Die Global Soil Week lenkt Aufmerksamkeit auf die vergessene Ressource Böden

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Die Global Soil Week lenkt Aufmerksamkeit auf die vergessene Ressource Böden

Interview mit Dr. des. Jes Weigelt, Projektleiter am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) Potsdam
Weitblick-Bild: 1/13 Global Soil Week

(Foto: IASS/Ingenweigen)


Was motiviert das IASS und seine Mitveranstalter, ein Jahr nach der ersten Global Soil Week (GSW) kommenden Oktober nun eine zweite zu veranstalten?

Es ist höchste Zeit, die Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Politik auf diese vergessene, in menschlichen Zeiträumen nicht erneuerbare Ressource Boden zu lenken. Die ausgesprochen positiven Reaktionen auf die erste Global Soil Week und ihr Erfolg haben uns in unserer Einschätzung bestärkt, dass es eine immense Nachfrage nach einer solchen Plattform gibt, die diese Aufmerksamkeit schafft und den Austausch zwischen Zivilgesellschaft, Regierung und Wissenschaft zu dem Thema fördert.

Internationale Konferenzen beschäftigen sich meist mit grenzüberschreitenden Umweltproblemen wie Klimawandel oder Meeres- und Gewässerschutz. Was kann deren Beitrag bezüglich einer lokalen Ressource wie Boden sein?

Böden sind nur scheinbar eine lokale Ressource, sie stellen eine Reihe von globalen „Dienstleistungen“ bereit: Sie dienen als lebensnotwendiger Kohlenstoffspeicher, sind für den Wasserkreislauf wichtig und natürlich entscheidend für die Ernährungssicherheit. Der Schutz dieser unverzichtbaren
Funktionen verlangt internationale Kooperationen und Regelungen. Darüber hinaus gibt es viele konkrete Initiativen zum Bodenmanagement, welche auf der Konferenz besser vernetzt und gestärkt werden sollen. Dies wird ein Schwerpunkt unserer zweiten GSW sein, die wir unter dem Motto „Losing
Ground?“ durchführen werden.

In welchen Bereichen der Bodennutzung sehen Sie die größten Probleme und wo sind die stärksten Konkurrenzen zwischen den Nutzungsformen?

Diese Frage lässt sich auf globaler Ebene sicher nicht generalisierend beantworten. Regional und je nach Kontext gibt es ganz unterschiedliche Probleme. Einige Beispiele: In Deutschland ist der Flächenverbrauch durch Urbanisierung und Infrastruktur ein zentrales Problem. In Brasilien dagegen gefährdet die Ausbreitung der industrialisierten Landwirtschaft die Bodenbiodiversität, in Kanada gehen große Flächen durch den Bergbau verloren. Mit der Global Soil Week wollen wir alle diese Aspekte und Sektoren gleichgewichtig diskutieren und Böden nicht nur als landwirtschaftliche Ressource betrachten.

Welche Rolle spielen bei der 2. GSW Tierhaltung und das Management von Grasland, die einen Großteil der weltweiten Bodennutzung ausmachen?

Die Frage des Bodenmanagements und der Agroökologie werden Schwerpunkte sein. Dabei wird nach der bisherigen Planung auch der Zusammenhang
zwischen Ackerbau und Viehhaltung eine Rolle spielen. Der Fokus wird hier auf der Verschränkung von traditionellem Wissen und Praxiswissen sein. Dieses Wissen soll anerkannt, sichtbar gemacht und besser in Wissenschaft und Politik einbezogen werden. Die GSW will gerade beim  gleichberechtigten Austausch solch unterschiedlicher Wissensformen ein geeignetes Forum bieten.

Mit dem dramatischen Anstieg der Agrarpreise 2008 nahmen private Investitionen in Land massiv zu. Welchen Konflikt sehen Sie zwischen diesen Investitionen und einer nachhaltigen Bodennutzung?

Soweit wir wissen, gibt es noch keine systematische Analyse der ökologischen Auswirkungen des Investitionsbooms. Die sozialen Wirkungen sind nach Aussagen vieler Fallstudien aber oft katastrophal, die potentiell positiven Wirkungen von Investitionen werden häufig nicht realisiert. Die 2. GSW wird dies thematisieren und Initiativen unterstützen, die versuchen, dieser Entwicklung entgegenzusteuern.

Welchen Beitrag kann internationale Zusammenarbeit zum Schutz und zur Nutzung von Böden spielen und in welchem Bereich wollen Sie mit der Global Soil Week besondere Akzente setzen?

Um das gerade angesprochene Problem der Investitionen in Land anzugehen, streben wir auf unserer 2. GSW eine Kooperation mit nationalen Menschenrechtsinstitutionen an. Sie können ihre Erfahrungen in der Umsetzung rechtsbasierter Instrumente im Landbereich einbringen.
Ein weiteres Beispiel: Im Anschluss an die Konferenz Rio+20 arbeiten wir mit Partnern daran, den Bodenschutz in die Diskussion um die „Sustainable Development Goals“ einzuspeisen. Für unser Institut, das IASS, geht es dabei neben dem Schutz der natürlichen Ressourcen immer gleichberechtigt auch um soziale Fragen wie Ernährungssicherheit und Zugang zu Land.

Interview: Tobias Reichert


Weitere Infos: Global Soil Week,
27.-31.10.2013 in Berlin,
www.globalsoilweek.org

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