Meldung | 01.06.2006

We Feed The World - Essen Global

Filmkritik

 

Ein Film von Erwin Wagenhofer, freischaffender Autor und Filmemacher 

  
Die Menge überschüssigen Brotes, die in Wien täglich entsorgt wird, entspricht der Menge an Brot, die die Bevölkerung einer Großstadt wie Graz täglich ernährt. In Lateinamerika hungert ein Viertel der einheimischen Bevölkerung, während auf rund 350.000 Hektar ihres Landes Sojabohnen für die österreichische Viehwirtschaft angebaut werden. Und während die Wasserreserven immer knapper werden, wird in Südspanien Banner We Feed The WorldTreibhausgemüse künstlich bewässert, von dem jeder Europäer im Schnitt 10 kg im Jahr isst.

In seinem Dokumentarfilm WE FEED THE WORLD hat sich der Österreicher Erwin Wagenhofer auf die Spur der Produktion unserer Nahrungsmittel begeben. In eindrucksvollen Bildern hat er dabei das vorherrschende Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd festgehalten und eine sehr anschauliche Gegenüberstellung von unseren Gewohnheiten und dem Hunger der Welt erzielt. Nicht nur Bauern und Fernfahrer lässt er zu Wort kommen, sondern auch Jean Ziegler, den UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, sowie den Konzernchef von Nestlé International, Peter Brabeck. Dabei könnten ihre Aussagen, die das Anliegen des Filmes auf den Punkt bringen, nicht gegensätzlicher sein. Während sich Jean Ziegler anklagend äußert: "Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren. Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet." wird die gegenwärtige Lage vom Chef des größten Lebensmittelkonzerns der Welt deutlich positiver eingeschätzt: "Wir haben noch nie so gut gelebt, wir hatten noch nie so viel Geld, wir waren noch nie so gesund, wir haben noch nie so lange gelebt wie heute. Wir haben alles, was wir wollen“.

WE FEED THE WORLD - ein Film, der sehr anschaulich viele Beispiele nebeneinander aufzeigt. Ein Film, der zwar keinen typischen Popcorn-Kinoabend verspricht, einen dafür aber zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten anregt und genau so eindrucksvoll wie nachhaltig auf den Mangel im Überfluss aufmerksam macht.

Kritisch anzumerken bleibt jedoch, dass der Film keine positiven Lösungsansätze skizziert. Der Zuschauer wird 1 1/2 Stunden lang eindrucksvoll mit den Absurditäten der Nahrungsmittelversorgung der Welt konfrontiert, doch dabei am Ende ein wenig alleine gelassen. Der Film erzeugt großen Diskussions- und Erklärungsbedarf, und wenn dieser nicht gestillt werden kann, riskiert er eine geschockte Abwehrhaltung des Zuschauers, die dem Film jedoch nicht angemessen wäre.

Julia Kost und Meike Lurweg 
 

Am 27. April 2006 kommt WE FEED THE WORLD in die deutschen Kinos. 

>> Offizielle Film-Website