Gelbe Karte für die Europäische Kommission

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Gelbe Karte für die Europäische Kommission

 

Liebe Leserinnen und Leser,
seit der Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) setzte sich die Freihandelsideologie auch im internationalen Agrarhandel weitgehend durch. Das Agrarhandelsabkommen (Agreement on Agriculture, AoA) ist bisher kein reines Freihandelsabkommen: Es beschreibt sehr detailliert, welche staatlichen Eingriffe unter welchen Bedingungen in den nationalen Landwirtschaftspolitiken der WTO-Mitglieder gestattet sind. Dabei geht es nicht nur um Zölle oder Kontingente, sondern auch um andere staatliche Stützungsmaßnahmen für die Landwirtschaft. Die EU als inzwischen weltweit größter Importeur und zweitgrößter Exporteur von landwirtschaftlichen Erzeugnissen hat von den Regelungen und Ausnahmen des AoA bisher stark profitieren und ihre protektionistische Agrarpolitik fortschreiben können. Die nicht-handelsbezogenen Anliegen im Agrarbereich, mit denen die EU in ihrem Verhandlungsmandat für Seattle noch ins Rennen gegangen war, haben sich recht bald als nicht allzu ernst gemeinte Verhandlungsmasse entpuppt: Sie ist dort sehr schnell davon abgerückt, die Multifunktionalität der Landwirtschaft in der Abschlußerklärung erwähnen zu wollen. Dabei war genau dies die Argumentationslinie, mit der die EU ihre Landwirtschaftspolitik auch in der Agenda 2000 verteidigt hatte. Es bedarf angesichts der 790 Mio. hungernden Menschen weltweit dringend der Berücksichtigung nicht-handelsbezogener Belange in den Agrarverhandlungen der WTO. Die Entwicklungsländer müssen das Recht haben, zum Schutz ihrer eigenen Agrarproduktion und Sicherung der Ernährung ihrer Bevölkerung Handelsbeschränkungen - wie Zölle und Importquoten - zu errichten. Damit haben sie die Möglichkeit, einerseits ihre Märkte vor konkurrierenden importierten Grundnahrungsmitteln zu schützen und andererseits ihre nationale landwirtschaftliche Produktion zu fördern. Die Europäische Kommission sollte sich gleichzeitig auch weiterhin für vorsorgenden Verbraucherschutz einsetzen und nicht aus verhandlungstaktischem Kalkül den Import von hormonbehandeltem Rindfleisch oder gentechnisch veränderten Lebensmitteln ermöglichen.

Wir fordern Sie daher auf, Handelskommissar Lamy via GERMANWATCH eine "Gelbe Karte" zu schicken. Sie können entweder die Karte als .pdf-Datei ausdrücken und auf einen gelben Karton kleben oder unten bestellen. Diese Postkartenaktion führen wir gemeinsam mit dem BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Friends of the Earth, Germany) und dem Weltladen-Dachverband durch. Schon zu Beginn werden wir die EU-Kommission und Herrn Bundeswirtschaftsminister W. Müller in einem offenen Brief über unser Anliegen informieren und die Aktion ankündigen. Wir werden dann die Gelben Karten gesammelt und mit der entsprechenden öffentlichen Wirksamkeit am 16.10.2000, dem Welternährungstag, Handelskommissar Lamy in Brüssel übergeben. So können wir Druck auf den Arbeitsausschuß bei der EU-Kommission, der handelspolitische Entscheidungen vorbereitet, entwickeln. Er soll sich mehr als bisher für die Unterstützung der Entwicklungsländer bei ihrer Ernährungssicherung und Verbraucherinteressen hier einsetzen. Die EU-Kommission darf bei zukünftigen Verhandlungen auf WTO-Ebene nicht wieder umfallen wie in Seattle.

Martina Schaub
 

Sehr geehrter Herr Kommissar Lamy,
mit großer Besorgnis habe ich die Entwicklungen während der WTO-Ministerkonferenz in Seattle verfolgt. Eine wichtige Verhandlungsposition, mit der Sie noch nach Seattle gereist waren, wurde überraschend durch einen Kommissionsvorschlag für die Abschlußerklärung von Seattle gekippt: Plötzlich hatten Sie, entgegen vorheriger Bekundungen und gegen den Willen sämtlicher europäischer Wirtschaftsminister der Einrichtung einer Biotechnologie-Arbeitsgruppe zugestimmt. Dadurch wurden meine Zweifel, ob Sie das Bekenntnis zur nachhaltigen Entwicklung tatsächlich ernst meinen, verstärkt. Im Sinne der anstehenden Fußball-Europameisterschaft fordere ich Sie zu einem "fair play" auf: Treffen Sie keine Entscheidungen (mehr) über die Interessen der Bürgerinnen und Bürger sowie nationalen Regierungen hinweg und entgegen den Interessen der Produzenten und Verbraucher in Nord und Süd. Setzen Sie sich für selbstbestimmte Ernährung, gegen Masthormone und gentechnisch veränderte Nahrungsmittel ein. Sorgen Sie dafür, daß die Entwicklungsländer in der WTO mit Hilfe einer Food Box das Recht zum Schutz ihrer heimischen Agrarproduktion und Ernährung erhalten. Für diese Forderung setzen sich auch die europäischen Weltläden ein mit dem Verkauf von "Food Boxen", gefüllt mit Lebensmitteln aus fairem Handel. Hochachtungsvoll ........................................................................

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