfähig – bleibend zu verändern.
Das Konzept des Hand Prints hilft dabei und zeigt uns, dass wir auch strukturell mehr Einfluss nehmen können: Ob wir uns bei lokalen Umweltgruppen engagieren, bei der kommunalen oder Landespolitik mitwirken, oder versuchen, die Politik auf internationalem Niveau mitzubestimmen. Der Hand Print unterstützt Menschen dabei, sich als Gestalter ihrer Gesellschaft wahrzunehmen. Jeder Lernende ist in ein Wirkungsfeld eingebettet: in der Familie und im Haushalt, in der Schule, Universität oder am Arbeitsplatz, in einem Verein, im eigenen Viertel oder in der Stadt etc...
Beispiele sind vielfältig: Eine Schule beschließt auf Anregung der Umwelt AG, dass Klassenfahrten nicht als Flugreisen durchgeführt werden. Ein Verband entscheidet sich für biologisch-regionale Verpflegung auf all seinen Veranstaltungen. Eine Stadt beschließt, dass alle Strom-Neuanschlüsse (inkl. Wechsel des Stromkunden) mit grünem Strom versorgt werden – danach kann dann der Kunde den Anbieter frei wählen. SchülerInnen fordern von ihren Stadträten einen Aktionsplan für eine fahrradfreundliche Stadt...
BNE schärft so das zivilgesellschaftliche Bewusstsein für globale Zusammenhänge. Aber erst in den Aktionen der Lernenden, die anfangen, Strukturen bleibend zu verändern, wird diese transformative Bildung konkret. Lernende erleben Verantwortung und Gestaltungskompetenz. Ziel ist es, im Sinne dieses Germanwatch Hand Prints gesellschaftliche Realitäten zu verändern und anderen Menschen nachhaltiges Verhalten leichter zu machen. Engagement zielt auf bleibende Veränderungen zu mehr Nachhaltigkeit und zu mehr globaler Gerechtigkeit.
- Mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Für den Inhalt ist alleine Germanwatch verantwortlich. -