Reparieren muss sich wieder lohnen

Weitblick Artikel

Reparieren muss sich wieder lohnen

Reduzierte Mehrwertsteuer als Hebel
Weitblick 1/2017: Illustration Reparatur

Jeder kennt die Situation – die Schuhsohle oder das Smartphone-Display gehen kaputt und es stellt sich die Frage: Lohnt sich eine Reparatur? In Schweden soll sie sich nun wieder lohnen. Anfang dieses Jahres senkte das Land die Mehrwertsteuer auf kleinere Reparaturdienstleistungen. Mit Schweden sind es nun neun EU-Staaten, die die Mehrwertsteuer für Reparaturen von Schuhen, Fahrrädern, Haushaltswäsche und Lederwaren gesenkt haben – die Benelux-Staaten, Irland, Malta, Polen, Portugal und Slowenien sind schon länger dabei. Das reparierende Handwerk hierzulande kann eine staatliche Förderung dringend gebrauchen: Reparaturbetriebe müssen schließen, weil neue Produkte zuweilen fast genauso günstig sind wie eine Reparatur und bezahlbare Ersatzteile besonders in der Elektro(nik)branche schwer zu bekommen sind. Noch dazu verringert ein Rückgang an Reparaturbetrieben wiederum die Nachfrage nach Reparatur.

Schweden hat das Problem erkannt und geht es gleich dreifach an. Da die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Reparaturen von 25 auf 12 Prozent nicht für elektrische und elektronische Geräte gilt, dürfen reparierende HandwerkerInnen dort Reparaturdienstleistungen für beispielsweise Haushaltsgroßgeräte nun um bis zu 50 Prozent günstiger anbieten – die Differenz zum ursprünglichen Preis bekommen sie auf Antrag vom Finanzamt erstattet. Zudem erhöht Schweden mit der Einführung einer Steuer auf gefährliche Chemikalien die Preise von vielen Neugeräten. Die schwedische Gesetzgebung setzt sich somit für eine Preisgestaltung ein, die auch die Umweltbelastungen mit einbezieht.

Reparieren schont die Mitwelt in der Regel mehr als energieaufwändiges Recycling. Die Reparaturbranche steht aber auch für lokale Arbeitsplätze, die – anders als in der Produktion – nicht ins Ausland verlagert werden können. Das haben auch die EU-Kommission und das Europaparlament erkannt. Sie fordern die Mitgliedstaaten auf, die Reparaturbranche und die Reparierbarkeit von Produkten zu stärken. Im Zuge des Kreislaufwirtschaftspakets rufen sie die EU-Länder auch zu steuerlichen Fördermaßnahmen auf.

Es obliegt der Politik, den Rahmen dafür zu schaffen, dass sich Reparieren wieder lohnt. Eine Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 7 Prozent kommt zuerst den Reparateuren zugute und fördert ihre Arbeit. Doch auch für deren KundInnen ist sie ein Signal zur Wertschätzung von ökologischer Mitwelt und reparierendem Handwerk.
  

Kristin Schulze
Humanökologin und Mitglied des Runden Tisches Reparatur

 

Hintergrundpapier:
Im Germanwatch-Blickpunkt: Steuerpolitische Instrumente zur Förderung der Reparatur – eine umwelt- und sozialpolitische Maßnahme
www.germanwatch.org/de/13576