Odyssee beim Handykauf

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Odyssee beim Handykauf

Grüne Herzschmerzen auf der Suche nach dem ökologischen Mobiltelefon
Foto_ Screenshot Sony

„Mein nächstes Handy muss fair und grün sein!“, dachte ich mir im November letzten Jahres. Nun ja, so dogmatisch bin ich es dann doch nicht angegangen. Aus Insider-Kreisen wusste ich, dass es ein faires Handy leider noch nicht gibt. Und auch noch kein richtig „grünes“. Aber vielleicht könnte ich ja ein „hellgrünes“ finden, das wenigstens ökologischen Mindeststandards entspricht.

Schnell wurde ich fündig. Auf der deutschen Internetpräsenz von SonyEricsson war die große Schaltfläche „GreenHeart“ nicht zu übersehen. Mein grünes Herz begann freudig zu pochen, als sich nach einem Klick darauf eine eigene Website für diese Öko-Handy-Serie öffnete. Neben weiteren Modellen wird dem Besucher das „C901 GreenHeart“ präsentiert – ein nicht nur ästhetisch wahrlich ansprechendes Telefon. Schnell war mir klar: Völlig unabhängig von ökologischen Fragen hatte dieses Gerät genau die technischen Eigenschaften, nach denen ich suchte – Hosentaschen-taugliche Maße, eine gute Kamera und viele weitere nützliche Funktionen. Auf diversen Blogs fand ich fast ausschließlich positive Kommentare von zufriedenen Benutzern. Die kritischen Umwelt- und Menschenrechtsprobleme bei der Handy-Produktion – vor allem die Förderung und das mangelnde Recycling von wertvollen Rohstoffen wie Platin oder Gold – kommen zwar in den Nachhaltigkeitskriterien der GreenHeart-Serie nicht vor. Aber zumindest stellt es nach meiner Einschätzung einen zaghaften Versuch in die richtige Richtung dar: Kunststoffrecycling, geringeren Energieverbrauch, minimale Verpackung und weitere ökologisch sinnvolle Ansätze unterstütze ich doch gerne.

Frisch verliebt versuchte ich nun, dem Objekt meiner Begierde habhaft zu werden, zunächst mit einer Nachfrage bei meinem Mobilfunkanbieter. Fehlanzeige: „Wir haben leider keine GreenHeart-Modelle im Angebot“ sagte mir die freundliche Dame von der Hotline.

Dann kaufe ich mir das Gerät halt selbst. Beim Online-Chat von SonyEricsson hatte ich schnell einen Ansprechpartner in der Leitung. Und ebenso schnell die Antwort auf meine Frage, wo ich das Gerät kaufen könne. „Wir vertreiben keine Handys – bitte fragen Sie im Fachhandel nach.“ Und nein, ein Händlerverzeichnis könne man mir leider nicht geben. Nachdem mehrere Anfragen bei örtlichen Handy-Händlern bloß erstaunte Gesichter zur Folge hatten („Green-Heart? Nie gehört.“), blieb als letzte Chance nur eine Internet-Bestellung. Ein einziges, letztes Exemplar des C901 GreenHeart war bei einem einzigen Händler lieferbar.

Welch glückliches Ende einer Odyssee! Doch weit gefehlt. Nach ersten zufriedenen Tagen im Praxiseinsatz schmerzte mein grünes Herz: Die Kamera des Handys fiel aus und ich musste das Gerät an SonyEricsson einschicken. Zwei entbehrungsvolle Wochen später erhielt ich es mit einer nüchternen Antwort unrepariert zurück. Ich traute meinen Augen nicht, was der „Weltkonzern“ SonyEricsson mir schrieb: Die Reparatur wurde verweigert, da mein Gerät nicht für den deutschen Markt bestimmt sei. Ich solle mich – so meine lokale SonyEricsson-Vertragswerkstatt – bitte an den Händler wenden, der dies wohl selbst nach Deutschland importiert habe. Kaum zu glauben aber wahr, welche Wege die Handy-Verkäufer gehen müssen, um die begehrten Modelle irgendwie nach Deutschland zu bekommen. Wo die Kunden weiterhin darauf warten – auf das grüne Handy.

Gerold Kier